Bochum. . Mit dem letzten Zafira endet in Bochum eine Ära. Die Mitarbeiter sind enttäuscht und haben sich resigniert mit dem Ende des Standortes abgefunden.
„Es ist das Ende einer Ära.“ Diesen Satz sagen viele Opelaner, die am Freitagmorgen ihre Frühschicht antreten. Einige sind wütend, andere ernüchtert und enttäuscht. Stumm gehen sie zum Werkstor und beginnen ihre letzte Schicht im Bochumer Werk. Nach 52 Jahren Opel in Bochum steht die Produktion nun endgültig still.
Der letzte Zafira aus Bochum rollte in der Nachtschicht bereits gegen halb eins vom Band. Er war anthrazit, sagt ein Mitarbeiter. Seine Kollegen hätten gejubelt. „Es war aber mehr ein Spottjubel“, erklärt ein 22-jähriger Mitarbeiter. Viele Kollegen hätten Fotos gemacht. Danach konnte die Nachtschicht nach Hause gehen, einige Stunden früher als üblich.
"Wir müssen für Rüsselsheim bluten"
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„Ich bin sehr traurig, dass unser Werk schließt. Wir müssen für Rüsselsheim und andere Standorte bluten. Wir wurden kaputt gespart“, sagt Hans Skopek. Der 55-Jährige kommt, wie 2700 weitere Mitarbeiter, ab dem 8. Januar in eine Transfergesellschaft, die ihm bei der Jobsuche helfen soll. Auf dem riesigen Werksgelände bleibt nur ein Ersatzteillager des Autokonzerns mit insgesamt 700 Beschäftigten. Zu Spitzenzeiten arbeiteten über 22.000 Menschen bei Opel in Bochum.
Hans Skopek gehörte zu den treuesten Opelanern. 40 Jahre lang hat der Energieanlagenelektroniker für den Konzern gearbeitet. „Zu Beginn lief alles sehr gut, aber in den letzten zehn Jahren haben wir gelernt, uns ein dickes Fell zuzulegen. Wir konnten uns lange genug darauf einstellen, dass es heute zu Ende geht“, sagt Skopek. Der 55-Jährige ist verheiratet und hat einen 16-jährigen Sohn. Auch seine Frau hätte mit der Zeit eine gewisse Gelassenheit gelernt. Er selbst denkt über eine Umschulung nach. Sollte er keinen passenden Job finden, käme für ihn die Altersbrücke in Frage.
Opel-Aus stellt Bochum vor Probleme
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Für Bochum ist das Opel-Aus ein schwerer Schlag. Mit aktuell 9,4 Prozent Arbeitslosenquote leidet die Stadt unter überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit. Rund die Hälfte der Opel-Beschäftigten wohnt in Bochum selbst. Deshalb ist mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen.
"Es ist nicht einfach, das Gebäude zu betreten. Aber ich denke, die Belegschaft hat bis zu letzt gekämpft und wir können erhobenen Hauptes nach Hause gehen“, sagt Opel-Mitarbeiter Stefan Reichelt. Der 39-Jährige arbeitet in der Wagenendmontage. Er selbst habe mit einigen Kollegen Telefonnummern ausgetauscht und viele gemeinsame Fotos gemacht.
Werkaus war schon länger im Gespräch
Auch Antonio Gonzalez wird seine Kollegen vermissen: „Wir haben uns jeden Tag gesehen, es ist ja schon wie bei einer kleinen Familie.“ Der 48-Jährige ist verheiratet und hat sechs Kinder. Der Kolonnenführer Logistik hat mit dem Kapitel Opel aber abgeschlossen: „Wir hatten lange genug Zeit, uns auf den Tag einzustellen.“
Schon 2004 hatte der Opel-Vorstand öffentlich über eine mögliche Schließung des Werks nachgedacht. Damals konnte das Aus noch gestoppt werden. Doch im Dezember 2012 verkündete Opel-Vorstandschef Sedran das Ende für den Standort im Revier.
"Das leben ist nicht nur Opel"
Als Antonio Gonzalez seinen Vertrag vor 26 Jahren unterschrieb dachte er noch, jetzt müsse er sich nie wieder in seinem Leben Gedanken um einen neuen Job machen. „Und jetzt überlege ich, ob ich mich zum Lagerfachkraftsausbilder umschulen lasse. Da bekäme ich aber etwa 500 Euro weniger im Monat.“ Natürlich sei es momentan eine schwere Zeit, aber „das Leben ist nicht nur Opel“, sagt der 48-Jährige.
Andere Opelaner teilen seinen Optimismus nicht. Enttäuscht laufen sie über den Parkplatz.„Meine Existenz ist zerstört“, sagt Mike Szczeblewsk. Bereits sein Vater arbeitete für Opel. „Wir hätten nie gedacht, dass es soweit kommt.“ Szczeblewsk ist sich nicht sicher, ob seine internen Fortbildungen auch von anderen Firmen anerkannt werden. Wenn nicht, dürfte er es bei der Jobsuche schwer haben.
Auch Güler Nihat (42) ist enttäuscht, der dreifache Vater gehört zu den wenigen, die den Sozialtarifvertrag nicht unterschrieben haben. „Sollte ich eine Kündigung bekommen, klage ich“, sagt er und macht sich auf zu einer seiner letzten Schichten.