Bochum. In der TFH Georg Agricola wurden früher geologische Fundstücke ausgestellt. Gleichzeitig genossen Bergleute dort ihre Ausbildung – mit ganz anderen Lehrmethoden als heute. Eine Sonderausstellung war auf Spurensuche

Heute sind die Hörsäle der Technischen Fachhochschule Georg Agricola (TFH) kahl und weiß – „charakterlos“ findet sie Geologieprofessor Thomas Kirnbauer. So war es nicht immer. Vom Ersten Weltkrieg bis 1972 befand sich das „Geologische Museum des Ruhrbergbau“ in der heutigen TFH. Über 650 Quadratmeter waren bunte Gesteine, Ganzkörper-Fossilien oder tektonische Karten ausgestellt. „Viele wissen gar nicht, in was für Sälen sie sich hier befinden“, so Kirnbauer. Deswegen hat der Geologe in einer einmaligen Führung auf einer historischen Spurensuche durch die TFH eingeladen.

Das geologische Museum wurde betrieben von der Westfälischen Berggewerkschaftsklasse, welche bis 1990 ihren Sitz in der heutigen TFH hatte. Hier wurde geforscht und der bergmännische Nachwuchs ausgebildet. Die Ausstellungsstücke galten also auch als Lehrmaterial, und werden bis heute von Kirnbauer benutzt – sofern sie noch vorhanden sind. Es ist nur noch „ein trauriger Rest“ übrig, wie der Geologe es formuliert, Der Großteil davon befindet sich in Vitrinen im Hörsaal der Geologische Sammlung – einer der wenigen Räume, die noch keinen Weißanstrich bekommen haben.

Forschung greifbar machen

Museum öffnete trotz Weltkrieg

Viele Sammelstücke des ehemaligen Museums sind heute im Bergbaumuseum untergekommen, andere sind verschwunden oder in den Weltkriegen zerstört worden.

Der erste Trakt des Museums wurde im Ersten Weltkrieg für die Öffentlichkeit geöffnet. Jeden Mittwoch war die Ausstellung von 15 bis 17 Uhr geöffnet.

Mehr über Paul Kukuk und die Arbeit der Westfälischen Berggewerkschaftsklasse lässt sich an einem Filmabend im Bergbau-Museum erfahren. Am Donnerstag, 15. Januar 2015, beleuchten drei Filme aus drei verschiedenen Genres, unterschiedliche Perspektiven der Bergbauarbeit. Mehr Infos unter 5877 126.

Kirnbauers größter Schatz unter dem Rest: ein dreidimensionales Kartenmodell aus 1949, dessen Bodenschichten elektronisch ausfahrbar sind. Das Modell steht heute im Flur der obersten Etage. „Das ist besser als jede Computersimulation“. Aber es sind nicht nur einzelne Sammlerstücke: Das ganze Museum sei in Sachen Didaktik fortschrittlich gewesen. Die Brüder Paul und Willi Kukuk – der eine Geologe, der andere Künstler – gestalteten die Ausstellungsräume gemeinsam. Künstler Willi stellte auf impressionistischen Wandgemälden dar, woran sein Bruder geforscht hatte. Malereien von Kreidelandschaften paarten sich mit geologischen Fundstücken. Die Kunst machte die Forschung greifbar.

„Eine solche Visualisierung hilft enorm bei der Arbeit“, sagt auch Henning Hintze, der Rohstoff-Ingenieurwesen studiert und als einer von zwei Studenten die Sonderführung begleitete. „Aber im Bergbau schwelgt man oft in Nostalgie.“ Wenn Thomas Kirnbauer sagt, dass man in der Bergschule „ein Niveau hatte, das man heute nicht mehr einfordern kann“, dann sieht der Student das anders. „Wir haben heute andere Prioritäten, wie Informatik, Management oder Recht.“

An Fundstücken kritzeln

Thomas Kirnbauer aber wünscht sich am liebsten die alte Zeit zurück, eine Zeit, in der man Gestein noch leckte, um es zu identifizieren. „Die Studenten von heute weigern sich oft“, sagt er und lacht laut. Dafür kritzeln sie nicht an Fundstücken herum: Kirnbauer holt ein Stück Steinkohle aus 1952 aus einer Vitrine. Darin eingraviert: „„Wünsche den Nachfolgern einen guten Abschluss“ – na dann, Glückauf!