Bochum. Fidena-Chefin Annette Dabs hat dem Bochumer Figurenfestival ein zeitgemäßes Image verschafft. Für diese Verdienste wurde sie jetzt mit dem Bochumer Ehrenring geehrt. Ein Porträt.

"Die skurrilste Veranstaltung war ein rituelles Gastmahl, bei dem Plätzchenteig im eigenen Mund geformt wurde, dann gebacken und schließlich zum Verzehr angeboten wurde”, erinnert sich Annette Dabs: „Wirklich ziemlich schräg.” Das Festival „Figurentheater der Nationen” (Fidena) besitzt zwar eine Jahrzehnte lange Geschichte, die sicherlich auch vor der Zeit, da Annette Dabs die Leitung übernommen hat, Glanzpunkte verzeichnete. Doch seit Annette Dabs durch die internationalen Lande reist, um die Fidena-Attraktionen zu buchen, hat das Festival so viele Überraschungen, faszinierende Abseitigkeiten und sympathische Ungeheuerlichkeiten erlebt wie selten zuvor. Siehe die oben erwähnte speichelintensive Kauaktion der besonderen Art.

Fest in der Spitzengruppe

Das Fidena-Festival konnte auf einem Markt, in dem sich die Figurentheater-Treffen - meist auf niedrigerem Niveau - gegenseitig immer stärker Konkurrenz machen, seinen festen Platz in der Spitzengruppe erhalten und kräftigen. Ob die Ratsherren und - frauen, die Annette Dabs jetzt den Bochumer Ehrenring überreichten, im Detail von all diesen Erfolgen wissen, mag dahin gestellt werden. Nur eines ist sicher: Verdient hat Annette Dabs die bedeutende Bochumer Auszeichnung allemal. Darum sei die Ehrung zum Anlass genommen, um ein wenig in der Fidena-Geschichte unter Leitung der sympathischen Chefin des hiesigen Figurentheater-Forums zu blättern.

Überdimansionale Metallspinne

Ihre Bochumer Arbeit hat Annette Dabs im November 1997 aufgenommen, 1998 stand die Fidena noch unter der Leitung ihrer Vorgängerin Silvia Brendenal. Ihr erstes eigenes Festival ein Jahr später bot sogleich den „radical body artist” Stelarc auf, der eine Art überdimensionale Metallspinne durch die damals noch marode Jahrhunderthalle steuerte. Bis dahin war die Fidena in einem Zwei-Jahres-Rhythmus veranstaltet worden - und offiziell blieb es dabei auch in der bisherigen Ägide von Annette Dabs. Doch der findigen Festivalleiterin gelang es immer wieder, auch in den dazwischen liegenden, eigentlich Fidena-freien Jahren ein Festival zu organisieren. Mit viel Spürsinn und Überzeugungskraft sammelte sie für diese eigentlich nicht vorgesehenen Fidena-Ausgaben Sponsorengelder. Bislang ist es ihr gelungen (Respekt,Respekt!), in jedem Jahr eine Fidena zu präsentieren.

Ihr Herzens-Metier

Annette Dabs, die in der bundesdeutschen Theaterlandschaft schon auf mancher Position zu finden war, hat augenscheinlich ihr Herzens-Metier gefunden: das Figurentheater und hier besonders jene Ausprägungen, die die Vorhut bilden oder Grenzen überschreiten. So kam es nicht von ungefähr, dass der Gründungsintendant der Triennale, Gerard Mortier, auf die einfallsreiche Fidena-Leiterin aufmerksam wurde. „Wir waren sofort auf einer Wellenlänge”, erinnert sich Annette Dabs. Mit dem Ergebnis, dass Mortier aus dem Triennale-Etat fast eine ganze Fidena finanzierte - selbstredend ein Festival zwischen den offiziellen Zwei-Jahres-Fidena-Terminen. Annette Dabs: „Und so ging es munter weiter, immer in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Intendanten des Schauspielhauses und der Ruhr-Triennale und mit wechselnden Kooperationspartnern.”

Dem Kasper gewidmet

2009 war dem Kasper gewidmet: seiner aktuellen Version selbstredend. Vier Auftragsarbeiten lockten das Publikum: Kasper reloaded.