Bochum. Ausstellung im Kunstverein Bochumer Kulturrat: Matthias Gepharts „Rare Shots on Planet X“ bezeugt die gestalterische Kraft der Subkultur.

Die Kraft der Subkultur bezeugt die aktuelle Ausstellung im Kunstverein Bochumer Kulturrat: Matthias Gepharts „Rare Shots on Planet X“ entfacht einen Wirbelstrom der Kreativität, dem man sich schwerlich entziehen kann.

Zweieinhalb Jahre nach der viel beachteten Ausstellung von Felix Gephart präsentiert der Kunstverein in Gerthe eine ebenso unkonventionelle Einzelausstellung seines vier Jahre älteren Bruders. Matthias Gephart (*1972 in Bochum), der seit 2006 in Berlin ansässig ist, arbeitet als Grafiker, Illustrator, Collagist, Graffitischreiber, Fotograf sowie als Sänger der Punkband „Radio Schizo“. Ein Multitalent also, und wer herausfinden möchte, was sich hinter dem Begriff wirklich verbirgt, dem sei diese Ausstellung dringend empfohlen.

Urbane Kunst, urbane Landschaft

Gephart kommt aus der Sprayer/Graffiti-Szene, die Hinterhöfe und Leerstellen der urbanen Landschaften im Ruhrgebiet und anderswo sind ihm somit bestens vertraut. Schließlich sind kaputte Hallen, marode Fabriken und brutale Beton-Auswüchse wie Pfeiler, Brücken oder Wände bevorzugte Ausflugsziele der Graffiti-Artisten. „Artist“ ist übrigens genau so zu verstehen: auch „urbane Kunst“ ist „Kunst“, sprich: kreativer Ausdruck einer Jugendszene, die sich vor rissigen Wänden halt wohler fühlt als vor Blümchentapeten.

Monographie erschienen

Zur Ausstellung erscheint die opulente Monographie „Rare Shots On Planet X“, ein Seite für Seite von Matthias Gephart aufwändig gestaltetes Künstlerbuch, das im Sinne einer visuellen Autobiographie sein Schaffen durch mehr als 25 Jahre auf 400 Seiten dokumentiert.

Buchbezug (60 Euro)übers Internet über die Websites www.matthiasgephart.de
oder www.disturbanity.com.

Das alte Punk-Motto „Gefühl & Härte“ spielt in Matthias Gepharts Denken eine entscheidende Rolle. Das darin liegende subversive Element hat er auch als gestandener Grafikdesigner nicht abgelegt, was man auf den großformatigen Fotocollagen im Kellergeschoss der Kulturrat-Galerie sieht. Hier werden an Bahngleisen, auf Abrissflächen oder unter Brücken vorgefundene Nicht-Landschaften – karg, rau, verloren – zu atemberaubenden surrealen Traumlandschaften aufgeschäumt. Es könnten Kulissen für dystopische Science-Fiction-Filme sein. Oder Motive für das CD-Cover einer Death-Metal-Band.

Virtuoser Gestalter

Diese durchaus artifiziell wirkenden Arbeiten überzeugen gerade dadurch, dass sie ihr aufmüpfiges Moment nicht verleugnen oder als Pose auffassen, sondern es als Voraussetzung zulassen. Dazu kommt die frappierende gestalterische Leidenschaft und das Prinzip aufwändiger zeichnerischer Konstruktion bis ins kleinste Detail, die sich wie ein roter Faden durch Gepharts Bildwelten zieht. Hier ist ein Virtouse am Werk.

Als „visuelle Massagen“ hat Kurator/Galerist Carsten Roth Gepharts Gemälde, Fotos, Zeichnungen und Collagen beschrieben. Ein treffendes Schlagwort, das man beim Ausstellungsrundgang auf sich wirken lassen mag. Zuvor ein bisschen Thrash-Metal zu hören, kann auf keinen Fall schaden.

Öffnungszeiten:

Matthias Gephart: „Rare Shots on Planet X“. Bis 19. Februar im Kunstverein Kulturrat, Lothringer Str. 36c. Öffnungszeiten Di. 15-18 Uhr, Do. 18-20 Uhr, Fra 18-20 Uhr. Info www.kulturrat-bochum.de.