Bochum. Die Corona-Verluste haben dem VfL Bochum hohe Schulden beschert. Die Liquidität aber ist gesichert. Es gibt Spielraum für Wintertransfers.
Der VfL Bochum hat bei der virtuellen Mitgliederversammlung am Montagabend Rekordzahlen und eine positive Prognose präsentiert. Die Schulden aber sind aufgrund der coronabedingten Verluste enorm gestiegen. Die wichtigste Botschaft: Die Liquidität sei gesichert. Trotz tiefroter Zahlen blickt der Klub wirtschaftlich und sportlich optimistisch in die Zukunft.
1700 Mitglieder hatten sich angemeldet, 896 waren zugeschaltet, als Vereinsvorsitzender Hans-Peter Villis die zweite virtuelle Versammlung der Vereinsgeschichte eröffnete. „Das ist eine gute Quote“, so Villis.
Unterm Strich habe die wirtschaftlich entscheidende Profiabteilung, die VfL Bochum 1848 GmbH & Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), durch die Pandemie einen Verlust von acht Millionen Euro eingefahren, erklärte Ilja Kaenzig, der für die Finanzen zuständige Sprecher der Geschäftsführung.
Verlust fällt deutlich niedriger aus als im Vorjahr angenommen
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Positiv: Der im Vorjahr angenommene Verlust für die Meister-Saison in der 2. Liga fiel dank etlicher Rekordzahlen etwa bei den Mitgliedern (aktuell 17.726/rund 5.500 mehr als vor einem Jahr), treuer und mehr Sponsoren und mehr TV-Geld (ca. 16, 4 statt 13,7 Millionen Euro) um rund 2,5 Millionen Euro deutlich geringer aus als befürchtet. Am Ende stand ein Minus von rund 5,1 Millionen Euro – bei Erträgen in Höhe von 29,4 Millionen Euro und Kosten von 34,5 Millionen Euro.
Damit haben sich die Nettofinanzschulden um rund 6,35 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr auf rund 9,25 Millionen Euro erhöht. Das negative Eigenkapital beträgt zum Stichtag (30. Juni 2021) 5,45 Millionen Euro nach -350.000 Euro im Vorjahr. Vor zwei Jahren, also vor Corona, stand hier noch ein Plus von 2,8 Millionen Euro. Hans-Peter Villis betonte, dass „eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne nicht vorliegt“. Dies u.a. dank „stiller Reserven“ und langfristig gebundener Spieler.
Kaenzig: Alle Darlehen werden planmäßig zurückgeführt
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Gerettet haben den Verein neben eigenen Gegenmaßnahmen vor allem zwei im Frühling 2020 aufgenommene Kredite bei der KfW-Bank in einer Gesamthöhe von 6,8 Millionen Euro, die bis 2026 abbezahlt werden müssen. Alle Darlehen, versichert Kaenzig, würden planmäßig zurückgeführt.
Er sieht optimistisch in die Zukunft. Die Liquidität sei gesichert, bis 2024 sei alles durchfinanziert, ligaunabhängig. Lizenzrechtlich habe der VfL nichts zu befürchten aufgrund des negativen Eigenkapitals, das reduziert werden soll – bereits in diesem Geschäftsjahr auf minus eine Millionen Euro, so das Ziel.
VfL Bochum plant in dieser Saison mit einem Plus von 4,5 Millionen Euro
Denn der VfL plant in dieser Saison mit einem Plus von 4,5 Millionen Euro. Die Erträge steigen nach Plan in allen Bereichen – nach der Geister-Saison etwa beim Ticketing/Catering. Der VfL plant mit einem Schnitt von 22.000 Fans für die restlichen Heimspiele, „sofern es die Verordnungen erlauben“, betonte Kaenzig. Mit 15.600 verkauften Dauerkarten inklusive der VIP-Tickets hat der Klub einen neuen Rekord aufgestellt.
Großer Sprung beim TV-Geld - Spielraum für Wintertransfers - Zulj derzeit kein Thema
Den größten Sprung verbucht der VfL beim TV-Geld, das sich von rund 16 auf fast 32 Millionen Euro verdoppelt. Es könnte auch noch mehr werden, so Kaenzig. Es gebe Spielraum für Transfers im Winter, so Kaenzig. Und zwar „so viel wie nötig“, so Kaenzig auf Nachfrage eines Mitglieds schmunzelnd.
Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz erklärte, dass man je nach Verletzungsstand und Entwicklung nachlegen könnte, man die Augen immer offen halte. Das gelte auch für eine jüngst diskutierte Rückholaktion von Robert Zulj. Aber, so Schindzielorz recht deutlich: „Derzeit fehlt mir die Fantasie, wie das wirtschaftlich stemmbar sein soll.“
Insgesamt verdoppelt sich der Umsatz von rund 30 Millionen in der Vorsaison auf knapp 60 Millionen Euro. Um sich langfristig zu etablieren in der Bundesliga, müsse man möglichst zügig einen Umsatz von 100 Millionen Euro erreichen, um die Lücke schließen etwa zu Augsburg, Mainz oder Freiburg, erläuterte Kaenzig.
Lizenzspieleretat steigt auf 24 Millionen Euro
Ähnlich verhält es sich beim Lizenzspieleretat. Er klettert von knapp 14 Millionen, was laut Schindzielorz Mittelmaß in der 2. Liga bedeutete, auf geplante 24 Millionen Euro. Ablösesummen zahlte der VfL zuletzt nicht. „Man kann sagen, dass wir uns den Aufstieg nicht erkauft, sondern mit Kontinuität und harter Arbeit verdient haben“, sagte Schindzielorz.
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Lediglich Fürth habe in der Bundesliga einen geringeren Profi-Etat, Bielefeld einen leicht höheren. Danach gebe es bei den Klubs einen Sprung auf 40 Millionen Euro aufwärts. Dennoch habe man einen konkurrenzfähigen Kader auf die Beine gestellt. „Ohne Geld geht es nicht“, sagte Kaenzig. „Nur Geld allein reicht aber auch nicht.“ Villis betonte: „Finanzielles Harakiri wird es weiterhin nicht geben.“
Transfereinnahmen sind eine Möglichkeit, die Ertragsseite außerplanmäßig zu erhöhen. Zuletzt gab der VfL wenig Geld aus für Zugänge (Leihgebühren/Kosten für Spielervermittler), nahm aber auch wenig Geld ein. Vitaly Janelt (ca. 700.000 Euro) und Robert Zulj (350.000) brachten noch am meisten ein.
Investorensuche: Der Preis bleibt vergleichsweise hoch
Dass ein Investor zeitnah für mehr Handlungsspielraum sorgt, ist eher unwahrscheinlich. Man sei nach wie vor auf der Suche, sagte Villis, „aber wir lassen uns Zeit, gehen sorgfältig vor.“ Gesucht werde wie gehabt ein „strategischer Partner, der unseren Weg mitgeht“, betonte Kaenzig erneut. „Das Kapital muss dem VfL dienen, nicht der VfL dem Kapital.“ Zudem hält Bochum an seinem Preis fest, der in der Pandemie eher hoch als niedrig angesetzt ist. Anvisiert sind 20 Millionen Euro für 20 Prozent der Anteile. Die Ausgliederung der Profiabteilung wurde 2017 beschlossen. Auch mit dem Ziel, einen Investor zu finden.
Wirtschaftlich gesund ist der Verein VfL Bochum (u.a. Talentwerk bis U16 mit Frauen- und Mädchenfußball). Bei einem stabilen Umsatz von rund 2,6 Millionen Euro gab es ein leichtes Plus. Das Eigenkapital beträgt 154.000 Euro, das Nettofinanzguthaben 202.000 Euro.