Gerthe. Der Kunstverein Kulturrat überrascht immer wieder mit starken Präsentationen junger Kreativer. Zur Zeit ist Karin Heiltjes auf Zeche Lothringen zu Gast.

Bochum als Stadt der Kunst hat nicht nur arrivierte Institute wie das Kunstmuseum, die Situation Kunst/Kubus Weitmar und die Kunstsammlungen der Ruhr-Uni zu bieten. Gerade die zahlreichen kleinen Galerien sind es, die sich auf jeweils eigene Art und mit jeweils anderem Schwerpunkt um die Präsentation junger Kunst verdient machen. Eine Adresse, die diesen Ansatz mit Nachdruck verfolgt, ist der Kunstverein Kulturrat, beheimatet in den alten Gemäuern der Zeche Lothringen.

Provokation als Prinzip

Unter der kenntnisreichen Disposition von Kurator Carsten Roth organisiert der 2007 begründete Kunstverein fünf Ausstellungen im Jahr, wobei seine Entstehung nur die logische Folge einer langen Entwicklung war. Denn in den über 20 Jahren Kulturtätigkeit auf Lothringen haben Künstlerinnen und Künstler aus 20 Ländern hier ausgestellt, wobei sich der Schwerpunkt mittlerweile auf die junge deutsche und europäische Kunstszene konzentriert. Immer wieder gelingt es Roth, insbesondere im Bereich Fotografie, Video, Raum- und Klanginstallation – aber auch mit Experimentalformen und durch medienübergreifende Projekte – Akzente zu setzen, die zunehmend auch überregional Beachtung finden.

Zu erinnern ist in dieser Hinsicht an die provokative Ausstellung „Bambiraptor“ des Essener Powermalers Gordan Nicolic, die am Jahresanfang in Gerthe zu sehen war, und die es in ihrem künstlerisch-motivischen Wagemut schwer gehabt hätte, in kommunalen Museen gezeigt zu werden. Das süße Bambi traf hier auf den brutalen Saurierraptor, die Idylle der Blümchenwiese auf geile Pornografie.

Info und Öffnungszeiten

Die Ausstellung „Karin Heyltjes: Auswärts“ ist bis zum 14. August im Kunstverein Kulturrat, Lothringer Straße 36, zu sehen.

Geöffnet Di. 15-18 Uhr, Do. u. Fr. 18-20 Uhr und nach Vereinbarung (0234/86 20 12).

Der Kunstverein Kulturrat bietet zu jeder Ausstellung Führungen durch eine Fachkraft an.
Info: www.kulturrat-bochum.de

Nicht minder spannend: die beiden Druckgrafik-Ausstellungen, die auf Nikolic’ farbgetränkte Malerei folgten. Zunächst die verspielt-verlockenden „Gärten“ von Jette Flügge, die mit dem Geheimnisvollen ebenso souverän spielten wie mit Ironie. Und aktuell die Präsentation „Auswärts“ von Karin Heyltjes, deren kraftvolle, farbstarke Drucke abstrakten Gemälden gleichen, und die ihre Motive doch im „ganz normalen Leben“ findet: auf dem Campingplatz, zum Beispiel. So wundert es nicht, dass Heyltjes sogar ein altes Iglu-Zelt als Maluntergrund dient.

Zum Reiz der Kunstverein-Galerie gehört die Örtlichkeit selbst. Den Industrie- und Kellerräumen der alten Zeche wohnt ein harscher Reiz inne. Zumal die Katakomben einen spröden räumlichen Rahmen bilden, in dem sich eine selbstbewusste, interessante junge Kunst entfalten kann.