Bochum. VfL Bochums Niklas Jahn trainiert viel, erhält Lob - aber spielt nicht. Noch nicht? Wie der 20-Jährige und Sportdirektor Lettau die Zukunft sehen.

Manchmal greift eben doch ein altes Fußballergesetz in einer Herrenmannschaft. Als es am verregneten Mittwochvormittag darum ging, die noch fehlenden Bälle in den Gebüschen rund um den Leichtathletik-Platz am Ruhrstadion zu suchen, waren die jungen Burschen des VfL Bochum gefragt. Wie Niklas Jahn.

Dabei ist es der Ende Juli 20 Jahre alt gewordene Mittelfeldmann gewohnt, länger auf dem Platz zu sein - aber nicht (nur), um aufzuräumen oder Bälle einzusammeln. Häufig sieht man Niklas Jahn mit Noah Loosli, mitunter auch anderen VfL-Profis wie Moritz Broschinski nach dem Abpfiff der Einheit noch bei Pass- und Schussübungen – Jahn legt gerne Zusatzschichten ein.

Bochums Jahn legt Zusatzschichten auch im Kraftraum ein

„Noah, aber auch einige andere ticken so ähnlich wie ich“, sagt das Talent des VfL lachend. „Ich bin grundsätzlich ein Spieler, der sehr viel an sich arbeitet, auch neben dem Platz, beispielsweise im Kraftraum“, sagt der Neuzugang, der schon zu Beginn der Vorbereitung bei der Leistungsdiagnostik bessere Werte aufwies als viele Kollegen. „Aufgrund meines Körpers kann ich weniger mit meiner Größe in den Zweikämpfen punkten. Da ist es besonders wichtig, dass man stabil ist, Kraft hat, immer ein hohes Tempo gehen zu können.“

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1,72 Meter misst Jahn nur, er kam im Sommer vom 1. FC Nürnberg II. Oft trainierte er bei den Nürnberber Profis mit, war acht Mal im Zweitliga-Kader, blieb dort aber ohne Einsatz. Stammspieler war Jahn in der Regionalliga beim FCN II – ein Drei-Klassen-Unterschied zur Bundesliga, zum VfL.

Bochumer Talent: Im Pokal im Kader, in der Bundesliga nicht

Seine aggressive, laufintensive Spielweise haben den VfL um Sportdirektor Marc Lettau aber davon überzeugt, dass er sich beim VfL auch in der Bundesliga durchsetzen kann. Zeit und Geduld spielen dabei eine große Rolle. Bringt Jahn die mit?

„Geduld gehört im Fußball dazu, auch wenn es nicht immer so einfach ist“, sagt Jahn, der bevorzugt im Mittelfeldzentrum auf der Sechs oder Acht agiert. Keine Trainingssekunde hat er verpasst, die komplette Vorbereitung durchgezogen, in den Testspielen teilweise überzeugt. Im Pokalspiel in Regensburg zählte er zum Kader – doch bei den ersten beiden Bundesliga-Spielen in Leipzig und gegen Mönchengladbach schaffte er es nicht ins Aufgebot.

Jahn selbstbewusst: „Nah dran“ am Bundesliga-Kader

„Eine gewisse Enttäuschung ist natürlich da. Ich will zeigen, was ich kann. Aber ich habe immer ein gutes Feedback bekommen von den Mitspielern, vom Trainer, von den Verantwortlichen. Ich habe eine gute Vorbereitung absolviert, bin hier gut aufgenommen worden von den Jungs“, sagt Jahn und gibt sich so selbstbewusst wie optimistisch: „Ich denke, ich bin nah dran am Kader.“

Viel Rückendeckung erhält er auch von VfL-Sportdirektor Marc Lettau, der mit der Entwicklung von Jahn zufrieden ist. „Er ist voll integriert, hat in der Vorbereitung einen positiven Eindruck hinterlassen und bestätigt, weshalb wir ihn verpflichtet haben“, sagt Lettau. „Er adaptiert von Woche zu Woche besser. Ich bin zuversichtlich, dass er es in absehbarer Zeit in den Bundesliga-Spieltagskader schafft und traue ihm die Bundesliga zu.“

Konkurrenz mit Miyoshi-Verpflichtung noch größer

Allerdings ist die Konkurrenz noch größer geworden. Mit dem Japaner Koji Miyoshi ist kurz vor Transferschluss ein weiterer Spieler hinzugekommen, der in den Kader, in die Startelf drängt. Auch wenn Miyoshi ein ganz anderer Typ ist als Jahn, weiter vorne anzusiedeln ist, sinken damit die Chancen auf Erstliga-Einsatzzeit für den jungen Neuzugang aus Bayern. „Niklas Jahn macht es gut“, sagt Trainer Peter Zeidler, und das „Aber“ muss man sich dann denken.

Drei zentrale Spieler sind derzeit gesetzt, vier weitere liegen vor Jahn

Mit Ibrahima Sissoko, Dani de Wit und Matus Bero sind derzeit drei international erprobte Spieler im besten Fußball-Alter in der Raute gesetzt. Die Automatismen fehlen noch, die Abstimmung. Zeidler benötigt Zeit und Geduld, um schon die Etablierten zu einer schlüssigen Einheit zu formen, die funktioniert, die punktet.

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Mit Anthony Losilla, Lukas Daschner, Koji Miyoshi kämpfen drei Spieler um den vierten Platz in der Startelf bei einer Raute, im 4-3-3 könnte Miyoshi auch über den Flügel kommen, könnte Daschner – wie gegen Mönchengladbach – zumindest als Joker den zentralen Stürmer spielen. Hinzu kommt Mats Pannewig. Von den jungen, ligaunerfahrenen Spielern hat der 19-jährige Pannewig, der bereits zweimal eingewechselt wurde, im Zentrum die Nase vorn.

Jahn zum U23-Einsatz für den VfL Bochum: „Ich gebe immer Vollgas“

Daher ist es durchaus wahrscheinlich, dass Jahn auch sein zweites Pflichtspiel nicht für die Profis, sondern für die U23 absolviert. Sein VfL-Debüt gab er gegen Concordia Wiemelhausen, als er 90 Minuten das Kunstrasenfeld an der Glücksburger Straße rauf und runterrannte beim 4:1-Sieg. U23-Trainer Heiko Butscher lobte ihn hinterher für seine herausragende Mentalität.

Für Jahn sind solche Einsätze in der fünften Liga kein Problem, eher eine Selbstverständlichkeit, auch wenn es nicht sein Ziel ist, (nur) in der Oberliga Spielpraxis zu sammeln. „Ich gebe immer Vollgas – egal, in welchem Team ich spiele. Das ist mein Anspruch an mich selbst und gehört sich auch den Mitspielern gegenüber so“, sagt er.

Leihe könnte im Winter Thema werden für Bochums Jahn

Noch mehr Motivation, so Jahn, will er daraus ziehen, wenn es nicht reicht für den Kader, für einen Einsatz bei den Profis, um „noch besser zu werden und die Chance zu nutzen, wenn ich sie bekomme“. Und zwar nicht nur in Testspielen wie gegen RW Essen am Donnerstag (14 Uhr, Ruhrstadion, unter Ausschluss der Öffentlichkeit), sondern auch in der Bundesliga, betont er.

Und wenn nicht? In diesem Sommer war eine Leihe des 20-Jährigen, der beim VfL einen Vertrag bis 2027 unterschrieben hat, kein Thema. Im Winter könnte sich das ändern, wenn Jahn den Durchbruch nicht schaffen sollte. „Wir werden sehen“, sagt Jahn selbst, „wie es sich entwickelt und schauen dann weiter.“ Noch ist die Zeit für derlei Gedanken nicht reif. Noch ist Geduld angesagt.

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