Bochum. Kunstverein Kulturrat zeigt in einer Übersichtsausstellung 80 herausfordernde Arbeiten des Berliner Künstlers.

Der Kunstverein Kulturrat lädt ein zu seiner zweiten Ausstellung 2016, und es ist nach der Urban-Art-Lawine von Matthias Gephardt wieder eine Schau, die es in sich hat. Zu sehen sind Malerei und Zeichnungen von Jens Hunger unter dem Titel „Firebird“, Feuervogel.

Mit rund 80 Arbeiten zeigt Kurator Carsten Roth die bisher umfangreichste Show des Berliners Künstlers. „Überbordend“ ist ein Schlagwort, das einem zuerst in den Sinn kommt, wenn man einen Blick in die Ausstellung wirft. Farbigkeit, Gestaltung, Stilistik, Motive: In Hungers Werken scheint die gesamte Kunstgeschichte verwandelt aufzuleben. Historienmalerei steht neben Genrebildern, Akte neben Stillleben, auch Selbstbildnisse fehlen nicht. Eines zeigt den „Künstler als Sau“.

Mal verspielt, mal vulgär

Vielleicht ist das schon ein Schlüsselbild für Hungers Kunst: Zwar übernimmt er kunstgeschichtliche Motive und Themen, aber immer in eigener künstlerischer Verantwortung. Dabei scheut er nicht davor zurück, eigene Obsessionen in seinen Motiven zu verstecken. Mal offen, mal verspielt, mal vulgär, mal kitschig geschieht das. Das Alles-ist-möglich der Postmoderne ist der Treibstoff, der Jens Hungers Kunst befeuert. Sehenswert ist sie aber gerade, weil er keinem beliebigen Pluralismus verfällt, sondern immer sein eigenes Ding macht.

Infos zum Künstler und zur Ausstellung

Jens Hunger (*1968 in Radeberg) lebt in Berlin. Er begann seine künstlerische Laufbahn mit Collagen und dem Zeichnen von Comics. 2005 entstanden die ersten Ölgemälde, die ab 2009 auf Ausstellungen u.a. in Aachen, Berlin, Düsseldorf, München, Nürnberg, Schwerin und Wien gezeigt wurden.

„Firebird“ läuft bis zum 15. April, Öffnungszeiten: Di. 15-18 Uhr, Do. u. Fr. 18-20 Uhr, Kunstverein Kulturrat, Lothringer Str. 36c. www.kulturrat-bochum.de

Hunger ist ein passionierter Geschichtenerzähler. Er führt mit schrägem Humor in faszinierend abgründige Bildräume. Zwar sind diese vollgestellt, manchmal wie auf Wimmelbildern, mit Figuren, Tieren, Landschaften, Blumen, Gegenständen, Symbolen und ornamentalen Strukturen. Aber die Bilder sind nicht niedlich, sie sind „bissig“. Das lachende Mädchen auf dem Motorroller hat einen Affen im Beiwagen dabei. Die süße „Hello-Kitty“-Pussy wird steckbrieflich gesucht. Die Küchenszene mit Mutter und Tochter scheint harmlos, aber über dem Bild hängt die nervöse Bedrohung eines Hitchcock-Thrillers. Und die hübsche Frau inmitten der rosa Küche hat einen Revolver vor sich liegen, während die Wände auf sie einzustürzen scheinen.

Komisch und düster zugleich

Diese Bilder und Zeichnungen faszinieren nicht nur wegen ihrer Gestaltung, sondern auch wegen der akkuraten, findigen Ausführung. Hier ist ein Künstler am Werk, der souverän seine Gestaltungskraft einzusetzen weiß. Eine unheimliche Aura ist es, die Jens Hungers scheinbar vertraute Bildwelten von innen aufzufressen scheinen. Das grell Komischen wird mit dem surreal Düsteren und dem unendlich Traurigen verknüpft: Es sind gemalte Stimmungsbilder für Fortgeschrittene.