Bochum. . Am Donnerstag hatten die Studierenden der Ruhr-Uni „stromfrei“. Am Freitag geht die Hochschule nach dem Blackout wieder in den Normalbetrieb über.
Fast genau 24 Stunden nach dem Stromausfall vom Mittwoch, der die gesamte Ruhr-Uni lahmgelegt hatte, atmeten auch die Mitarbeiter der Pressestelle der Ruhr-Universität auf. „Am Freitag läuft wieder alles im Normalbetrieb“, meldete Pressedezernent Jens Wylkop am Donnerstag um 14.50 Uhr. Der Strom fließt, die Studierenden am Freitag dann auch wieder.
Sie hatten ab Mittwochnachmittag und den gesamten Donnerstag ungewollt stromfrei. Auf dem Campus fanden keine Veranstaltungen, keine Prüfungen statt. Die Uni-Bibliothek blieb ebenso wie die Mensa und alle anderen Einrichtungen auf dem Campus geschlossen.
Das sorgte für ein ungewohntes Bild. Es war, als wäre ein Sonntag mitten in die Woche gefallen. Nur ganz vereinzelt verloren sich Menschen auf dem Campus. Im Jahr des 50. Geburtstags hatten sie an der Ruhr-Uni so einige Feier-Ideen. Auf die, alle Lichter auszumachen, waren sie nicht gekommen. Ein Stromausfall passiert selten geplant und dann passiert eben lange nichts mehr.
Schadenssumme steht erst in einigen Tagen fest
Ab 14.18 Uhr hatte am Mittwoch die gesamte Ruhr-Uni keinen Strom mehr. Erst am Donnerstag um 10.27 Uhr kehrte er zurück. Häppchenweise, oder besser Gebäude für Gebäude. Die Ruhr-Uni hat wenig mit einem normalen Haushalt zu tun. Da ist es nicht mit Sicherung rein, alles wieder gut getan.
Panne legt Uni-Betrieb lahm
An der Uni ist das Dezernat 5, Gebäudemanagement, für den Strom und seine genau gesteuerte Rückkehr zuständig. „Da waren zwei Männer damit beschäftigt, nach und nach die Gebäude wieder mit Strom zu versorgen“, sagt Dr. Barbara Kruse, Chefin der Uni-Kommunikation. Auch sie traf der Stromausfall völlig unvermittelt. „Mit so etwas rechnet man ja nicht. Wir haben Notfallpläne und die Uni ist mit vielen Schildern versehen, wo man hin soll, wenn es brennt zum Beispiel. Ich finde aber, dass wir das gut im Griff hatten.“ Menschen seien jedenfalls nicht zu Schaden gekommen, keiner habe in einem der vielen Aufzüge festgesteckt.
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Wie es mit den Fakultäten, Laboren und Prüf- oder Testeinrichtungen im Detail aussieht, wusste Kruse am Tag eins nach dem umfassenden Ausfall nicht. „Ich weiß von einer Fakultät, dass dort mit Eis gearbeitet werden musste, um gezielt Dinge auf Temperatur zu halten. Was genau, oder ob etwas kaputt gegangen ist, werden wir erst nach und nach wissen. Das gleiche gilt für die Schadenssumme.“
RUB-Rektor dankt, Akafö liefert wieder und Hochschulball steigt
Rektor Elmar Weiler dankt den RUB-Mitarbeitern
Als den Menschen an der RUB am Mittwoch so langsam klar wurde, welche Ausmaße der Stromausfall annehmen würde, wurde sofort ein Krisenstab gebildet. Ihm gehörten neben Rektor Elmar Weiler, Kanzler Dr. Karl-Heinz Schloßer sowie den drei Prorektoren auch Vertreter des Dezernates 1 (Selbstverwaltung) und des Dezernates 5 (Gebäudemanagement) an. Er sorgte u.a. dafür, dass die Gebäude unverzüglich evakuiert wurden. Weiler zog zufrieden Bilanz: „Mein persönlicher Dank gilt insbesondere den vielen Helfern auf dem Campus, die seit Mittwochnachmittag unverzüglich und mit großer Anstrengung dafür gesorgt haben, dass wir diese Ausnahmesituation meistern konnten. Die Studierenden und Mitarbeiter haben ebenso vorbildlich auf den außergewöhnlichen Umstand reagiert.“
Akafö beliefert am Freitag die Schulen wieder mit Essen
Größer als zunächst gedacht ist der Schaden durch den Stromausfall beim Akademischen Förderungswerk (Akafö). „Wir müssen doch weit mehr Essen wegschmeißen als angenommen“, sagte Akafö-Pressesprecher Peter van Dyk. „Die Schadenssumme wird sicherlich sechsstellig. Es sind einige Automaten betroffen. Auch deren Inhalt mussten wir komplett entsorgen.“
Nachdem das Akafö am Donnerstag die Schulen nicht mit Essen hatte versorgen können, klappt das am Freitag wieder. „Am Donnerstag musste auch keiner hungern“, sagte van Dyk. „Die betroffenen Kinder bekamen am Schul-Kiosk Snacks umsonst.“
16. Hochschulball steigt wie geplant am 18. April
Der 16. Hochschulball am Samstag (18. April) in der Zentralmensa findet statt. Das war nach dem Stromausfall am Mittwoch eine der richtig guten Nachrichten, die die Runde machten. 1500 Gäste freuen sich bereits auf das gesellschaftliche Großereignis. „Bevor der Ball ausfällt“, sagte Peter van Dyk, Pressesprecher des Akademischen Förderungswerkes, das den Ball organisiert, „muss schon mehr passieren als so ein Stromausfall.“ Zum zehnten Mal wird der Ball sieben Bochumer Hochschulen in der Mensa der Ruhr-Uni durchgeführt.
Für die Stadtwerke beginnt die Suche nach der Ursache
Bis am frühen Donnerstagmorgen hat der Reparaturtrupp der Stadtwerke gearbeitet, um Ruhr-Uni und Hochschule wieder ans Netz zu bekommen. Eine weitere Schicht sorgte dis zum späten Abend dafür, dass auch die zweite, die Reserve-Leitung, wieder repariert war. Vom Umspannwerk Laer fließt der Strom in einer Mittelspannungsleitung (30 000 Volt) über vier Kilometer bis zur Einspeisestation Auf dem Kalwes in Querenburg und wird weiter verteilt. Aufgetreten ist der Schaden an der Schattbachstraße in Höhe Höfestraße.
Über die Ursache wird noch gerätselt. „Wir haben erst einmal die ganze Kraft darauf verwendet, die Leitungen zu reparieren“, sagt Holger Rost, Geschäftsführer der Stadtwerke Netz GmbH, die ein über das gesamte Stadtgebiet verteilte, weit verzweigte Stromnetz unterhält und die zur Stadtwerke-Holding gehört. Allein das Opel-Werk ist nicht an dieses Netz angebunden. Dass der Stromausfall 20 Stunden dauerte, ist ungewöhnlich. Ausfälle werden in der Regel schnell Zeit behoben. Statistisch waren die Bochumer im Jahr 2013 nur gut fünf Minuten ohne Strom.
Herr Rost, können Sie sich erklären welche Ursache der doppelte Leistungsschaden hat?
Das werden wir in den nächsten Tagen genau analysieren. Es wäre Spekulation, jetzt schon darüber zu sprechen.
Die Leitungen wurden 1967 in die Erde gelegt. Könnte das Alter eine Rolle spielen?
Das ist nichts besonderes. Das sind Mittelspannungsleitungen – papierisolierte Kabel, die bis zu 100 Jahre alt werden. Das ist kein Problem, wenn man sie in Ruhe lässt – eine alte, aber eine zuverlässige Technik.
Welcher Schaden ist durch den Defekt entstanden?
Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht sagen. Dazu müssen sich die Ruhr-Universität und die Hochschule äußern. Bei uns werden die Rechnungen für die gesamten Reparaturarbeiten wohl bei 10 000 bis 15 000 Euro liegen.
Vom #RUBstromausfall zu #stromfrei - der Blackout bei Twitter
Nur bei der endgültigen Auflösung war die Ruhr-Uni etwas spät dran: Knapp zwei Stunden, nachdem die Stadtwerke die beschädigten Kabel am Donnerstag Vormittag reparierte, meldete die RUB auf ihrer Seite beim Kurznachrichten-Dienst Twitter im Internet: „Endlich wieder Strom.“ Versehen hatte die Uni die Meldung mit dem Hashtag „#RUBstromausfall“.
Auf klassische Kommunikationswege hat die Uni beim größten Blackout ihrer Geschichte auch zwangsweise verzichten müssen, schließlich waren Rechner und Telefone ausgefallen. Also wurde über das Soziale Netzwerk Facebook und vor allem über Twitter versucht, Betroffenen zu erreichen. Mit Erfolg: Kurz nach Auftreten der Störung Mittwoch folgte der Tweet: „Stromausfall! Wir haben bisher keine Infos, welche Bereiche betroffen sind und wo das Problem liegt.“ Das anschließende Versprechen „Wir bleiben dran“ hielt die Uni ein. Die Schließung der Parkhäuser, die Evakuierung der Bibliothek, die Bildung eines Krisenstabs, alles nachzulesen in dem Kurznachrichtendienst.
„Frei. Ja. So macht Uni Spaß“
Derweil machte der Hashtag „#RUBstromausfall“ in dem Netzwerk die Runde. „Frei. Ja. So macht Uni Spaß“, freute sich ein Nutzer. „Heute früher Feierabend dank #RUBstromausfall. Es gibt Schlimmeres bei dem Wetter“, sekundierte eine Mitarbeiterin der Uni. Nicht zuletzt ist Lob zu lesen über die schnelle Reaktion der Hochschule bei ihren Social-Media-Auftritten. Allein bei Twitter stellte die Uni nach dem Ausfall über 25 Beiträge ein.
Nachdem die Störung auch am Donnerstagmorgen noch anhielt, schrieb die Uni um 8.40 Uhr: „Der Lehrbetrieb ist für heute offiziell eingestellt. Bleibt zu Hause!“ Natürlich war auch diese Meldung mit „#RUBstromausfall“ verschlagwortet und mit einem weiteren Hashtag versehen: „#stromfrei“. Der macht als nächstes die Runde im Netz. „Das bringt mich trotz allem zum Schmunzeln“, schreibt eine Studentin auf ihrer Twitter-Seite. Dabei sind diese beiden Tage eigentlich ein „#ausnahmezustand“ gewesen.
Weitere Infos und Nachrichten rund um den Stromausfall
Hochschule Bochum nimmt Lehrbetrieb auf
Der Stromausfall betraf am Mittwoch und Donnerstag auch die Hochschule Bochum. Dort beschloss Kanzlerin Dr. Christina Reinhardt relativ schnell, nachdem auch dort die Gebäude evakuiert worden waren, den Betrieb für den Rest-Mittwoch und den Donnerstag ganztägig komplett einzustellen. Alle Vorlesungen, Seminare und Übungen fielen aus. Am Freitag wird, nachdem der Strom wieder fließt, auch an der Hochschule der Lehr- und Forschungsbetrieb in vollem Umfang wieder aufgenommen.
Parkhäuser auf dem Campus blieben geschlossen
Die Parkhäuser auf dem Campus blieben am Donnerstag aus Sicherheitsgründen geschlossen. Die Studierenden wurden gebeten, in der Umgebung zu parken oder mit dem öffentlichen Nahverkehr anzureisen. Die Aufzüge wurden im Laufe des Vormittags wieder in Betrieb genommen. Ein barrierefreier Zugang des Campus konnte aber nicht gewährleistet werden.
Bochumer Fenster war normal geöffnet
Die Veranstaltungen und Prüfungen auf dem Campus fielen am Donnerstag allesamt aus. Anders verhielt es sich mit den Veranstaltungen, die nicht direkt auf dem Campus beheimatet sind. Also z.B. die im Bochumer Fenster, Blue Square oder im Uni-Forum. Sie fanden wie geplant statt. Weiterhin galt aber: Da es sich um eine Ausnahmesituation handelt, gelten Ausnahmeregelungen. Wer nicht zur Uni kam, muss keine Nachteile befürchten. Die Mailserver funktionierten weitestgehend. Im Zweifelsfall sollten die Studierenden ihren Dozenten kontaktieren.
„Großes Glück gehabt“: QVC blieb am Netz
Knapp einem Totalausfall entging der TV-Verkaufssender QVC. Das Callcenter an der Lise-Meitner-Allee war vom Stromausfall auf dem benachbarten Uni-Campus nicht betroffen. „Wir hatten offenbar großes Glück“, atmete eine Sprecherin am Donnerstag auf. In Querenburg beschäftigt QVC 800 Mitarbeiter. Zwar wäre es technisch möglich gewesen, einige der täglich insgesamt 70 000 Bestellungen auf das zweite Callcenter in Kassel umzuleiten. Gleichwohl wären bei einem derart langen Ausfall wohl erhebliche finanzielle Einbußen zu befürchten gewesen.
Hintergrund: Warum hat es nur die Ruhr-Uni getroffen?
Warum sind die gesamte Ruhr-Universität und die Hochschule von dem Stromausfall betroffen?
Beide werden von einer Mittelspannungsleitung versorgt, die vom Umspannwerk Laer bis zum Einspeisepunkt Am Kalves läuft und die den Strom mit 30.000 Volt transportiert. Vom Kalves aus erfolgt die Versorung der einzelnen Gebäude mit geringerer Spannung. Beide Leitungen werden permanent genutzt. Fällt eine aus, fließt der gesamte Strom übergangsweise allein durch die andere Leitung. Dass beide Leitungen gleichzeitig einen Defekt haben, ist nach Auskunft der Stadtwerke sehr ungewöhnlich.
Gab es außer Ruhr-Uni und Hochschule noch weitere betroffene Einrichtungen, Unternehmen oder Privat-Haushalte?
Nein. Versorgt werden über die betreffende Leitung die Ruhr-Universität inklusive des MA-Gebäudes; nicht aber das ehemalige MB-Gebhäude (Grönemeyer-Institut) und das Biomedizin-Zentrum, die beide separat versorgt werden, sowie die Hochschule Bochum.
Die Stadtwerke haben die Leitung 1991 übernommen
Warum hängen so große Einrichtungen allein an diesen beiden Leitungen?
Die Mittelspannungsleitungen werden normalerweise in Ringen aufgebaut und erstrecken sich maschenartig über das Stadtgebiet. Es gibt zwei Leitungen. Ist eine außer Betrieb, kann die Versorgung aus der anderen Richtung erfolgen. „Das ist der Standard“, so Stadtwerke-Netz-Geschäftsführer Holger Rost. Die betreffende, defekte Leitung indes ist nicht in das Maschen-System integriert. 1967, als sie errichtet wurde, hat sich der damalige Netzbetreiber entschieden, „in einer Trasse zwei Parallelkabel anzulegen“, so Rost. Die Stadtwerke haben die Leitung 1991 übernommen. „Würde man es heute planen, würde man es nicht so tun.“
Welche Ursache hat der Defekt?
Dazu gibt es erste Überlegungen. Die Stadtwerke selbst haben in jüngster Zeit an dem betreffenden Abschnitt nicht gearbeitet. Ob andere Versorger in der Nähe tätig werden, darüber gebe es noch keine Erkenntnisse. „In jeder Stadt gibt es viele Tiefbauaktivitäten“, so Holger Rost. „Straßenbau, Kanalbau, Infrastruktur. Wir sind auch nicht die einzigen Stromnetzbetreiber, außerdem gibt es Gas, Wasser. Wenn irgendwo was gebaut wird, trifft man auf Leitungen anderer Betreiber. Aber das ist eine Mutmaßung.“ In den nächsten Tagen sollen die ausgetauschten Kabelstücke und die Muffen genauer untersucht werden. Das soll Erkenntnisse bringen.
2000 Kilometer Mittelspannungskabel
Ist eine Konsequenz aus dem Vorfall, dass die defekte Leitung in das „Maschensystem“ aufgenommen werden muss, um einen Vorfall wie diesen künftig zu verhindern?
Die Stadtwerke verweisen auf die noch ausstehende Fehleranalyse.
Wie viele Mittelspannungskabel gibt es in der Stadt?
Es gibt 2000 Kilometer Mittelspannungskabel und 1400 Stationen, davon 1100 Netzstationen.
Wie wurde die Schadensstelle genau lokalisiert?
Es wird auf das Kabel ein Impuls gegeben mit einer gewissen Frequenz. Diese Welle wird reflektiert von der Stelle, an der das Kabel unterbrochen ist. An den Messgeräten lässt sich ablesen, wie weit es vom Ausgangspunkt, in diesem Fall dem Umspannwerk, bis zum Reflektionspunkt ist. Man sieht eine Entfernung und kann die Stelle auf einer Karte erkennen. Um sie ganz genau lokalisieren zu können, wird mit höherer Spannung ein weiterer Impuls gesetzt. Die Muffe am Reflektionspunkt fängt an zu vibrieren und ist so genau zu orten.
Die erste Stromleitung war morgens repariert
Was wurde repariert?
Ein gut zehn Meter langes Stück der beiden jeweils drei-adrigen Leitungen wurde gekappt und ausgetauscht, verbunden werden die Teile mit Muffen.
Wie schnell konnten Ruhr-Uni und Hochschule am Donnerstag wieder ihren Betrieb aufnehmen?
Die erste Stromleitung war morgens repariert. Nach einigen Messungen wurde sie nach und nach in Betrieb genommen. „Das ist ein mehrstufiger Prozess“, so Holger Rost von den Stadtwerken. Uni und Hochschulen haben dann die Gebäude nach und nach in Betrieb genommen.