London. Agnieszka Radwanska stoppte Angelique Kerber auf dem Weg ins Wimbledon-Finale. Kerber verlor in zwei Sätzen. Das Highlight für die Kielerin blieb die Begegnung mit Steffi Graf. Radwanska trifft im Endspiel auf Serena Williams.
Eine letzte Pirouette als Gruß und Dank ans Publikum, am Ausgang vom Centre Court ein paar Autogramme geschrieben, und weg war sie: Angelique Kerber verabschiedete sich von den All England Championships 2012, besiegt von Agnieszka Radwanska (6:3, 6:4). Um gegen die unaufgeregte Effektivität ihrer Freundin mehr ausrichten zu können, fehlte ihr an diesem Tag die schwer zu findende Mischung aus Dynamik und Entschlossenheit und vielleicht auch ein wenig die Frische.
Dass ein Jahr nach dem Auftritt von Sabine Lisicki an gleicher Stelle wieder eine deutsche Spielerin um den Einzug ins Finale spielte, ist ein weiterer Beweis dafür, wie sich die Dinge im deutschen Frauentennis innerhalb relativ kurzer Zeit entwickelt haben. Damals hatte Lisicki in zwei Sätzen gegen Maria Scharapowa verloren, diesmal sah es so aus, als habe sich Angelique Kerber noch nicht ganz vom nervenaufreibenden Krimi beim Sieg zwei Tage zuvor erholt. Manchmal hätten ihr in den Ballwechseln einfach ein, zwei Schritte gefehlt.
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Am Tag zwischen den beiden Spielen hatte sie versucht, sich zu entspannen, aber so einfach ist das ja nicht, wenn das Interesse um einen herum mit jedem Erfolg immer größer wird. Als sie sich am Mittwoch im Spielerrestaurant gerade zum Mittagessen niedergelassen hatte, wurde sie über Lautsprecher aufgefordert, sich sofort im Spielerzentrum zu melden. Sie ließ das Mittagessen stehen, lief die Treppe runter, wartete fünf Minuten und traute ihren Augen nicht, als plötzlich Steffi Graf erschien, die an diesem Tag zusammen mit dem Gatten als Gast des All England Clubs in der königlichen Loge gesessen hatte.
Nach ihrem Sieg tags zuvor hatte Angelique Kerber noch berichtet, sie habe Graf leider noch nie getroffen – auf einmal spazierte das Idol ihrer Kindertage zur Tür herein, um sich mit ihr zu unterhalten. Tolle Sache, Gänsehaut. Die Unterhaltung dauerte 15 Minuten, und sie bestätigte sie in der Meinung, in jeder Hinsicht anders wahrgenommen zu werden als noch vor einem Jahr.
Mit zu wenig Risiko gespielt
Aber das half am Donnerstag auf dem gelegentlich von der Sonne beschienenen Centre Court natürlich nicht; da ging aus ausschließlich darum, eine Lösung für die Aufgaben zu finden, die Agnieszka Radwanska präsentierte. Aber bis auf die Anfangsphase, in der die Polin recht nervös wirkte und relativ schnell ein Aufschlagspiel abgab, fand Kerber die Lösung nicht. Die Crux war: Um die perfekte Defensive der Gegnerin zu erschüttern, hätte sie manchmal mehr, manchmal weniger riskieren müssen.
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Die Polin machte den frühen Aufschlagverlust umgehend wett, ging später mit einem Break 5:3 in Führung, und mit einem Ass schnappte sie sich den ersten Satz. Ein Ass mit nicht viel mehr als 160 km/h, aber dass Geschwindigkeit und Schlaghärte im Tennis nicht alles sind, sah man bei zweiten Aufschlägen, die zwar mit weniger als 120 km/h übers Netz segelten, mit denen sie aber dennoch direkte Punkte erzielte.
Die Weichen zum Sieg wurden Mitte des zweiten Satzes gestellt. Kerber gab ihren Aufschlag zum 2:3 ab, hatte selbst im Spiel danach bei langen, kuriosen Ballwechseln mit guten, alten Mondbällen noch eine Chance zum Rebreak, die die Chance wehrte Radwanska mit einem dieser zweiten Aufschläge ab, die bisweilen so aussehen, als könne man hinterher laufen und sie abfangen.
Williams besiegt Asarenka - 6:3, 7:6
Angelique Kerber konnte die Niederlage nicht mehr verhindern. Nach 69 Minuten landete ein letzter Rettungsschlag im Aus, Radwanska wiederum landete als erste Polin in der Zeit des Profitennis im Finale eines Grand-Slam-Turniers, in dem sie am Samstag gegen Serena Williams spielen wird, die da zweite Halbfinale des Tages gegen Wiktoria Asarenka gewann (6:3, 7:6).
„Meine Karriere endet ja hiermit nicht“, versicherte sie. Da hatte sie die Enttäuschung über die Niederlage fast schon vergessen. Außerdem: In ein paar Wochen wird sie wieder in Wimbledon spielen, beim Olympischen Turnier. Man sollte sie auf der Rechnung haben bei dieser Gelegenheit.