Bochum. Eines der ältesten Schuhgeschäfte der Stadt wird in diesen Tagen 125 Jahre alt. Inhaber Frank Beckmann glaubt an die Zukunft des stationären Handels.

Das musste mal gefragt werden: Was, bitte schön, ist ein Übergangsschuh; jenes ominöse Objekt, dessen Existenz zumindest viele Männer anzweifeln? Und wer, wenn nicht jemand wie Frank Beckmann wüsste darüber am besten Auskunft zu geben. Der Mann führt schließlich ein Schuhhaus, das in diesen Tagen seinen 125. Geburtstag feiert: die Franz Lötte GmbH & Co. KG, eines der ältesten Schuhgeschäfte in Bochum. Wer so lange im Geschäft ist, der kennt sich aus.

„Ein Übergangsschuh lässt sich im Grunde das ganze Jahr über tragen, im Frühjahr genauso wie im Herbst“, erklärt Beckmann. „Einer, der immer passt.“ Und einer, den es also tatsächlich gibt. Damit wäre das schon mal geklärt.

Nicht minder spannend ist die Frage, wie ein Geschäft, das zu Kaisers Zeiten gegründet wurde, immer noch am Markt ist – trotz des heftigeren Wettbewerbs in der Branche; der, so Beckmann, auch viele der Marktführer an den Rand des Ruins treibe, und trotz des Online-Booms, mit dem der gesamte Einzelhandel zu kämpfen habe.

Wenige Filialen in 1A-Lage

Gelassenheit scheint eine der Antworten zu sein. „Jedes neue Konzept ist erst einmal sexy“, so Beckmann. Sich Schuhe schicken zu lassen, habe seinen Reiz. „Aber irgend wann spielen rationale Überlegungen dann wieder eine wichtigere Rolle.“ Der 43-Jährige ist fest davon überzeugt, dass auf Dauer ein breites Angebot vor Ort, eine gute Beratung und ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis das ist, was sich durchsetzen wird.

Und weil er davon überzeugt ist, hat er zwei weitere Geschäfte eröffnet, 2009 das Beckmanns und 2012 das Schuhwerk. Und er sagt, er könne sich vorstellen, auch noch ein viertes oder fünftes Geschäft in der City zu gründen. Wenn es die Lage hergebe. Und wenn es sich rechne. Da die Gewinnmargen in der Schuhbranche deutlich geringer seien als in der Textilbranche, „kann sich kaum noch jemand Filialen in 1A-Lage leisten“. Sein Geschäft in einer firmeneigenen Immobilie zu führen, so wie das Schuhhaus Lötte, ist daher einer der Schlüssel zum Erfolg.

Einsatz für eine attraktive Einkaufsstadt

„Mein Onkel Paul Beckmann hat das Haus an der Bongardstraße Mitte der 1950er Jahre bauen lassen“, so Beckmann. Das Haus sei groß, biete viele Möglichkeiten und habe nur einen einzigen Makel: „Noch besser wäre es gewesen, an der Kortumstraße zu bauen. Ich weiß aber nicht, ob mein Onkel damals die Chance dazu hatte.“

Auch so gehen die Geschäfte gut. Die neuen Filialen tragen sich. Und noch nie war das Unternehmen mit derzeit 80 Mitarbeiten, umgerechnet 50 Vollzeitstellen, so groß wie jetzt. In der europaweit agierenden Einkaufsgenossenschaft AWNR mit einem Jahresumsatz von acht Milliarden Euro gehöre Lötte unter 1800 Händlern zu den Top 30. Auf die Kundenbindung, das breite Angebot vor Ort, eine gute Beratung, davon ist Frank Beckmann überzeugt, kommt es an. Als Mitglied und zeitweise auch Vorsitzender der Interessengemeinschaft Boulevard und Mitbegründer der Wertegemeinschaft „Bochumer Originale“, macht er sich stark für eine attraktive Einkaufsstadt.

Schuhe aus dem hauseigenen 3-D-Drucker

Der stationäre Handel hat es nicht leicht. Aber unter Umständen verträgt Bochum ein Einkaufszentrum, wie es an der Viktoriastraße geplant ist, so Beckmann. „Das ist ein heikles Thema. Es kann ein Glück für Bochum sein, wenn es spannende, zusätzliche Angebote gibt. Es kann aber auch den Todesstoß bedeuten.“

Wie und wann immer das Center kommt. Auch ein Geschäft, das 125 Jahre existiert, muss sich den Gepflogenheiten der Zeit anpassen. Wie etwa dem Online-Handel. „Ich werde als stationärer Händler online zwar nicht wahrgenommen“, sagt der Bochumer, der das 1891 von seinem Urgroßvater Franz Lötte gegründete Schuhhaus in der vierten Generation führt. „Trotzdem werden wir auch online vertreten sein.“ Daran führe kein Weg vorbei. Eine fünfstellige Summe wird er investieren für eine Fotobox, in der alle Produkte des Hauses über die Adresse von der AWNR betriebenen Domain „schuhe.de“ präsentiert werden. „Sozusagen als Schaufenster.“

Aber selbst das, der virtuelle Handel, ist fast schon kalter Kaffee. Es taucht eine neue Idee am Horizont auf: individuelle Schuhe, erdacht vor Ort und produziert mit 3-D-Drucker im Schuhgeschäft. Frank Beckmann kann sich gut vorstellen, dass der Trend dorthin geht. „Wenn die Schuhe passen, wenn sie individuellen Wünschen entsprechen und wenn das Preis-Leistungsverhältnis stimmt, kann das etwas werden.“ Er jedenfalls wird gewappnet sein.