Bochum. . Gratis ins Netz geht es per WLAN mit Bochum Marketing, der Bogestra, Unitymedia und im Ruhr-Park. Der Freifunk ist eine Alternative.

Handy-Flatrates und günstige Telekommunikationstarife hin oder her - immer dichter wird das Netz diverser Anbieter, die in Bochum gratis einen Zugang ins Internet über WLAN ermöglichen. Dabei gibt es bei der Versorgung große Unterschiede: Während die Nutzer etwa in der Innenstadt unter diversen Möglichkeiten wählen können, ist das Angebot an anderen Stellen im Stadtgebiet mitunter überschaubar. Die WAZ gibt einen Überblick.

Bochum Marketing

Ende Juni ist die Bochum Marketing mit ihrem Angebot an den Start gegangen. Fünf Monate später ist das Netz von Einwahlpunkten im wesentlichen unverändert. In der Innenstadt können sich Nutzer auf Dr.-Ruer- und Husemannplatz, auf der Hue- und auf der Kortumstraße zwischen Südring und Bongardstraße einloggen, außerdem im Tierpark und in der Musikschule. Zugenommen hat dagegen die Menge der Nutzer. „Wir haben stark steigende Zahlen“, freut sich Christian Gerlig, bei Bochum Marketing für die Kommunikation verantwortlich, „und das, obwohl wir kaum Werbung machen.“ In den Wochen nach dem Start wählten sich rund 400 Menschen täglich ins City-Netz ein. Mittlerweile liegt die Zahl bei 800 im Schnitt. Für einen weiteren Schub sorgt der Weihnachtsmarkt: Spitzenwert sind etwa 1500 Nutzer. Sie kommen ohne Passwort oder Registrierung ins WLAN von Bochum Marketing, müssen aber eine Seite mit Werbung lokaler Händler, von Baltz über Apotheken bis zu Banken, vor dem Surfen wegklicken. Für Bochum Marketing steht in den nächsten Wochen der Ausbau des Angebots an. Bei der Stadtbücherei könnte es „ganz schnell gehen“, sagt Gerlig. Gespräche mit den Verantwortlichen im Bermudadreieck laufen, ebenso mit den Geschäftsleuten auf dem Boulevard. Denkbar sei auch, das Angebot auch in den Stadtteilen anzubieten. Diskutiert wird das unter anderem mit der Interessengemeinschaft in Weitmar, sagt Gerlig: „Aber da gibt es noch nichts Konkretes.“ Noch immer rühmt sich die Bochum Marketing, im Ruhrgebiet „eine Vorreiterrolle“ zu haben, andere Städte erkundigten sich immer noch nach dem Bochumer Modell. Dabei könnte der kostenlose Internet-Zugang erst der Anfang sein. „Es ist ein Baustein“, sagt Gerlig. Auf den könnten Features für die Kunden in der Innenstadt aufgesetzt werden: Verlosungen in Echtzeit, digitale Schnitzeljagden oder Video-Apps schweben Gerlig vor. Noch ist das Zukunftsmusik.

Bogestra

Im Wahlkampf hat sich der heutige Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) mächtig für freies WLAN in Bus und Bahn eingesetzt. Noch aber steht die Bogestra erst am Anfang. Seit Anfang September rollt ein 18 Meter langer „Powerbus“ durch Gelsenkirchen, ausgestattet mit einem Router für den Zugang ins Internet und USB-Andockstellen, damit die Fahrgäste ihr Handy aufladen können. Partner der Bogestra ist Gelsen-Net. Bestands-Kunden des Versorgers können über dessen Homepage einen Zugang erhalten, Nicht-Kunden müssen sich über eine SMS authentifizieren und erhalten ein 24 Stunden gültiges Passwort, das danach wieder erneuert werden muss. Noch ist dies kostenlos.

Der „Powerbus“ mit (v.l.) Thomas Dettenberg (Geschäftsführer Gelsen-Net), die beiden SPD-Oberbürgermeister Frank Baranowski (Gelsenkirchen) und Thomas Eiskirch (Bochum), Andreas Kerber (Vorstand Bogestra), Martin Schmidt (Geschäftsführer Vestische) und Gisbert Schlotzhauer (Vorstand Bogestra).
Der „Powerbus“ mit (v.l.) Thomas Dettenberg (Geschäftsführer Gelsen-Net), die beiden SPD-Oberbürgermeister Frank Baranowski (Gelsenkirchen) und Thomas Eiskirch (Bochum), Andreas Kerber (Vorstand Bogestra), Martin Schmidt (Geschäftsführer Vestische) und Gisbert Schlotzhauer (Vorstand Bogestra). © Bogestra

Ab Anfang des Jahres soll der Gelenkbus, für dessen Umrüstung und Betrieb die Bogestra laut Sprecher Christoph Kollmann Kosten von „mehreren tausend Euro“ veranschlagt, auch auf diversen Linien auf Bochumer Stadtgebiet eingesetzt werden: „Wir wollen mit den digitalen Bedürfnissen der Kunden Schritt halten.“ Das ÖPNV-Unternehmen testet den Betrieb auch für seine Partner im östlichen Ruhrgebiet, die Vestische, die HCR und die DSW 21. Geprüft werde in dieser mehrmonatigen Testphase zum einem die technische Zuverlässigkeit und auch, wie die Kunden das Angebot annähmen und bewerteten, erklärt Kollmann. Für eine erste Bilanz sei es indes noch zu früh: „Wir schauen, wie sich das entwickelt.“ Aus Sicht des Unternehmens sei aber klar: „Die Bogestra ist am Puls der Zeit, was die digitale Zukunft angeht.“

Unitymedia

Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia macht Bochum laut Eigenwerbung seit Anfang August „fit für die digitale Zukunft“. Los ging es mit zunächst zwölf Einwahl-Standorten im Stadtgebiet, inzwischen sind fünf weitere dazugekommen. „Der Ausbau für 2015 ist abgeschlossen. Weitere Ausbauten in 2016 werden derzeit geprüft“, sagt Pressesprecherin Eva-Maria Ritter. Besonders stark genutzt würden die Standorte an der Luisenstraße 17, der Hans-Böckler-Straße 28 und im Ruhrpark 88. Unitymedia regelt den Zugang in sein Netz über das Mobiltelefon der Nutzer. Die müssen per SMS ein Passwort anfordern und können sich dann mit dem und ihrer Handy-Nummer anmelden. Der Zugang ist 24 Monate lang gültig. Allerdings können Nutzer nicht völlig unbegrenzt surfen. Unitymedia setzt dem Kunden ein Tageslimit in der Datenübertragung. Ein Plus dieses Angebots: Nutzer können sich nach der Registrierung auch in ein verschlüsseltes Netzwerk einwählen.

Ruhr-Park

Der Ruhr-Park hat sein System bereits 2012 installiert. Einziger Wermutstropfen im Ruhr-Park: WLAN endet mitunter an der Ladentür: „Wir konzentrieren uns auf die Laufwege“, sagt Center Manager Christian Krause, also auf die Ladenstraßen und die Gastro-Meilen. Ob die Einzelhändler und Gastronomen eigene Angebote bereit stellten, „das bleibt ihnen selbst überlassen“. Nutzer im Ruhr-Park müssen sich nicht registrieren, allerdings wird ihnen vor dem Netz-Zugang eine (überregionale) Werbung eingeblendet. Nach 30 Minuten wird der Zugang gekappt und ein erneutes Einwählen ist erforderlich. Von Montag bis Donnerstag loggten sich nach Krauses Angaben im Schnitt 3.500 Kunden täglich ein, am Wochenende zwischen 6.000 und 8.000. Die Besucher des Ruhr-Parks mussten in der jüngsten mehrmonatigen Umbau-Phase des Einkaufszentrums auf etwa die Hälfte aller Zugangsmöglichkeiten verzichten, die im Zuge der Arbeiten kurzfristig gekappt worden waren. In wenigen Tagen solle das Netz aber wieder flächendeckend stehen, sagt Krause. Freies Surfen ist dann auch im Ruhr-Park wieder in Gänze möglich.

Freifunk in Bochum will Alternative statt Konkurrenz sein 
Der Prinzip beim Freifunk laut Initiator André Kasper: „Bürger stellen einen Teil ihrer eigenen Internet-Bandbreite zur Verfügung und schaffen gemeinsam einen freien Internet-Zugang.“
Der Prinzip beim Freifunk laut Initiator André Kasper: „Bürger stellen einen Teil ihrer eigenen Internet-Bandbreite zur Verfügung und schaffen gemeinsam einen freien Internet-Zugang.“ © Ingo Otto / Funke Foto Services

André Kasper geht selbst mit gutem Beispiel voran. Von seinem Zuhause aus hat er eine Antenne in Richtung eines nahen Schrebergartens montiert, so dass die Menschen dort auch im Grünen ihre Mails lesen könnten, wie er sagt. Gratis und ohne Werbung und ohne Registrierung. Nutzer wählen das Netzwerk aus - und surfen los. „Und jeder kann mitmachen und Teil des Netzes sein“, sagt Kasper. Der 34-Jährige, nicht mehr Mitglied der Piraten aber weiter Ratsherr, ist die treibende Kraft hinter dem Freifunk in Bochum. Ende 2014 begann das Projekt in Bochum zu entstehen, was es in anderen Städten längst schon gab. „Wir wollten das auch haben“, sagt Kasper. Freifunk bedeutet nach seinen Angaben vereinfacht gesagt: „Bürger stellen einen Teil ihrer eigenen Internet-Bandbreite zur Verfügung und schaffen gemeinsam einen freien Internet-Zugang.“ Ein (autonomes) Netz von Bürgern für Bürger. Nutzer, die mitmachen wollen, müssen rund 15 Euro für einen speziell ausgestatteten Router investieren und können dann Teil des Freifunks werden. Dabei tritt Kaspers eingetragener Verein als Provider auf: „Freifunk ist mehr als ein reiner Zugang ins Internet, es ist ein eigenständiges Netz.“

Treibende Kraft hinter dem Freifunk in Bochum: der 34-jährige André Kasper.
Treibende Kraft hinter dem Freifunk in Bochum: der 34-jährige André Kasper. © WAZ FotoPool / Ingo Otto

Derzeit ist an über 200 Punkten im Stadtgebiet die Einwahl möglich. Wo die liegen, lässt sich auch auf einer Karte auf der Freifunker-Homepage nachgucken. Kasper hofft, dass es schnell mehr werden - nicht zuletzt in der Innenstadt: „Es ist wichtig, dort präsent zu sein, damit das Netz bekannter wird.“ Auch die Freifunker machen Test-Läufe auf dem Boulevard oder im Bermuda-Dreieck, als Konkurrenz zu kommerziellen Angeboten wie dem von Bochum Marketing sehen sie sich aber nicht, sagt Kasper: „Wir sind einfach eine Alternative.“ Letztlich verbände beide auch das gleiche Ziel: Flächendeckend und gratis einen Zugang ins Internet zu ermöglichen.

Die Freifunker wollen ihr Angebot unter anderem auch rund um die Flüchtlingsunterkünfte ausweiten. In seiner jüngsten Sitzung hat sich der Stadtrat einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Verwaltung das Projekt unterstützt. Für Kasper war das „ein starkes Signal“. Inzwischen gebe es erste Gespräche, aber noch nichts Spruchreifes. „Wir sind noch total im Aufbau“, sagt Kasper voller Zuversicht, „aber es wächst.“ Weitere Infos: www.freifunk-bochum.de