Herten. . Ariane Friedrich fühlt sich topfit und exzellent vorbereitet. Bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am Samstag und Sonntag in Wattenscheid will die beste deutsche Hochspringerin endlich die Olympia-Norm knacken. Die geforderten 1,95 Meter sollte für sie ein Klacks sein - eigentlich.

Nach zehn Minuten drängt sich der Mann mit der randlosen Brille und den silbernen Bartstoppeln am Reporterpulk vorbei und legt seine Hand auf den Unterarm der leicht bekleideten jungen Frau. Ganz ungeniert. Günther Eisinger darf das. Er ist mehr als nur der Trainer von Ariane Friedrich, er ist auch Mentor und Behüter der besten deutschen Hochspringerin. Er ist der Mann, der sich um alles kümmert. Und dazu gehört auch, dass er mit seiner Hand kontrolliert, ob sich seine Athletin nicht unterkühlt. Schließlich steht sie auf der Zeche Ewald in Herten immer noch im neuen Trikot der deutschen Leichtathleten für die Olympischen Spiele auf der Bühne. In einem Hauch von Nichts, in einem ultraleichten High-Tech-Produkt aus recycelten Pet-Flaschen. Ariane lächelt ihren Trainer an. Keine Sorge, soll die Geste sagen, mir ist nicht kalt, ich bin gut drauf.

Ariane Friedrich will die Olympia-Norm bei den Deutschen Meisterschaften knacken

Und dann fasst sie ihren Gemütszustand vor den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am Samstag und Sonntag in der Wattenscheider Lohrheide für die Reporter in Worte: „Das Publikum in Wattenscheid wird toll sein. Meine Vorbereitung ist exzellent.“ Ariane Friedrich wird in der Lohrheide im Blickpunkt stehen. Das ist nichts Neues für die 28-Jährige, die mit ihren exzentrischen Gesten und ihrer Vorliebe für grelle Haarfarben und große Sonnenbrillen die Objektive anzieht. Aber diesmal ist die Deutsche Meisterschaft mehr als eine Pflichtnummer auf dem Weg zu größeren Zielen. Ariane Friedrich, die WM-Dritte von 2009, gehört nämlich nicht zu den 52 deutschen Leichtathleten, die bereits die Norm für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London erfüllt haben.

„Ich gehe davon aus, dass ich die Norm in Wattenscheid knacke“, sagt Friedrich, „ich bin in meiner Karriere schon über 60 Mal 1,95 Meter und höher gesprungen. Dann werde ich das wohl noch ein weiteres Mal schaffen.“ 1,95 Meter, das sollte ein Klacks sein für eine Springerin, die vor drei Jahren den Deutschen Rekord auf 2,06 Meter steigerte. Aber das war vor ihrer schweren Verletzung. Im Dezember 2010 geriet die Karriere der Frankfurterin plötzlich in Gefahr, als ihre Achillessehne riss. Statt in die großen Wettkampfarenen der Welt ging es in den Operationssaal. „Die Zeit ohne Sport war auch schön“, sagt sie, „ich habe mal etwas anderes gemacht. Ein Haus renoviert. Aber in den ersten Monaten habe ich schon gehadert. Es ist nicht so einfach mit einem Gips am Fuß.“

Ariane Friedrich konzentriert sich voll und ganz auf den Sport

Der Weg zurück zum Hochsprung sei nicht unkompliziert gewesen, sagt sie. Was ihr früher leicht gefallen sei, hätte sie sich neu erarbeiten müssen. Inzwischen hat sie die Verletzungsfolgen überwunden. Das Thema hat sie abgehakt. Punkt. Günter Eisinger musste sie in den für sie schweren Monaten drosseln. Immer wieder. „Ich bin eine Ungeduldige“, sagt sie, „aber ich bin fest davon überzeugt, dass diese Ungeduld einen guten Sportler auszeichnet.“

Mittlerweile ist sie ruhiger, weil sie ganz sicher ist, dass die Form stimmt. Auch die Wogen des Internet-Skandals sind geglättet. Ein Stalker hatte sie mit Mails belästigt, Friedrich wiederum, von Beruf Polizeikommissarin, hatte ihn per Facebook geoutet. „Dazu sage ich kein Wort mehr. Aber es hat mich in der Vorbereitung nicht gestört, eher gepusht.“ Auch über ihre angebliche Liaison mit dem früheren Bob-Olympiasieger Andre Lange schweigt sie. Volle Konzentration auf den Sport. Tunnelblick für die großen Höhen. Am besten schon am Wochenende in Wattenscheid. „Wenn der Knoten platzt, dann richtig“, sagt sie zum Schluss der Fragerunde. Endlich kann sie sich eine Jacke anziehen. Jetzt lächelt auch Günter Eisinger.