Bochum. . Weil ein Koordinator fehlt, kann die Stadt zahlreiche Freiwillige noch nicht an die Hilfsbedürftigen vermitteln. Das soll noch mehrere Wochen dauern.
Die Zahl der Flüchtlinge in Bochum hat sich im vergangenen Jahr auf circa 1200 Menschen mehr als verdoppelt. Dementsprechend groß ist auch der Bedarf an freiwilligen Helfern, die sie für die Neuankömmlinge einsetzen, ihnen zur Seite stehen. Neben Unterkunft und einer gesicherten Grundversorgung benötigen die Flüchtlinge vor allem Unterstützung bei alltäglichen Problemen, damit eine schnelle Integration zu gewährleistet werden kann.
Genau diese Hilfe haben Michaela Charlé und ihr Mann Gerd Beiderbeck am 20. September der Stadt angeboten – vergeblich. „Ich spreche fließend Französisch und Englisch und hätte gerne eine Art Patenschaft für eine Familie übernommen“, erzählt Michaela Charlé von ihrer Anfrage bei der Bezirksverwaltungsstelle Süd. Die leitete das Anliegen zwei Tage später an das Amt für Soziales und Wohnen weiter. „Seitdem habe ich in dieser Angelegenheit nichts mehr gehört“, ärgert sich die verhinderte Helferin.
Mehrere Hilfsangebote pro Woche beim Sozialamt
Mit ihrem Problem ist Michaela Charlé nicht allein. Beim Amt für Soziales und Wohnen gehen pro Woche mehrere Nachfragen und Hilfsangebote ein, die in einer Liste erfasst werden, bestätigt Stadtsprecherin Barbara Gottschlich auf WAZ-Anfrage. „Solange es noch keinen Koordinator für die Flüchtlingsarbeit gibt, können all diese Hilfsangebote aber nicht bearbeitet werden. Das übrige Personal ist damit ausgelastet, erst einmal die grundlegenden Bedürfnisse der Flüchtlinge wie Unterkunft und Versorgung sicherzustellen.“
Die trotz des engen Haushaltsbudgets neu geschaffene Stelle „Koordination Ehrenamt“ sei inzwischen im Rat bewilligt worden und soll nun ausgeschrieben werden, sagt Gottschlich. „Durch den Ausschreibungsprozess wird es aber noch mindestens einige Wochen dauern, bis der Koordinator seine Arbeit aufnehmen kann“, so Barbara Gottschlich. Gleiches gelte für die zweite Stelle „Koordination Unterbringung und sozialarbeiterische Betreuung“. Zusätzlich sollen zu den vorhandenen sechs Sozialarbeitern 3,5 neue hinzu kommen, um die vorhandenen Kollegen zu entlasten. Ein Sozialarbeiter soll dann künftig nur noch für rund 100 Flüchtlinge zuständig sein, statt wie bislang für rund 200.
Trotz der Zusage auf Besserung ist Michaela Charlé vom Amt für Soziales und Wohnen enttäuscht. „Ich hatte in meiner Anfrage auch gebeten, mich gegebenenfalls an eine der Hilfsorganisationen zu vermitteln. Das kann doch nicht soviel Arbeit machen“, findet sie. Ihre Hilfe wolle sie aber weiter anbieten, sagt sie. Das Engagement könnte dringend gebraucht werden: Die Stadt geht fest davon aus, dass weitere Flüchtlinge nach Bochum kommen werden. Wann und wie viele, entscheide sich aber immer erst kurzfristig.
Warum die Hilfe für Flüchtlinge im Bochumer Norden gut funktioniert
Wie gut ehrenamtliche Arbeit für Flüchtlinge funktionieren kann, zeigt sich im Bochumer Norden. Seit einigen Wochen wohnen in der Unterkunft am Harpener Hellweg die ersten Neuankömmlinge. Bis zu 160 sollen es werden. Christoph Husemeyer sprach mit Heinrich Donner (SPD), Bezirksbürgermeister Nord, der in Eigeninitiative die Hilfe für die Flüchtlinge koordiniert.
Wie wurden die Flüchtlinge im Norden aufgenommen?
Heinrich Donner: Bislang sehr positiv. Wir haben die Bevölkerung frühzeitig über ihr Kommen informiert. Die Hilfsbereitschaft der Bürger ist sehr groß. In meiner Liste führe ich rund 40 dauerhafte Helfer, die sich nach meinem Aufruf gemeldet haben.
Wie sieht die Hilfe für die Flüchtlinge konkret aus?
Donner: Das sind zunächst Spenden, die beim Förderverein Bürgerzentrum Amtshaus Harpen abgegeben werden können. Aber auch Hilfe bei Behördengängen sowie Betreuungsangebote von Kunst bis Sport. Zuletzt haben wir für einige Kurden Kontakt zu einer Deutschlehrerin hergestellt, die nun Sprachkurse gibt.
Warum haben Sie selbst die Koordination übernommen?
Donner: Ich bin selbst aktiv geworden, weil das Sozialamt die Flüchtlingshilfe noch nicht selbst koordiniert. Daher läuft die Arbeit derzeit über private Organisationen, Verbände und Vereine in Abstimmung mit den Sozialarbeitern. Jeder Freiwillige hilft uns bei unserer Arbeit weiter.