Bochum. Künstler Reinhard Kreckel wollte hier ein „Haus der Kulturen“ aufbauen, doch der Plan scheiterte. Suche nach neuem Investor verläuft ernüchternd.
Seit vielen Jahre schon ist Bezirksbeamter Herbert Nagel als „Dorfsheriff“ auf den Straßen von Dahlhausen unterwegs und hört sich die Sorgen und Nöte der Menschen im Stadtteil aus der Nähe an.
Auf ein ganz offensichtliches Problem, so erzählt er, werde er in letzter Zeit immer häufiger angesprochen: Das ehemalige Empfangsgebäude am Bahnhof Dahlhausen verkommt mehr und mehr. „Das ist mittlerweile richtig runter gekommen“, meint Nagel, seit Beginn des Jahres auch Mitglied des WAZ-Leserbeirats. „Hier gibt es Schmierereien und Vandalismus, jede Woche steigt einer ein. Und nichts passiert. Die Leute machen sich echt Gedanken.“
Schalthalle blieb in städtischem Besitz
Wie es mit dem ehrwürdigen Gebäude aus der Zeit des Ersten Weltkriegs bloß so weit kommen konnte, das ist eine traurige Geschichte, in der es um Geld, um große Pläne, aber auch um Verantwortlichkeiten geht. Mitten drin: Reinhard Kreckel, Chef des Vereins Prokulturgut.net sowie Künstler und Heil-Therapeut.
„Mein Plan war es, hier ein neues Haus für Kunst und Kultur zu etablieren“, erzählt er. Und das sei zunächst gut angelaufen: Mit dem städtischen Kulturbüro als Partner an Bord ersteigerte er im August 2009 große Teile des Gebäudes, genauer: den linken und den rechten Flügel. Die zentrale Schalterhalle in der Mitte blieb in städtischem Besitz.
Landesmittel seien ausgeblieben
Einen Kredit über 300.000 Euro habe sein Verein dafür aufgenommen, so Kreckel. „Wir hatten viele Pläne, um hier unten neues Leben rein zu bringen.“ Auch die Stadt schien von der Übernahme begeistert gewesen zu sein. Das Grußwort von OB Ottilie Scholz im September 2009 („Die Nutzung des Gebäudes als ,Haus der Kulturen’ ist ein schönes Symbol für Stetigkeit“) findet sich noch heute online auf der Seite von Kreckels Verein.
Doch etwas ging schief: Um eine stete Nutzung zu gewährleisten, hätten zwei Millionen Euro an Landesmitteln fließen sollen. „Dieses Geld hätte durch die Stadtkasse laufen müssen“, so Kreckel, „doch die Stadt war hoch verschuldet“. Die Folge: Das Förderprogramm habe nicht stattfinden können. Die Haushaltssperre, zu der die Stadt von der Bezirksregierung wegen klammer Kassen verdonnert worden sei, habe das Projekt torpediert.
Einige Interessenten sprangen ab
Fast 100 Veranstaltungen „in kleinem Rahmen“ habe Prokulturgut.net im Bahnhof Dahlhausen zwar trotzdem durchgeführt, doch der Traum vom großen „Haus der Kulturen“ war vorbei. „Seitdem zahle ich jeden Monat 3500 Euro für ein leeres Haus“, seufzt Kreckel, der versucht, die Immobilie zu verhökern. Doch das gestalte sich schwierig: Ein Bäcker sei unlängst ebenso abgesprungen wie eine türkische Gemeinde, die hier ein Begegnungszentrum habe einrichten wollen. „Doch die konnte kein schlüssiges Konzept vorlegen“, so Kreckel.
Und so herrscht weiter Stillstand am Bahnhof. Die Stadt versuche zwar, die Sache nach vorne zu bringen, so Sprecher Thomas Sprenger. „Doch letztlich ist die Stadt hier nur Minderheiteneigentümer. Natürlich würden wir uns eine kulturelle Nutzung weiterhin wünschen.“
„Einfach eine Schande“
Für Bezirksbürgermeister Marc Gräf ist das Thema schon lange ein Dorn im Auge: „Dass hier endlich etwas Vernünftiges geschieht, liegt mir wirklich am Herzen“, meint er. „Denn wie dieses Gebäude vor sich hin gammelt, das ist einfach eine Schande.“
Doch bislang ist kein neuer Investor in Sicht, der sich das marode Gebäude ans Bein binden will. „Natürlich besteht bei der Sanierung des Gebäudes enormer Investitionsbedarf“, meint Gräf, „aber das dürfte beherrschbar sein. In dem Haus gibt es nicht die ganz großen Schäden.“