Bochum. . Ein Bochumer Allergologe erklärt die Ursachen der starken Beschwerden in diesem Jahr und verrät, was Betroffene dagegen tun können.

In diesem Frühjahr werden viele Allergiker besonders stark vom Heuschnupfen geplagt. Woran liegt das und was kann das Leiden der Betroffenen lindern? Wir sprach mit Michael Behn, Allergologe und Mitglied des Bochumer Haus- und Fachärztenetzes.

Herr Behn, in diesem Jahr leiden Allergiker besonders. Woran liegt das?

Michael Behn: Der starke Birkenpollenflug war und ist für viele Beschwerden der Allergiker verantwortlich. Er hat durch den milden Winter in diesem Jahr bereits Ende März eingesetzt, also eine Woche früher als sonst. Da die Birkenpollen in den vergangenen Jahren an Intensität zugenommen haben, sind derzeit nicht nur die Wartezimmer voller. Wir beobachten auch stärkere Beschwerden und mehr Notfälle.

Welche Beschwerden können denn bei einer Allergie auftreten?

Michael Behn: Die Allergie ist ja eine „übertriebene“ Abwehrreaktion des Körpers. Typisch ist die laufende oder verstopfte Nase. Hinzu kommen brennende Augen und eine allgemeine Abgeschlagenheit. Eine Allergie wirkt sich auf den ganzen Körper aus.

Nehmen viele Betroffene den Heuschnupfen also nicht ernst genug?

Michael Behn: Leider wird die Allergie gerne verharmlost. Nur rund ein Drittel der Heuschnupfen-Patienten lässt sich ärztlich behandeln. Das kann zu Folgeerkrankungen führen. Auftreten können dann Kreuzallergien, wie die Unverträglichkeit bestimmter Lebensmittel, oder allergisches Asthma.

Wie stellt man fest, ob man Allergiker ist oder nur eine Erkältung hat?

Michael Behn: Bei einer Erkältung kommt es – anders als bei einer Allergie – oft zu eitrigem Auswurf. Gewissheit bringt ein Allergietest beim Facharzt, auf der Haut oder per Blutanalyse.

Was können Allergiker im Alltag tun, um Beschwerden zu lindern?

Michael Behn: Wenn man nach Hause kommt, sollte man zügig die Haare waschen, um die Pollen nicht in der Wohnung zu verteilen. Kleidung sollte nicht im Schlafzimmer ausgezogen werden. In städtischen Regionen ist der Pollenflug übrigens abends stärker, daher empfiehlt sich eher das Lüften am frühen Morgen. Zudem helfen regelmäßige Nasenspülungen. Allergiker sollten auch planen, wann und wo sie ihren Urlaub verbringen.

Welche Behandlungsmethoden können langfristig helfen?

Michael Behn: Bei leichten Beschwerden helfen Allergietabletten. Auch ein Cortison-Nasenspray schafft Linderung ohne starke Nebenwirkungen. Der wichtigste Ansatz ist jedoch die spezifische Immuntherapie. Über drei Jahre hinweg wird der Körper dabei an das Allergen gewöhnt, bis er keine Abwehrreaktion mehr zeigt. Das ist möglich durch tägliches Einnehmen von Tabletten oder Tropfen oder durch eine Spritze alle vier bis sechs Wochen. Man sollte damit vor Beginn der Pollensaison anfangen. Ein anderer erfolgversprechender Ansatz ist die Akupunktur.

Experte rät von Notfallspritzen ab 

Wie bewerten sie Notfallspritzen?

Michael Behn: Von Cortison-Spritzen in die Muskeln, die bei starken Beschwerden angewendet werden, rate ich ab. Man hat zwar einige Wochen Ruhe vor Beschwerden, langfristig kann das Cortison aber zu Osteoporose, Blutzucker oder Bluthochdruck führen.

Wo können sich Betroffene über die tagesaktuelle Pollenbelastung informieren?

Michael Behn: Dafür gibt es im Internet mehrere Möglichkeiten, beispielsweise bieten der Polleninformationsdienst (www.pollenstiftung.de) oder der Deutsche Wetterdienst eine Vorhersage an. Auch mobil als Smartphone-App gibt es mehrere Angebote.

Die Birkenpollen werden Allergikern noch den Mai über begleiten. Wie geht es weiter?

Michael Behn: Ab Mai fliegen bereits auch wieder die Gräserpollen umher, das dauert dann bis in den September. Im Monat Juli kommt dann Beifuß, im August Ambrosie. Da Frühblüher wie Erle und Hasel teilweise schon im Dezember wieder aktiv werden, sind die einzigen ruhigen Monate für stark betroffene Allergiker der Oktober und der November.