Bochum. Verdi kündigt für den Fall eines neuerlichen Kita-Streiks an, auf Härtefälle Rücksicht nehmen zu wollen. Stadt hat für Juli keine Beiträge erhoben.

Der Appell war eindringlich. Einmütig hat der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie Anfang September von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) und den Gewerkschaften gefordert, alles daran zu setzen, einen neuerlichen Streik im Sozial- und Erziehungsdienst zu verhindern.

Vor allem die Eltern von Kita-Kindern machen sich Sorgen, dass nach Warnstreiks und dem vierwöchigen Streik im Mai und Juni die 17 städtischen Einrichtungen mit ihren insgesamt 1411 Kita-Plätzen erneut für längere Zeit geschlossen bleiben könnten und das Betreuungsproblem erneut aufflammt. „Im Moment ist noch alles ruhig. Aber die Gemütslage der Eltern ist nicht gerade positiv. Sollte wieder gestreikt werden, gehen sie auf die Barrikaden“, sagt Maren Krietenbrink, die scheidende Vorsitzende des Stadtelternrats, voraus.

Aufwertung der Arbeit bleibt aus

Diesen Standpunkt hat sie auch in einem Gespräch mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die die meisten Beschäftigten in diesem Tarifkonflikt vertritt, zum Ausdruck gebracht. Zumal es bei einem neuerlich Streik anders als im Juni nicht einmal mehr Notgruppen geben könnte. Immerhin hat Verdi durchblicken lassen, in Härtefällen Rücksicht zu nehmen. „Wir wollen nicht, dass eine alleinerziehende Mutter, die keinen Urlaub mehr hat, um ihr Kind zu betreuen, arbeitslos wird“, sagte Gewerkschaftssekretärin Pamela Strutz gegenüber der WAZ.

Daten und Fakten

Die von den Schlichtern empfohlene Lohnerhöhung von durchschnittlich 3,3 Prozent hätte jährliche Mehrkosten für die Stadt von etwa 858 000 Euro verursacht.

Im Sozial- und Erziehungsdienst sind derzeit 481 Personen beschäftigt, 330 davon in Vollzeit. Die größten Gruppen stellen Sozialarbeiter (258) und Erzieherinnen (182).

Insgesamt besuchen 9794 Kinder in Bochum eine Kita (Stand: März 2015). Nur 1411 von ihnen gehören zu einer der insgesamt 17 städtischen Einrichtungen.

Vor allem die ausgebliebene Aufwertung ihrer Arbeit sei es gewesen, die die Verdi-Mitglieder in Bochum dazu bewogen hatte, den Schlichterspruch mit einer vorgeschlagenen Lohnerhöhung von durchschnittlich 3,3 Prozent abzulehnen; gefordert hatte Verdi zehn Prozent. Laut Strutz sollten jüngere Beschäftigte und vor allem Sozialarbeiter weniger von der Anhebung profitieren. Außerdem fehlte die Anerkennung von Beschäftigungszeiten beim Wechsel des Arbeitsplatzes. Beides sei nicht akzeptabel gewesen.

Tarifverhandlungen bis zum Abend ergebnislos

Unterdessen hat die Stadt nach einem einstimmigen Beschluss im Rat die etwa 700 beitragszahlenden Eltern der Kinder in städtischen Kitas „entlastet“ und so die anfänglich ablehnende Haltung der Verwaltung revidiert. Als Ausgleich für gezahlte Beiträge während der Streikzeit hat sie die Juli-Beiträge von ungefähr 93.000 Euro nicht eingezogen und auch das Verpflegungsgeld (35.000 Euro) nicht eingefordert. Finanziell hat sich der Streik indes immer noch gelohnt. Die Stadt hat in der Streikzeit für verschiedene Berufsgruppen Personalkosten von etwa 432.000 Euro weniger ausgezahlt und so unterm Strich ungefähr 300.000 Euro eingespart.

Wie es weiter geht, wurde am Dienstag bei den Tarifverhandlungen in Hannover erörtert, wo seit Montag kommunale Arbeitgeber und Gewerkschaften an einem Tisch saßen – bis zum Abend ergebnislos.