Bochum. Der Kunstverein Bochumer Kulturrat zeigt unter dem Titel „Hä?“ eine vielschichte Ausstellung mit Arbeiten von Thorsten Lehmann.

Gemälde und Materialbilder, Großgrafik und Skizzen - die aktuelle Ausstellung im Kunstverein Kulturrat kommt wie eine Exposition verschiedener Künstler daher. Aber es handelt sich um eine Einzelpräsentation. Thorsten Lehmann zeigt unter dem Motto „Hä?“, dass er sich nicht auf ein, zwei Gesichtspunkte festlegen lässt.

„Hä?“ scheint ein flapsiger, vielleicht sogar zu flapsiger Titel für eine Kunstschau zu sein. Aber natürlich hat das knackige Motto Methode. Und es macht Sinn. Denn „Hä?“ kann sowohl fragend als auch als Ausdruck der Verwunderung gedeutet werden. Mithin zwei Konnotationen, die bereits auf Lehmanns Kunst verweisen.

Die Dynamik des Internets

Neugierig zu sein, immer wieder hinzusehen und nichts „einfach so“ hinzunehmen, das ist der Ansatz des 1972 geborenen Künstlers, der 2001 schon einmal im Kulturrat ausgestellt hat. „Die Wirklichkeit ist vielschichtig, das will ich gar nicht ausblenden. Die Realität fließt durch mich hindurch und so in meine Gemälde hinein“, sagt Lehmann. Tatsächlich scheint in seinen oft großformatigen Arbeiten alles möglich.

Künstlerisches „Seismoversum“

Es gibt informelle Bildflächen, auf denen die virtuelle Dynamik des Internets eingefangen wird. Es gibt knallige Ausführungen, die vollgestopft sind mit Wirklichkeitsschnipseln - Frauenbeine, Pfifferlinge, Wegzeichen, Gesichter, Quallenartiges, Pflanzen -, wie quasi-surreal verrätselt. Alles farbige Spiegel, die Bilder aus Thorsten Lehmanns innerem Kosmos auf den Betrachter zurückwerfen; sein „Seismoversum“ nennt der Künstler das.

Öffnungszeiten und Ausstellungsdauer

Die Ausstellung „Hä? - Thorsten Lehmann. Malerei, Zeichnung, Installation“ ist bis zum 18. Dezember im Kunstverein Kulturrat, Lothringer Straße 36c, zu sehen.

Öffnungszeiten sind Dienstag von 15 bis 18 Uhr sowie Do. u. Fr. von 18 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung. Infos auf www.kulturrat-bochum.de

„Die Wirklichkeit IST überbordend, verwirrend, hektisch und durcheinander“, sagt er. „Genau das drücke ich aus“. Eine Botschaft gibt es, so gesehen, in dieser Malerei nicht. Der Betrachter ist aufgefordert, selbst deutend einzugreifen. Wobei die Betonung auf „gefordert“ liegt: Die Schau macht es einem nicht leicht, aber wer sich auf diese eruptiven, überrumpelnden Bilder einlässt, wird sogleich deren individuellen Sound wahrnehmen. Und die (gestalterische) Kraft, die ihnen innewohnt.

Auf Papier statt auf Leinwand

Bemerkenswert auch: Thorsten Lehmanns Bilder - Gemälde ebenso wie Zeichnungen - entstehen nicht auf Leinwand, sondern auf Papier. Ungerahmt hängen sie da an der Wand, verletzlich irgendwie. „Papier ist mein bevorzugter Malgrund“, sagt Lehmann, „es ist die Haut, die mich von der Welt trennt und mich vor ihr schützt“. Diese Haut ist dünn, sie ist angreifbar. Dessen muss sich der Betrachter bewusst sein, will er den Zugang zu Thorsten Lehmanns Arbeiten finden.