Bochum. Vor einem Jahr lief in Bochum der letzte Opel vom Band. Längst sind die Anlagen verschwunden, versteigert und verkauft. Bochum muss sich neu erfinden.
Ein bisschen Opel ist schon weg. Da, wo einst die Lackiererei an der Wittener Straße stand und ein qualmender Schornstein von der regen Produktion im Werk kündete, liegen nur noch ein paar Haufen Schutt und Staub. Dahinter klaffen Lücken in den Hallenwänden von Werk I, dem eigentlichen Autowerk. Heute vor einem Jahr, in der Nacht zum 5. Dezember 2014, ist das letzte Exemplar eines Opel Zafira in Laer vom Band gelaufen. Schichtende nach 51 Jahren.
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Seitdem stehen nicht nur die Bänder an einem Ort still, der zu den geschäftigsten der Stadt gehörte. Alle Anlagen sind verschwunden. Der Industrieverwerter Maynards hat alles, was Opel nicht selbst in einem anderen Werk benötigt, versteigert und verkauft. Im Sommer waren die Hallen buchstäblich leer gefegt. „Übergabe besenrein“. So war es vereinbart.
Der meterhohe Opel-Schriftzug ist verschwunden
Bochum muss sich neu erfinden. Ohne Opel. Aber mit einem Werkstattverfahren und mit großen Plänen von wissensbasierter Industrie. Doch so schnell wird die Stadt ihren einst größten, aber zum Schluss nicht mehr wohl gelittenen Arbeitgeber, nicht los: Der Abbruch auf dem 70 Hektar großen Gelände von Werk I, wo eigentlich DHL schon im Herbst 2016 ein Mega-Paketzentrum errichten wollte, stockt wegen der Beschwerde eines Abrissunternehmens vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die Auftragsvergabe. Mindestens neun Monate Zeitverzug drohen – und damit kommen auch mit Blick auf die Vermarktung weitere Herausforderungen auf die Stadt zu. Indes: Der Vertrag mit DHL ist zwar noch nicht unterschrieben. Aber Wirtschaftsförderer Ralf Meyer bleibt in dieser Sache optimistisch: „Ich sehe ein zeitliches Problem auf uns zukommen. Aber keines, weil DHL denken könnte, die kriegen es nicht hin.“
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Stehen bleiben wird zumindest noch fast drei Jahre lang das mittlerweile unter Denkmal gestellte Verwaltungsgebäude D I, von dessen Dach Ende Juni der meterhohe „Opel“-Schriftzug verschwunden ist. Nach anfänglicher Skepsis ist die Entwicklungsgesellschaft Bochum Perspektive 2022 als neue Eigentümerin des Werks zuversichtlich, einen Interessenten für das Gebäude mit der markanten Rotunde und etwa 20 000 Quadratmetern Bürofläche zu finden.
Dem Opel-Aus folgen fünf Jahre Ungewissheit
Und lange wird es vermutlich auch dauern, bis eine Entscheidung über die Nutzung der freien Flächen in den Werken II und III fällt. Fünf Jahre Zeit hat sich Opel ausbedungen, um endgültig zu entscheiden, wo und wie viel Platz der Autokonzern benötigt. Bis dahin muss die Bochum Perspektive abwarten, ob sie Flächen zweier Werke oder das gesamte Areal von Werk III für eine Entwicklung bekommt. 2020 oder 2021 kann es darüber schon werden. Womit die eigentlich bis 2022 angelegte Arbeit der Entwicklungsgesellschaft schon jetzt auf eine Verlängerung hinaus läuft. Gewiss ist daher momentan nur eines: der Abriss von Werk II. Und der schreitet mit großem Tempo voran. Da, wo einst Motoren und Getriebe hergestellt wurden, organisiert Opel zusätzlich zu Werk III sein neues Warenverteilzentrum. 60 Millionen Euro werden investiert. Ende 2017 soll der Betrieb dort schon beginnen.
Und das auch wieder unter dem alten und neuen Namen „Opel“. Zehn Jahre lang erledigte der Logistiker Neovia das Ersatzteilgeschäft für den Autobauer. Vom 1. Januar an übernimmt dieser es wieder selbst. Dafür hat er die Opel Group Warehousing GmbH gegründet, in die die 700 Neovia-Beschäftigte wechseln werden. Opel bleibt (ein bisschen) Bochum.