Bochum. . Regisseur Jan Neumann hat vor Schillers berühmten Drama hohe Bewunderung entwickelt. Premiere am Samstag im Schauspielhaus.

Das gelbe Reclam-Bändchen von Schillers „Don Karlos“ hatte wohl jeder schon in der Hand, der je einen Deutsch-Leistungskurs besuchte. Und mancher legte sich vorsichtshalber direkt den Lektüreschlüssel daneben, denn ganz so leicht zu durchschauen ist Schillers komplexes Drama nicht.

Für seine erste Arbeit im großen Haus hat sich Regisseur Jan Neumann eingehend mit Schillers „dramatischem Gedicht“ beschäftigt. Beim Pressegespräch genügt eine winzige Frage – und schon platzt es förmlich aus dem 40-jährigen Regisseur heraus, so viel Begeisterung und Bewunderung hat er in den letzten Wochen für Schillers Stoff entwickelt.

Schiller leistet ganze Arbeit

„Als ich das Angebot bekam, ist mir kurz das Herz in die Hose gerutscht“, gibt er zu. „Dann habe ich das Stück immer und immer wieder gelesen. Das ist ein Schulstoff und ein deutscher Klassiker, eine Liebestragödie und ein Politthriller. So wunderbar vielschichtig, ein monumentales Ding!“

Regisseur Jan Neumann.
Regisseur Jan Neumann. © waz

Die vielen Figuren und ihre komplizierten Verflechtungen untereinander haben es dem Regisseur angetan. „Es gibt ja nicht die große Hauptfigur“, meint Neumann. „Selbst die kleinsten Figuren sind Teil des großen Machtspiels.“ Schiller habe hier als Dramatiker ganze Arbeit geleistet: „Das ist genau beobachtet“, meint Neumann. „Was den Menschen passiert, die an die Macht kommen und dort bleiben wollen, das ist außerordentlich gut beschrieben.“

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Schauspieler in historischen Kostümen

Bei der Inszenierung habe er sich dann schnell die Frage gestellt, inwieweit sich das eigentlich auf unsere Zeit übertragen lässt – oder ob das Stück nicht vielmehr ein Historiendrama bleiben sollte. Als ein solches hatte es Schiller ja ursprünglich angelegt. Jan Neumann entschied sich offensichtlich für einen Mittelweg: Die Schauspieler sind ganz in historischen Kostümen gekleidet, während das Bühnenbild eher modern wirken soll.

„Kann sein, dass wir in Verdacht geraten, etwas altmodisch zu wirken“, überlegt er. „Aber genau diesen Widerspruch finde ich spannend. Da sind Figuren aus dem 16. Jahrhundert, die so aussehen, als würden sie plötzlich in unserer heutigen Welt stehen.“

Fünfakter fordert etwas Ausdauer

Wie es sich für einen gestandenen Fünfakter gehört, wird vom Zuschauer etwas Ausdauer verlangt. Zwar haben Neumann und Dramaturgin Kekke Schmidt den Text bereits massiv gestrichen, doch eine Spielzeit von etwa dreieinhalb Stunden bleibt trotzdem übrig. „Kürzer kann man diese Geschichte einfach nicht erzählen“, meint Neumann. „Aber jeder, der gern ins Theater geht, weiß doch, wie toll es sein kann, in diese Welt einfach mal abzutauchen. Das ist wie in der Oper.“