Essen. Das deutsche Handball-Team hat das EM-Halbfinale verpasst, sich aber noch gut verkauft. 13 Coronafälle waren nicht zu kompensieren. Ein Kommentar.
Die ersten deutschen Handball-Nationalspieler hatten sich am Sonntag schon vor dem Hauptrundenspiel gegen Schweden auf den Weg nach Hause gemacht. Insgesamt 13 Corona-Fälle gab es während der Europameisterschaft in der Slowakei im deutschen Aufgebot, für die meisten der positiv getesteten Spieler gibt es keine Chance mehr auf einen Wiedereinstieg ins Turnier.
Am Sonntagabend verpassten die deutschen Handballer das Halbfinale endgültig. Mit den drei Niederlagen in der Hauptrunde war zu rechnen, nachdem das zusammengewürfelte Team zwangsläufig zum Außenseiter degradiert worden war. Den Spielern ist kein Vorwurf zu machen, sie haben sich unter diesen Umständen sogar noch anständig verkauft.
Über einen möglichen Rückzug des DHB-Teams wurde ausgiebig diskutiert
Es bleibt aber dabei: Für die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes ist das Turnier eine Farce. Viele Spieler wurden in Eile nachnominiert, damit überhaupt eine Mannschaft gestellt werden konnte: Elf der ursprünglich 17 aufgebotenen Profis waren ausgefallen. Die Delegation vor Ort erwog, das Team von der EM zurückzuziehen, darüber wurde ausgiebig diskutiert. Zumal auch aus der Heimat von den besorgten Bundesliga-Vereinen Druck ausgeübt wurde. Aber der DHB entschied sich gegen eine vorzeitige Abreise, auch die Spieler wollten bleiben. Vorstands-Chef Mark Schober sagte, das sei „eine klare Risikoabwägung aus allen Blickwinkeln“ gewesen – „sportlich, gesundheitlich, medizinisch, aber auch wirtschaftlich-rechtlich“.
Die finanziellen und juristischen Folgen wären für den DHB zu heftig geworden
Bei der Bewertung der ersten drei Gesichtspunkte wäre ein Rückzug der Mannschaft durchaus gerechtfertigt gewesen. Finanziell und juristisch aber wäre dies den Verband teuer zu stehen gekommen – auch mit Blick auf die Heim-EM 2024. Geldstrafe an die Europäische Handball-Föderation, Entschädigungen an den Ausrichter, Regressforderungen der TV-Sender – der DHB wollte sich nicht ruinieren. Es heißt, es wäre um Kosten im zweistelligen Millionenbereich gegangen.
Es ist Profisport, knallhart berechnet. Dies gilt es zu bedenken, wenn man als Kritiker daheim von Verantwortungslosigkeit spricht und ein abruptes Ende der Teilnahme fordert.