Bochum. Nach dem Spiel versammelten sich die Spieler des VfL Bochum vor der Ostkurve. Sie mussten sich ein paar Sätze von den Fans anhören.

Nach dem Spiel hallten laute Gesänge durch das Bochumer Ruhrstadion, die schon die Derbywoche vor der Partie am kommenden Freitag bei Borussia Dortmund einläuteten. Es waren die üblichen niveaulosen Rufe, die vor solch emotionalen Spielen die Runde machen. Und dennoch waren sie ein klarer Auftrag in Richtung Mannschaft des VfL Bochum, die gerade nur 2:2 gegen Holstein Kiel spielte und dabei vor allem spielerisch über weite Strecken der Partie enttäuschte.

Zuvor holten sich die Spieler von Trainer Peter Zeidler die eine oder andere Schelte, aber auch aufmunternde Sätze am Zaun bei den Ultras der Bochumer vor dem nun noch wichtigeren Derby ab. „Sie haben gesagt, dass es unnötig war, das Spiel zu aus der Hand zu geben“, sagte Vize-Kapitän Philipp Hofmann. „Es waren aber auch motivierende Worte für den kommenden Freitag dabei“, so der Stürmer, der den zwischenzeitlichen Führungstreffer durch Lukas Daschner auflegte.

Hofmann: Derby? „Es ist ein geiles Spiel“

Als wäre das Spiel gegen den großen Nachbarn nicht schon emotional genug, ihm kommt nun auch noch mehr Bedeutung entgegen. Der VfL Bochum hat mit nur einem Punkt aus vier Pflichtspielen und dem Aus im DFB-Pokal beim Zweitliga-Schlusslicht Jahn Regensburg, der seitdem alle Partien ohne eigenen Treffer verloren hat, einen klassischen Fehlstart hingelegt.

Kapitän und Vizekapitän hörten genau hin: Anthony Losilla (vorn) und Philipp Hofmann.
Kapitän und Vizekapitän hörten genau hin: Anthony Losilla (vorn) und Philipp Hofmann. © Ralf Ibing/firo Sportphoto | Ralf Ibing

„Es ist ein geiles Spiel, 20.30 Uhr beim kleinen Nachbarn“, sagte Hofmann mit einem Seitenhieb in Richtung Dortmund. „Wir wollen Dortmund versuchen zu ärgern. Es wird ein schweres Spiel, aber wir freuen uns alle drauf.“

Dabei steht in Dortmund für den VfL Bochum bereits eine Menge auf dem Spiel, bei einem erneut schwachen Auftritt und einer weiteren Pleite dürften die Rufe nach Veränderungen größer werden.

Und der Nachbar hat nach der derben 1:5-Klatsche beim VfB Stuttgart am Sonntag etwas wiedergutzumachen. Es droht ein heikles Spiel für den VfL, der unter Trainer Peter Zeidler bislang in den Pflichtspielen maximal in Ansätzen an die Leistungen aus der Vorbereitung anknüpfen konnte. Immer wieder dieselben Fehler wiederholen sich, das aggressive Gegenpressing, das so elementar für Zeidlers Spielidee ist, funktioniert nur über wenige Strecken. Wenn die erste Pressinglinie überspielt ist, brennt es lichterloh. Dass RB Leipzig, Borussia Mönchengladbach, der SC Freiburg, Holstein Kiel und selbst Zweitligist Jahn Regensburg auf diese Weise zu teils hochkarätigen Torchancen und gar Treffern kamen, kommt nicht von ungefähr.

Die Spieler des VfL Bochum mussten sich Kritik gefallen lassen von den Anhängern.
Die Spieler des VfL Bochum mussten sich Kritik gefallen lassen von den Anhängern. © dpa | David Inderlied

Mit Karim Adeyemi und Jamie Gittens verfügt der BVB über zwei Spieler, die diesen Platz hinter der Pressinglinie gnadenlos mit ihrer Geschwindigkeit ausnutzen können. Wenngleich eben jene Dortmunder Hoffnungsträger am Wochenende in Stuttgart einen noch schwächeren Auftritt aufs Feld brachten als die Bochumer im eigenen Stadion gegen Kiel. Für Zeidler und das Bochumer Trainer-Team dürfte die 1:5-Pleite der Borussia bestes Video-Material geboten haben, um den BVB am Freitag vor Probleme stellen zu können.

VfL Bochum: Ist Ivan Ordets schon bereit für das Comeback?

„Wir müssen eine gute Balance finden, wann wir vorn draufgehen und wann wir den Gegner kommen lassen“, forderte Bochums Mittelfeldspieler Lukas Daschner noch nach dem Remis gegen Kiel. In Dortmund wird dies umso wichtiger sein. Gut möglich, dass Innenverteidiger Ivan Ordets nach seiner Schulterwoche bereits im Westfalenstadion sein Comeback geben wird. Seine kompromisslose Spielweise und seine Abgeklärtheit könnten der wackeligen Bochumer Defensive wieder Stabilität verleihen, zumal Erhan Masovic gegen Kiel klare taktische Anweisungen missachtete. Alternativ könnte Tim Oermann eine Chance bekommen.

Unsortiert, ohne Plan: Der BVB ging gegen den VfB Stuttgart unter.
Unsortiert, ohne Plan: Der BVB ging gegen den VfB Stuttgart unter. © Sebastian El-Saqqa / firo Sportphoto | Sebastian El-Saqqa

Sorgen bereitet aber nicht nur die Defensive. Offensiv ist beim VfL Bochum derzeit viel Stückwerk. Zeidlers Ansatz ist es, „Chaos“, wie er es nennt, zu stiften, um dann mit starkem Gegenpressing den Weg vor das Tor zu finden. In den bisherigen Pflichtspielen ging das nur bedingt auf. Gut möglich, dass es aber gerade gegen einen wackeligen BVB zum Erfolg führen könnte. Der 1. FC Heidenheim, der FC Brügge in der Champions League und eben der VfB Stuttgart haben in der letzten Woche deutlich gemacht, dass die Dortmunder Spieler Mühe haben, sich aus Drucksituationen zu befreien.

Vor gut zwei Jahren im ersten Jahr nach dem Aufstieg konnte der VfL Bochum in Dortmund durch einen Auswärtssieg den Klassenerhalt feiern, danach gab es aber zwei Niederlagen (0:3, 1:3) im Signal Iduna Park. Nun wird es für Bochum darum gehen, dort mit aller Macht mindestens einen Punkt zu holen. Denn in der Woche danach kommt der VfL Wolfsburg, danach ist erst einmal wieder Länderspielpause. In diese schlimmstenfalls nur mit einem Punkt zu gehen - das würde spätestens auch intern eine große Trainerdiskussion entfachen. Am Samstag wurde diese noch abgewehrt, Sportdirektor Marc Lettau stärkte Zeidler den Rücken.