Bochum. . Bei einem Horrorunfall starb ein Familienvater. Seine Kinder sind gelähmt. Jetzt steht ein 24-Jähriger wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht.

Es war einer der schlimmsten Verkehrsunfälle der vergangenen Jahre in Bochum: Ein Familienvater (43) starb und seine beiden Kinder (13, 16) erlitten eine Querschnittslähmung. Seit Dienstag wird dieser Horrorunfall auf der A43 in Höhe Universitätsstraße am Amtsgericht verhandelt. Angeklagt ist ein 24-jähriger Recklinghäuser. Der Ausgang dieses hochemotionalen Prozesses, an dem auch Verwandte der Unfallopfer teilnehmen, scheint offen.

Es war zunächst eine Allerweltssituation an diesem Sonntagmittag, dem 18. August 2013. In Richtung Norden hatte sich auf der rechten Spur wegen einer Baustelle ein Stau gebildet, links war es deutlich freier. Laut Anklage wechselte dann aber ein Familienvater (43) aus Dortmund, der mit seiner Tochter und seinem Sohn in einem Fiat Panda unterwegs war, von der rechten auf die linke Spur. Im selben Moment näherte sich von hinten links der damals 22-jährige Fahrer eines 3er-BMW-Kombi. Er prallte mit solcher Wucht gegen den Panda, dass dieser sich überschlug und nach rechts in den Stau geschleudert wurde. Die drei Insassen des Kleinwagens waren so schwer eingeklemmt, dass die Feuerwehr große Mühe hatte, sie mit hydraulischem Gerät zu befreien. Der Vater starb wenig später im Hospital, die Kinder überlebten. Allerdings sind sie wegen ihrer Verletzungen körperbehindert.

Die Anklage geht davon aus, dass der BMW-Fahrer wegen der Stausituation viel zu schnell war – 110 km/h. Zudem galt dort Tempo 80 bei Nässe. Und die Fahrbahn soll tatsächlich zumindest stellenweise nass gewesen sein. Der Vorwurf lautet auf fahrlässige Tötung.

Beweislage ist noch unklar

Doch der heute 24-Jährige scheint sich keiner Schuld bewusst zu sein. Der unscheinbare Mann wirkt emotionslos auf der Anklagebank, aber das ist vielleicht nur seiner Anspannung geschuldet. Die ganze Zeit sitzt er mit kerzengeradem Rücken da. „Ich fuhr mit 80 km/h und habe langsam runtergebremst“, sagt er. Dann sei „plötzlich“ der Panda „aus dem Stand“ von rechts nach links ausgeschert, so dass er eine Vollbremsung eingeleitet habe. „Das Fahrzeug war so dicht vor mir, dass ich nicht mehr echtzeitig bremsen konnte.“ Er selbst kam relativ unverletzt davon. „Ich bin ausgestiegen und stand unter Schock.“

Die Schuldfrage ist ungeklärt. Die Zeugenaussagen bilden kein klares, einheitliches Bild. Schon vor dem Prozess wurde eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Auflage diskutiert. Die Gespräche scheiterten.

Ein Urteil gab es am Dienstag noch nicht. Am 10. Mai wird erst noch ein Unfallgutachter gehört.

Augenzeuge als Ersthelfer

Ein Augenzeuge (22) aus der Fahrzeugschlange im Stau, Pfleger in einer Notaufnahme, betätigte sich als Ersthelfer. Er kümmerte sich um den bewusstlosen Vater und die Kinder, die noch ansprechbar waren. Bei dem Unfall wurden auch zwei weitere Autos aus dem Stau beschädigt und ein Insasse leicht verletzt. Die Versicherung der Unfallopfer hat bisher 70 Prozent des Schadens anstandslos übernommen, hieß es im Prozess.