Bochum. Fünf Mönche des Stiepeler Zisterzienserklosters unternahmen eine Grubenfahrt auf der Zeche Auguste Victoria. Erkenntnis: Gott ist auch unter Tage.

Hier unten könnte sie irgendwo sein. Über 1200 Meter unter der Erde. Lärmumtost. Düster. Schweißtreibend. Doch Gedanken an die Hölle lassen die Ordensbrüder nicht zu. Auch tief im Schlund von Mutter Erde fühlen sie sich dem heiligen Vater verbunden. Dabei waren sie allesamt nie zuvor unter Tage, die Mönche des Zisterzienserklosters bei ihrer Grubenfahrt im Bergwerk Auguste Victoria.

Es sind fünf mutige Ordensbrüder, die die rasante Reise auf Schacht 8 antreten. „Der Rest hat sich nicht getraut“, schmunzelt Pater Pirmin Holzschuh, Vorsteher der insgesamt 14 Mönche in Stiepel, die die RAG zu der Grubenfahrt eingeladen hat. Für die Glaubensgemeinschaft ein ganz besonderes Ereignis: „Exkursionen sind bei uns sehr selten. Zuletzt waren wir bei Thyssen Krupp. Aber das ist schon einige Jahre her“, berichtet Prior Pirmin.

Kumpel und Kutten

Glückauf: Kumpel treffen auf Kutten, als Pater Pirmin, Markus, Emanuel, Alban und Gabriel im schwarz-beigen Habit am Werkstor vom RAG-Besuchsdienst in Empfang genommen werden. Fast täglich fahren Gäste ins Bergwerk ein. Mönche sind eine Rarität. Dabei sind die tiefgläubigen Männer durchaus technikaffin. Zum Beispiel Pater Markus (60), der im früheren Leben Ingenieur war und beim Einführungsvortrag besonders an den technischen Details der Kohlegewinnung interessiert ist.

Heiligabend-Messen in der Klosterkirche

Die Zisterzienser-Mönche gestalten Heiligabend wieder stimmungsvolle Gottesdienste in der Stiepeler Klosterkirche.

Um 16.30 Uhr beginnt eine Kinderchristmette. Es folgen um 18 Uhr die Weihnachtsvesper und – als festlicher Höhepunkt – um 23 Uhr die Christmette.

www.kloster-stiepel.org

2000 Mitarbeiter (es waren mal über 10.000) sind noch auf Auguste Victoria beschäftigt. Drei Millionen Tonnen beste Steinkohle wurde in diesem Jahr gefördert – meist für Kraftwerke. Im Dezember 2015 ist in Marl Schicht am Schacht. Wer nicht in die Anpassung geht, wechselt auf die dann letzte Revierzeche Prosper Haniel in Bottrop, wo 2018 das Ende des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland eingeläutet wird. Für die RAG bleiben dann nur noch „Ewigkeitsaufgaben“ zu erledigen – ein Begriff, der den Stiepeler Mönchen durchaus vertraut ist. . .

Seilfahrt dauert eineinhalb Minuten

Von der grauen Unterwäsche bis zum Filterselbstretter komplett bergmännisch eingekleidet und ausgerüstet, rasen die Ordensbrüder im Förderkorb abwärts. Bei 43 Stundenkilometern in der Spitze dauert die Seilfahrt in 1200 Meter Tiefe gerade mal eineinhalb Minuten. Ausstieg durch die knarrende Eisenpforte. Hinein in die kunstbeleuchtete Unterwelt, die anfangs durchaus kommod erscheint. 24 Grad. Ausgeklügelte Belüftung. Großzügig ausgebaute Stollen. Kein Problem für die wackeren und wissbegierigen Glaubensbrüder aus dem Bochumer Süden.

In der Dieselkatze ist es mit der Bequemlichkeit vorbei. Die Unter-Tage-Schwebebahn macht einen geradezu infernalischen Lärm, malträtiert das Rückgrat. Der Anblick, der sich nach der Tort(o)ur bietet, entschädigt für alles: Die Mönche sind direkt vor Kohle. Furchteinflößende, schaufelradgleiche Walzenschrämlader fräsen das Schwarze Gold aus dem Gestein. Minuten, die wirken, faszinieren, bleiben.

„Die Bewunderung für die harte Arbeit unter Tage ist nochmals gestiegen“, sagt Pater Pirmin zum Abschluss und lobt den Zusammenhalt der Kumpel. „Gott“, sagt der Vorsteher, „ist auch hier unten.“

Wenn es sie denn gibt, muss die Hölle irgendwo anders sein.