Austin. Die Nachrichten und Enthüllungen rund um den Doping-Skandal Lance Armstrong reißen nicht ab: Laut einer US-Autorin soll der Texaner Druck auf die Demokratische Partei gemacht haben, um einen Auftritt des damaligen Präsidentschaftskandidaten bei einer Veranstaltung seiner Stiftung zu erzwingen. Auch in Frankreich wächst die Kritik.
Lance Armstrong fühlte sich auf dem Höhepunkt seiner auf Betrug aufgebauten Radsport-Karriere anscheinend allmächtig. 2008 soll der Texaner einem Report der US-Starpublizistin Selena Roberts zufolge sogar versucht haben, den heutigen US-Präsidenten Barack Obama zu erpressen.
Laut den Recherche-Ergebnissen der 46 Jahre alten Autorin, die 2007 den Baseball-Dopingfall Alex Rodriguez enthüllt hatte, wollte Armstrong Obama im Sommer 2008 zur Teilnahme an einer Veranstaltung seiner Stiftung Livestrong bewegen. Nachdem der damalige Präsidentschafts-Kandidat der Demokratischen Partei wegen seiner Europa-Reise abgesagt hatte, soll Armstrong in einer Mail an Obamas Parteifreund John Kerry gedroht haben, gegen Obama mobilzumachen. "Wenn Krebs für die Demokratische Partei kein Thema ist, gehen wir in die Livestrong-Datenbank mit ihren Millionen von registrierten Mitgliedern und lassen alle wissen, wo die Demokratische Partei in dieser Frage steht", hieß es laut Roberts in Armstrongs Nachricht an Kerry.
Ex-Präsident Clinton soll Staatsanwälte beeinflusst haben
Roberts spekuliert in ihrem im Internet veröffentlichten Bericht weiter, Armstrong habe bis zuletzt seinen Einfluss in der Politik zum eigenen Vorteil genutzt. So soll die überraschende zwischenzeitliche Einstellung der offiziellen Ermittlungen gegen den Texaner auf den Einfluss des früheren US-Präsidenten Bill Clinton beim zuständigen Staatsanwalt Andre Briotte zurückzuführen sein.
Die frühere Autorin der New York Times weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Armstrong just zum Zeitpunkt der damaligen Verfahrenseinstellung 100.000 Dollar für eine von Clintons Demokraten unterstützte Organisation gespendet habe, die Brustkrebs-Therapien für unterprivilegierte Frauen finanziert.
Armstrongs Name soll vom Alpe-d'Huez-Anstieg entfernt werden
Auch anderswo wächst die Kritik an Armstrong: Inzwischen ist im Stadtrat des berühmten Tour-de-France-Etappenortes Alpe d'Huez ein Streit über die Ehrung des Texaners für seine Etappensiege 2001 und 2004 ausgebrochen. Bürgermeister Jean-Yves Noyrey setzt sich dafür ein, Armstrongs Namen von den Ruhmesschildern in den 21 Serpentinen-Kehren auf dem Weg zu dem als "Dach der Tour" bezeichneten Bergort zu entfernen. "Seine Absetzung als Tour-Sieger wirft die Frage auf, wie wir damit umgehen, dass wir ihn in so einer Form würdigen", sagte Noyrey.
Etappensiege in Alpe d'Huez haben einen besonderen Stellenwert für die Tour-Fahrer. Auf Schildern in den insgesamt 21 Kehren hinauf zum 1850 m hoch gelegenen Ziel sind die Namen der Etappensieger verewigt. Weil mittlerweile die Zahl der Namen die Menge der Kehren übertrifft, tragen inzwischen sechs Schilder zwei Namen. Armstrong steht in Kehre 21 unter Fausto Coppi und in Kehre 19 unter Hennie Kuiper.
Unterstützung aus Spanien
Aus Spanien dagegen gibt es Unterstützung für den gefallenen Star: Der spanische Radprofi Alejandro Valverde, auch als Kunde von Dopingarzt Eufemiano Fuentes bekannt, hat Armstrong den Rücken gestärkt. "Die Frankreich-Rundfahrten wurden mit seinen Beinen, seinem Körper gewonnen. Niemand darf glauben, dass er für seine Erfolge nicht gelitten hat", sagte Valverde, der selbst eine zweijährige Dopingsperre absitzen musste, der spanischen Sporttageszeitung "Marca".
Ohnehin scheint die Unterstützung aus Spanien - ein Land, das im Anti-Doping-Kampf gerne beide Augen zudrückt - für Armstrong groß zu sein. So hält der fünfmalige Toursieger Miguel Indurain den Amerikaner gar für unschuldig. "Es ist schon seltsam, dass sie ihm die Titel wegen der Geständnisse einiger Teamkollegen aberkennen", hatte Indurain dem spanischen Sender "Radio Marca" gesagt. Auch Peking-Olympiasieger Samuel Sanchez kritisierte die Entscheidung, Armstrong lebenslang zu sperren, da er nie positiv getestet worden sei. (sid/dapd)