Bochum. Im Theater Rottstraße hatte Tennessee Williams’ Südstaaten-Schauspiel Premiere. Regisseurin Ragna Guderian gelingt ein kraftvoller Zugriff auf den alten Stoff.
Tennessee Williams’ 1944 uraufgeführtes Stück „Die Glasmenagerie“ zählt sicherlich nicht zu seinen besten. Da haben sich „Endstation Sehnsucht“ oder „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ durchaus tiefer in die Theaterliteratur eingebrannt. Die Schwäche der „Glasmenagerie“ liegt in der titelgebenden, zu plumpen Symbolik.
Amanda Wingfield ist eine verblühte Südstaatenaristokratin; ihr Mann ist seit 16 Jahren fort. Nun wohnt sie mit ihren Kindern Tom und Laura in einer schäbigen Wohnung in St. Louis. Tom arbeitet – trost- und perspektivlos – in einer Schuhfabrik, flüchtet ins Kino und spricht dem Alkohol zu. Laura ist etwas gehbehindert, was ihre natürliche Schüchternheit noch steigert. Sie schwänzt das College und vertreibt sich die Zeit im Zoo. Daheim spielt sie mit ihrer Sammlung von Tiernachbildungen, ihrer Glasmenagerie.
Amanda wünscht sich nichts sehnlicher als einen Mann für ihre Tochter. Dann könnte Tom endlich zur Handelsmarine und seine Abenteuerlust stillen und die Rumpf-Familie wäre trotzdem versorgt. Ihre Hoffnung wird genährt, als Tom eines Abends den Kollegen Jim nach Hause bringt. Laura zeigt ihm ihre Glastierchen, in das Einhorn ist sie besonders verliebt. Sie sagt: „Vorsichtig, es bricht, wenn Sie es anhauchen!“ – Natürlich geht das Fabeltier kaputt.
Geistig verwinkelte Aura
Es wäre vielleicht ein zu kühner Kunstgriff der Regisseurin Ragna Guderian gewesen, auf die Glastierchen einfach zu verzichten; es hätte dem Stil der Rottstraße durchaus entsprochen. Denn es braucht keine Glasmenagerie, um die Zerbrechlichkeit dieser Menschenleben darzustellen. Die ist durch die Lebensumstände der drei Hauptakteure überdeutlich.
Vorstellungen und Karten
„Die Glasmenagerie“ von Tennessee Williams mit Monika Bujinski, Alexander Ritter, Yvonne Forster und Jasper Schmitz. Regie & Ausstattung: Ragna Guderian, Licht: Simon Krämer. Die nächsten Aufführungen sind am 4. und 24. Juni.
Die Vorstellungen beginnen um 19.30 Uhr. Karten können per Email (karten@rottstr5-theater.de) reserviert werden. Abendkasse 13/erm 7 Euro.
Dennoch macht sie aus einem schwachen Stück kräftiges Theater. Toll sind die Musikeinlagen, etwa wenn Tom und Laura im Duett „I don’t wanna live in my father’s house no more“ singen. Auch die Schauspieler sind stark: Monika Bujinski gibt die Amanda als erinnerungsverloren und dennoch vital, Yvonne Forster die Laura als langweilig Leidende, Alexander Ritter als Tom ist das Pulverfass, immer kurz vor der Explosion. Und eine Entdeckung ist Jasper Schmitz, der dem Jim eine geistig verwinkelte Aura verleiht.
Zwölf Vorhänge wären auch verdient gewesen.