Bochum. Frankfurt-Fans pöbelten im Bochumer Block C beim Heimspiel. Ein VfL-Sponsor hatte Karten weitergereicht. Der VfL Bochum kündigte Konsequenzen an.

Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Villis bedankte sich nach drei Stunden der vierstündigen virtuellen Mitgliederversammlung, um kurz nach 22 Uhr, bei den Mitgliedern. Mit fast 99 Prozent der Stimmen – 745 Mitglieder gaben ihr Votum ab – wurde das Präsidium des VfL Bochum entlastet. „Das macht uns stolz und optimistisch“, sagte Villis.

Die Zahl entspricht der positiven Grundstimmung, die auch bei den digital eingereichten Fragen der Mitglieder deutlich wurde. Viele lobten zunächst die Leistung und das Krisenmanagement von Präsidium, Geschäftsführung und/oder Team in der vergangenen und laufenden Saison.

Viele Nachfragen - Schindzielorz: Ein Stürmer allein wird es nicht richten

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Sportliche, kritische und auch eher süffisante Nachfragen gab es reichlich, formuliert in gutem Ton. Zum Beispiel, wie ein Mitglied gefühlt mit Augenzwinkern anmerkte, ob nicht die VfL-Legenden Jupp Kaczor oder Heinz-Werner Eggeling geeignete Stürmer seien, bis Simon Zoller wieder gesund sei.

Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz nahm den Ball auf. Er habe tatsächlich mit Eggeling jüngst telefoniert, aber in einer anderen Sache. Im Ernst: Der Kaderplaner betonte erneut, dass es auf die Gemeinschaft ankomme.

Bielefelds Toptorschütze war in der Vorsaison Fabian Klos mit fünf Treffern. Die Basis für den Klassenerhalt des damaligen Aufsteigers Arminia, so Schindzielorz, sei eine gut strukturierte Defensive gewesen, wenig Gegentore, dazu „Nadelstiche“. „Es wird nicht diesen einen Spieler geben, der uns den Klassenerhalt garantiert, weil er acht oder neun Tore in der Rückrunde erzielt“, so Schindzielorz. „Es geht nur über die Gemeinschaft, das Kollektiv, die Kompaktheit.“ Zuvor hatte er bereits gesagt auf Nachfrage, dass ihm für eine Rückkehr von Robert Zulj derzeit die Fantasie fehle, „wie das wirtschaftlich stemmbar“ sein solle.

Rückkehr zur U23 kein Thema - Perspektivteam für Talente

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Kein Thema ist auch die Neugründung der 2015 abgeschafften U23/U21. Dafür soll ein Perspektivteam aus U17-, U19- und Lizenzspielern für Testspiele gebildet werden. Letztlich mit dem Ziel, die „Durchlässigkeit“ der Talente von der Jugend zu den Profis zu steigern. Dies ei ein Projekt, das man weiter entwickeln wolle, das durch Corona zwischenzeitlich ausgebremst worden war.

Wintertransfers sind möglich

Grundsätzlich ist ein Wintertransfer nicht ausgeschlossen, auch das betonten Finanz-Geschäftsführer Ilja Kaenzig und Schindzielorz mehrmals. Und zwar unabhängig vom Weiterkommen im DFB-Pokal. Ebenso natürlich nicht, Spieler zu verkaufen. Silvere Ganvoula könnte ein Thema werden, deutete Schindzielorz an, „aktuell liegt aber kein Angebot vor“. Wie für alle Transfers in beide Richtungen gelte, die Lage zu gegebener Situation, im Winter, „genau zu bewerten“.

Das gilt nicht für Spieler, die kein Versammlungsthema waren. Hier ist die Bewertung längst erfolgt. Für Tom Weilandt oder Raman Chibsah etwa, die sportlich keine Rolle spielen, wirtschaftlich aber den Etat belasten. Beide Verträge enden im kommenden Sommer. Der VfL würde sie gerne eher abgeben. Und damit viel Geld sparen.

Auch Gündogan brachte noch ein paar Euro

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Geld, das über Transfers nur in geringer Menge einfloss in den letzten Jahren. Im abgelaufenen Geschäftsjahr brachten Transfers sowie Nachschläge/Solidaritätszuschläge für Vitaly Janelt, Görkem Saglam, Dominik Baumgartner, Selim Gündüz und Ilkay Gündogan in Summe 894.000 Euro. Nationalspieler Gündogan wurde mit Manchester City englischer Meister, er war einst in der Jugend für Bochum am Ball.

Dafür erhält der VfL einen (kleinen) Solidaritätsbeitrag, wie ihn die FIFA weltweit als Ausbildungsentschädigung vorsieht. In der laufenden Saison schlagen vor allem die Transfers von Robert Zulj (350.000 Euro) und eine Beteiligung am Weitertransfer von Vangelis Pavlidis (von Willem II zu AZ Alkmaar für 2,5 Millionen Euro) zu Buche, in Summe eingeplant sind 687.000 Euro. Was sich bekanntlich ändern kann bei entsprechenden Spielerverkäufen des aktuellen Kaders.

Sponsor reicht Karten weiter: Auswärtstour von Eintracht-Fans hat Konsequenzen

Neben großen Themen wie Kader, Finanzlage, Stadionstruktur, Ticketing und eine Fan-Gastronomie, die möglichst bald mit dem Partner Moritz Fiege Brauerei als eine Art winterfester Biergarten entstehen soll im Stadionumfeld, ging es den Mitgliedern auch um kleinere Dinge wie die Ausschilderung der Fahrrad-Stellplätze, die nun zeitnah erfolgen soll. Kaenzig, Schindzielorz und Villis beantworteten alle Fragen souverän und mit Bedacht. Der Sprecher der Geschäftsführung entschuldigte sich auch für einen Vorfall am Sonntag beim Heimspiel gegen Frankfurt.

Kaenzig entschuldigt sich für Vorfälle - Es gab auch einen Verletzten

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Ein Sponsor des VfL Bochum mit Sitz in Nordhessen hatte zahlreiche Karten für Block C an Fans von Frankfurt weitergereicht und daraus eine Auswärtsfahrt für Gäste-Fans gemacht. „Das darf nicht vorkommen. Wir werden die internen Kontrollen verschärfen“, versicherte Kaenzig. Die Frankfurter, laut Kommentaren in den sozialen Medien überwiegend mindestens angetrunken, kamen mit einem Reisebus an. Sie sollen in Block C u.a. mit Bierbechern geworfen, Bochumer ständig provoziert und gepöbelt haben. Es gab sogar einen Verletzten, informierte Kaenzig. „Das tut uns aufrichtig Leid.“

Warum ein Partner die Karten weitergeben konnte und daraus eine Auswärtsfahrt machen konnte, warum Eintracht-Fans in einen Bochumer Block Zulass erhielten, werde nun genau aufgearbeitet und entsprechende Konsequenzen würden gezogen.

Thema Nachhaltigkeit: Mehrwegbecher kommen

Ein großes Thema, das künftig sogar noch größer werden wird, ist die Nachhaltigkeit. Hier laufen beim VfL zahlreiche Projekte. Unter anderem soll es alsbald ein veganes Angebot im Stadion geben und der Mehrwegbecher eingeführt werden. Und zwar „ohne Design“, so Kaenzig gut gelaunt. „Wir werden ihn so unattraktiv wie möglich gestalten“. Denn er soll ja zurückgegeben und nicht gesammelt werden.

Neben Ehrungen für Jubiläums-Mitglieder wie die langjährige „gute Seele“ des Vereins, Christa Ternow (50 Jahre Mitglied), und der Auszeichnung von drei Talenten mit der Werner-Altegoer-Medaille (Finn Kocher, Lennart Koerdt, Leon Tasov) gab es eine Nachwahl. Horst Cristopeit ist neues Mitglied im Ehrenrat. Der Pokalfinalist von 1968 folgt dem im Februar verstorbenen Jürgen Rüsken.

Villis setzt auf Kaenzig und Schindzielorz auch in Zukunft

Unterm Strich blickt der VfL positiv in die Zukunft – wozu auch die Kontinuität auf Führungsebene zählt. Hans-Peter Villis erklärte auf Nachfrage, dass beim Präsidium noch „keine Angebote“ für Kaenzig und Schindzielorz eingegangen seien. „Beide machen einen sehr guten Job, wir wollen den Weg gemeinsam weitergehen, sie stehen bei uns unter Vertrag. Ich bin mir sicher, dass sie VfLer bleiben.“