Bochum. Die Torflaute des VfL Bochum sollte man nicht den Stürmern allein anlasten. Kolumnist Michael Eckardt über Innenverteidiger und Transfergedanken.

Waren die Lobeshymnen auf diesen formidablen Aufsteiger etwas zu laut und zu überschwänglich, war der Hype vor allem um das junge Innenverteidiger-Duo Maxim Leitsch und Armel Bella-Kotchap am Ende doch zu groß? War alles ein wenig zu dick aufgetragen? Man weiß es nicht, wird es wohl auch niemals erfahren.

Die andauernden Erörterungen von vermuteten, vielleicht aber vom Klub dann doch eher erhofften Transfersummen tragen jedenfalls nicht dazu bei, die Gedanken der betreffenden Spieler in die richtige Richtung zu lenken, Konzentration und Fokussierung auf dem für die Bundesliga erforderlichen Niveau zu halten. Das ist vor allem ein Problem der Medien, die mit ihren Zahlenspielereien allerdings häufig das Geschäft der sportlichen Leitung nur unterfüttern und deshalb von dieser Stelle auch nicht gebremst werden.

VfL Bochum muss Woche für Woche ans Limit gehen

Dass die Fehlerquote in den Reihen des VfL Bochum mit wachsendem Punktekonto steigen würde, war andererseits aber auch menschlich und deshalb verständlich. Das gesamte Team muss schließlich, um in der Bundesliga bestehen zu können, Woche für Woche ans Limit gehen und manchmal auch darüber hinaus. Anders wären Unentschieden gegen den BVB und Leverkusen oder sogar der für Aufsehen sorgende Coup gegen die Bayern gar nicht vorstellbar.

Und wenn man dann den Edelkickern vom Chemiewerk am 30. Spieltag ein torloses Remis abgetrotzt hat, anschließend auf die Tabelle schaut und dort 36 Punkte entdeckt sowie einen deutlichen Abstand zu den Abstiegsplätzen, dann ist so ein mentaler Ausrutscher wie beim noch schmeichelhaften 0:3 in Freiburg zu erklären und, nur für sich betrachtet, auch zu verschmerzen.

Zu verschmerzen allerdings nur, wenn man sich fortan nicht in vermeintlicher Sicherheit wiegt und meint, nun alles spielerisch lösen zu können und zu müssen. „Immer wieder die gleichen Fehler“ beklagte Thomas Reis und zielte damit nach dem 0:2 gegen Augsburg auf die verunglückte Rückgabe von Maxim Leitsch vor dem ersten Treffer des Gegners ab. „Es muss unser Anspruch sein, es aus eigener Kraft zu schaffen. Das muss in die Köpfe rein“, sagte der VfL-Trainer noch.

Saison muss kompromisslos und zweikampfbetont zu Ende gespielt werden

Die Forderung lautet demnach: Die Saison muss so kompromisslos, fokussiert und zweikampfbetont zu Ende gespielt werden, wie das die Mannschaft kann, weil sie es oft genug bewiesen hat. Und dann muss zur Not auch mal der Ball in den Himmel gedroschen werden. Anders ausgedrückt: Läuft es offensiv so schlecht wie gegen sehr kompakte und nur auf Fehler lauernde Augsburger, dann kann man dank eigener Aufmerksamkeit trotzdem immer noch einen Punkt mitnehmen. Auch ein Teilerfolg trüge einen schließlich ins Ziel.

Dass der VfL nicht mehr trifft, sollte man nicht nur den zentralen Stürmern anlasten. Auch die Außen dürfen ja gelegentlich zum Abschluss kommen, und die Mittelfeldspieler ebenfalls. Viel ist da allerdings nicht mehr zu erwarten.

Aus dem Mittelfeld kommt zu wenig Torgefahr

Dauerläufer Elvis Rexhbecaj, der in praktisch jedem Spiel, wie auch gegen Augsburg, zu mindestens einer aussichtsreichen Tormöglichkeit kommt, befördert den Ball regelmäßig überall hin, aber nicht ins gegnerische Netz. Es ist inzwischen ziemlich wahrscheinlich, dass er trotz seines Status‘ als Stammkraft mit einer Null aus der Saison herausgehen wird.

Eduard Löwen zielt zwar etwas besser, bietet damit aber vor allem den beteiligten Torhütern die Gelegenheit sich auszuzeichnen. Ob man von Patrick Osterhage Torgefahr überhaupt erwarten darf, bleibt noch abzuwarten.

Und Milos Pantovic, in der ersten Halbserie der Held des sehr fernen Fernschusses, hat in der Rückrunde die Gelegenheiten, die geradezu nach Tor schrien, allesamt links liegen lassen. Dass Pantovic in der letzten Partie keine Gelegenheit bekam, es ein weiteres Mal zu versuchen, lag nicht zuletzt an seiner Leistung in den vorangegangenen Spielen. Da wartet im Sommer noch eine Menge Arbeit auf die sportliche Führung.

Freiburg und Union Berlin in der Entwicklung vorbildlich

Ob außer Osterhage noch ein Akteur aus dem genannten Quartett in der nächsten Spielzeit das VfL-Trikot tragen wird, ist ja weiterhin fraglich. Das bietet zwar die Möglichkeit, sich unter Umständen in Sachen Torgefahr auf diesen Positionen zu verbessern, beinhaltet aber auch das Risiko, dass man in Sachen Personalplanung im zweiten Erstligajahr zu viel will und deshalb zu sehr auf die Offensive schaut.

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Sicher gibt es für die Bochumer gute Vorbilder, aber mit welchem Augenmaß und Feingefühl der SC Freiburg und folgend auch Union Berlin ihre Teams Stück für Stück spielerisch verbessern, dabei aber kein bisschen an defensiver Stabilität und Struktur verlieren, ist zwar beispielhaft, aber leider kein ganz einfaches Kunststück.

In Dortmund und gegen Bielefeld eine Schippe drauflegen

Dass der VfL auch künftig auf diese Gegner treffen wird, daran sollten wir, den beiden Niederlagen in Folge zum Trotz, nicht zweifeln. Denn an der Einstellung der Mannschaft hat es grundsätzlich nicht gemangelt gegen den FCA. Laufbereitschaft und Zweikampfverhalten hätten allemal ausgereicht, um einen Zähler zu behalten.

In Dortmund gilt es jetzt, noch eine Schippe draufzulegen und sich wieder so bissig zur Wehr zu setzen wie im Hinspiel. Und wenn danach Arminia Bielefeld im Ruhrstadion aufkreuzt, hat der VfL alle Trümpfe in der Hand. Die Arminia wird es sich angesichts der Tabellensituation nicht leisten können, so abwartend aufzutreten wie Augsburg.