Bochum. . Die im voraus zu leistenden Erschließungbeiträge für die Straße „Am Krüzweg“ sind aus ihrer Sicht nicht zulässig. Sie setzen auf ein Urteil aus dem Jahr 1999

Das erste Schreiben der Stadt kam im Juli 2013. Es informierte die Anwohner „Am Krüzweg“ in Dahlhausen darüber, dass ihre Straße „noch endgültig herzustellen und erschließungsbeitragsmäßig abzurechnen“ sei. Zweieinhalb Jahre später liegt die Sache bei Gericht. Zwar haben fast zwei Dutzend Parteien insgesamt etwa 400.000 Euro als Vorauszahlung für den endgültigen Ausbau geleistet, darunter auch Einzelbeiträge von mehr als 30.000 Euro. Zugleich klagten 18 Eigentümer aber beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.

„Wir bestreiten dass es sich um eine Ersterschließung handelt. Die Straße ist uralt“, sagen einige Kläger im Gespräch mit der WAZ. Dem Gericht haben sie nach intensiver Recherche im städtischen Archiv dazu etliche Beweise aus Katasterbüchern, Gemeindeprotokollen oder Historienprüfungen geliefert. Bis zum Jahr 1899 reichen die Belege dafür zurück, dass der Krüzweg weder ein Feldweg noch ein Provisorium ist, sondern schon lange eine „richtige“ Straße.

Gericht muss entscheiden

Bekommen sie Recht, würde sich der von der Stadt abrechenbare Erschließungsbeitrag entweder deutlich verringern oder gar entfallen. Denn dann könnte die Stadt nicht mehr nach Baugesetzbuch 90 Prozent der Kosten auf die Anlieger umlegen. Berechnet würde bestenfalls nach dem Kommunalabgabengesetz, das geringere Beiträge zulässt. „In wenigen Ausnahmen muss gar keine Erschließung bezahlt werden, wenn es sich nämlich um eine historische Straße handelt“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke. Er sieht der gerichtlichen Auseinandersetzung gelassen entgegen. „Es kann schon einen Unterschied geben zwischen einer physisch vorhandenen Straße und einer, die nach Beitragssatzung noch nicht vollständig ist, das heißt die sich noch in der Anlegung befindet. Bei unterschiedlichen Meinungen muss das eben vor Gericht geklärt werden.“

Bis zu einer Entscheidung wird noch einige Zeit ins Land gehen. Durchschnittlich zehn bis elf Monate dauere ein Verfahren am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, so ein Sprecher. Die Kläger verlangen, dass erst einmal die Heranziehungsbescheide aufgehoben werden und sie ihr Geld zurückbekommen – unbeschadet einer endgültigen Abrechnung der Erschließung.

Zinsen sind noch möglich

Vier Jahre hat die Stadt nun Zeit, mit der Vorausleistung die Straße tatsächlich zu erstellen. Und sie hätte, sagt ein Beteiligter aus der „Krüzweg-Gruppe“, bei einer Abrechnung nach Baugesetzbuch sogar noch die Chance, pauschal Zinsen in Rechnung zu stellen. „Das könnte für uns dann noch mal so teuer werden wie die jetzige Vorausleistung“, befürchten die Anwohner.

Sie setzen darauf, dass in einer ähnlichen Angelegenheit das Oberverwaltungsgericht Münster schon einmal für eine Eigentümerin und gegen die Stadt Bochum entschieden hat. Die Frau hatte nach langer Archivrecherche nachweisen können, dass die Straße, für die sie Erschließungsbeiträge bezahlen sollte, bereits vor 1900 angelegt wurde „und damit nach der Ortssatzung nicht mehr abgerechnet werden darf.“ Die Richter hatten entschieden, dass es sich um eine „altvorhandene Straße“ handelt. Eine Abrechnung entfiel.