Zürich. . Auch in einer Sportart voller Individualisten ist der Teamgedanke wichtig. Junge Sportler zählen bei der Leichtathletik-Europameisterschaft in Zürich auf die Erfahrung von Robert Harting, David Storl & Co. Die “können einem emotional sehr helfen“, sagt der 21-jährige Felix Franz.

Das Küken ist ziemlich groß, 1,86 Meter, um genau zu sein. Speerwerferin Christin Hussong, wie die zehn Tage jüngere Hürdensprinterin Franziska Hofmann und die zwei Wochen ältere Weitspringerin Malaika Mihambo erst 20 Jahre jung und damit Teil des Jüngsten-Trios in der Nationalmannschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), lächelt diesen Widerspruch freundlich weg. „Bei den Kleinen war ich immer Medaillenkandidatin, jetzt ist es ganz entspannt, einfach nur mitzumachen“, sagt die U-18-Weltmeisterin von 2011 und U-20-EM-Zweite des vergangenen Jahres am Dienstag nach ihrem ersten Auftritt bei den „Großen“.

Die Blondine aus Zweibrücken hat ihn souverän gemeistert und ist am ersten Tag der Leichtathletik-EM in Zürich wie ihre älteren Kolleginnen Linda Stahl und Katharina Molitor (beide Leverkusen) ins Finale an diesem Mittwoch (20.40 Uhr) eingezogen. „Wenn ich Fragen habe, weil ich ja das Küken bin, helfen die beiden mir weiter“, sagt Hussong, die Molitor um vier und Stahl um elf Zentimeter überragt. Damit praktizieren die Speerwerferinnen vorbildlich, was die DLV-Verantwortlich seit einigen Jahren zu einem wichtigen Erfolgs-Rezept erkoren haben: „Ein sehr intensiv gelebter Teamgedanke.“ So formuliert es DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen.

Trainer zeigt Motivationsvideo

Grober Unfug in einer Einzelsportart? Etwas, das den Fußballern helfen mag, aber doch nicht den zum Teil sehr individuellen Individualisten der Leichtathletik?

„Wenn man gut vorbereitet ist und sich dazu gegenseitig emotional trägt, kann man den maximalen Erfolg erreichen“, sagt Kurschilgen. Kugelstoßer David Storl etwa kann berichten, dass er sich 2009 in Berlin bei seinem ersten Start im Erwachsenen-Bereich noch „etwas verloren“ gefühlt habe. „Das ist heute besser.“ Am Montagabend wurden die Athleten mit einem Motivationsvideo, das die erfolgreichsten Leichtathletik-Momente der letzten Jahre zeigte, auf die EM eingestimmt. Und die Neuen im Team, der Küken-Klub, wurden namentlich vorgestellt. „Ich durfte auch mal aufstehen und winken“, sagt Franziska Hofmann. Dazu das Video und der immer wieder erwähnte Teamgedanke. „Das hat schon wirklich motiviert.“

Locker, fröhlich und erfolgreich

Und Hussong und Hofmann waren nicht die einzigen Hoffnungsträger der sehr jungen deutschen Mannschaft (Durchschnittsalter 25,2 Jahre), die an diesem ersten EM-Tag locker, fröhlich und erfolgreich auftraten. Rebekka Haase (21, Erzgebirge) stürmte neben den arrivierten Verena Sailer (Mannheim) und Tatjana Pinto (Münster) in das 100-Meter-Halbfinale am Mittwoch (18.20 Uhr). Diana Sujew (23/Hamburg) schaffte es ins 1500-Meter-Finale am Freitag. Martin Grau (22/Höchstadt/Aich) gelangte wie Steffen Uliczka (Kronshagen/Kiel) über 3000 Meter Hindernis in den Endkampf am Donnerstag. Und über 400 Meter Hürden liefen der Magdeburger Varg Königsmark (22) und Felix Franz (21/LG Neckar-Enz) locker eine Runde weiter.

Entspannen am Tischkicker

„Auf der einen Seite sind wir natürlich Individualsportler, wenn du nachher auf der Bahn stehst, hilft dir keiner mehr“, sagt Franz. „Aber gerade die Großen wie Robert Harting oder David Storl können einem emotional sehr helfen. Wenn die ein paar Geschichten erzählen, dann merkt man, dass es bei ihnen früher auch nicht anders war.“

Und wenn sie dann auch noch am Abend Tischkicker mit einem spielen, ist die Welt in Ordnung. Franz sagt: „Wenn sich das Umfeld so positiv gestaltet, geht man mit einer ganz anderen Mentalität in den Wettkampf rein.“ Entspannter, glücklicher, motivierter.