Bochum. . Das 39-Millionen-Euro-Projekt ist in 65 Gewerke aufgeteilt. Bis Sommer 2016 soll alles fertig sein. Fünf Firmen aus Bochum sind stolz, dabei zu sein.
„Es ist schön, dass eine Bochumer Firma so schöne Sachen einbauen kann. Tolle Sache“, sagt der Tischler Jörg Herold. Er steht auf dem oberen Rang des Musikzentrums und strahlt Freude über seine tägliche Handwerksarbeit aus. „Es ist ein Privileg, so ein Unikat zu bauen. Das passiert nicht alle Tage.“
Der 54-Jährige arbeitet für die Altenbochumer „Werkstätten Dickerhoff“, eine Tischlerei und Schreinerei. Die Firma hat trotz europaweiter Ausschreibung den Zuschlag erhalten, sämtliche Holzarbeiten für den Konzert- und Veranstaltungssaal des „Anneliese Brost Musikforum Ruhr“ zu übernehmen. Auch vier andere Bochumer Firmen arbeiten auf dem Bau mit.
Herold ist „von Anfang an dabei“, seit dem Richtfest im Oktober 2014. Er arbeitet auf der Bühne, den Brüstungen, an den Türen, den Wandverkleidungen und allen anderen Holzoberflächen. Mindestens acht Stunden am Tag. Und überall baut er amerikanische Kirsche ein. Die Firma ist extra zu einem Holzhandel nach Salzburg gereist, um eine vorzügliche Qualität dieser Holzart in vollkommen einheitlicher Farbe zu bekommen.
Klinker wurden speziell angefertigt
Schließlich soll das Musikforum mit der integrierten Marienkirche kein Allerweltsbau sein. „Hier ist nichts von der Stange, nichts Standard“, sagt Jürgen Göke, der Projektleiter der Stadt. Für den Architekten mit den strahlend blauen Augen ist es die größte Aufgabe, die er je bei der Stadt hatte. Alles wurde extra fürs Musikforum produziert, sagt er. „Es soll außergewöhnlich sein.“ Er beeilt sich aber hinterherzuschieben, dass dieser Anspruch nicht unbedingt teurer ist. Beispiel Fassadenklinker: Auch er wurde exklusiv für Bochum hergestellt, hat aber wegen der großen Bestellmenge nicht mehr gekostet als ein üblicher Klinker. Auf dem Stein ist eine Kalkschicht eingebrannt. „Helles Terrakotta“ sei die Farbe, sagt er. „Sie sollte sich bewusst abheben vom Kirchenklinker, trotzdem aber Anteile aus der gleichen Farbfamilie haben.“
Die Atmosphäre beim Innenausbau ist kalt und schummerig. Es gibt fast nur Baustellenlicht und noch keine reguläre Heizung, weil der Heizungsbauer aus ungeklärten Gründen ausgestiegen ist. Am Freitag kam endlich eine mobile Bauheizung. Aber weniger wegen der Handwerker, sondern weil die Materialen für ihre Verarbeitung eine bestimmte Temperatur und Luftfeuchtigkeit haben müssen.
Wandputz ist auf die Akustik abgestimmt
Immer wieder spricht Göke über die Akustik im Bau. Kaum zu glauben, wie viele Details beachtet werden müssen, damit ein vollkommener Wohllaut entsteht. Der Wandputz etwa wird extra schräg aufgebracht: unten dicker als oben, damit die Klangwellen in die richtige Richtung strömen. „Egal, ob Sie oben oder unten sitzen – sie hören überall gleich gut. Alles ist vom Akustiker vorgegeben, sogar die Stühle.“ Allerdings: „Sie sehen nur nicht überall gleich gut.“
Rund 100 Handwerker in 65 verschiedenen Gewerken arbeiten oder arbeiteten in dem Gebäude, das vier Ebenen hat: drei fürs Publikum, eine, die oberste, für Technik und Wartung. Dachdecker Günter Nick (49) ist einer von ihnen. Täglich reist er zwei Stunden aus der Eifel an. Zurzeit baut er auf dem Flachdach maßgefertigte Notüberläufe für die Entwässerung. Zwei Etagen tiefer arbeitet Schlosser und Schweißer Eugen Norozov. Er kommt aus dem Münsterland („Halb fünf steh’ ich auf“), um in Bochum Stahltreppen, Handläufe, Gitterroste oberhalb der Decke für die Beleuchter und Wartungsstege zu bauen. „Sowas zu bauen, ist einmalig.“
Projektleiter Göke hat so viel zu erzählen, zum Beispiel über die dreifach verglasten und teilweise 600 Kilo schweren Spezialfenster, den Flur als Schallpuffer gegen den Straßenlärm, die vielen Bäume, die an der Terrasse zur Humboldtstraße gepflanzt werden, über die alte Kirchenverglasung, die wieder eingebaut wird, die mobile Sektbar und den weißen, fast fugenlosen Terrazzo-Boden. „Es wird schön“, verspricht er. „Hier sind Profis am Werk, die wissen, was sie tun.“
Baukosten summieren sich auf rund 39,5 Millionen Euro
14 Millionen Euro sind Spenden & Sponsoring/Stiftungsmittel. Vom Land kommen 9,53 Mio Euro für den Umbau der Kirche und 0,5 Mio aus dem Kulturetat. Dazu 6,5 Mio Euro aus dem EU-Programm. 4,9 Mio Euro kommen von Stadt, Stadtwerke und Sparkasse.
4,0 Mio Euro müssen für nicht vorhersehbare Mehrkosten nachgeschossen werden. Macht ein Investitionsvolumen von aktuell 39, 43 Mio Euro.