Essen. IOC-Präsident Thomas Bach kündigt Kandidatur für das kommende Jahr an und warnt vor Politisierung der Olympischen Spiele.
Dass Thomas Bach eine weitere Amtszeit als IOC-Präsident anstrebt, kommt nicht wirklich überraschend. Die Umstände der Ankündigung dagegen sind schon eher bemerkenswert. Die Generalversammlung des Internationalen Olympischen Komitees traf sich bei ihrer 136. Session im virtuellen Raum. Bach saß im Olympischen Haus in Lausanne, die anderen Mitglieder waren zugeschaltet.
Kluger Schachzug von Thomas Bach
Der Fecht-Olympiasieger von 1976 kann nach acht Jahren Amtszeit, die im kommenden Jahr enden, noch einmal für vier Jahre wiedergewählt werden. Dass der 66-Jährige seine Kandidatur genau jetzt publik macht, ist einerseits ein politisch kluger Schachzug und andererseits für die Olympische Bewegung folgerichtig.
Mit der Absage der Sommerspiele in diesem Jahr und den anhaltend ungewissen Aussichten auf „normale“ Spiele in Tokio im kommenden Jahr sowie auch im Winter 2022 in Peking scheint Kontinuität den IOC-Mitgliedern der richtige Weg: „Ich freue mich, dass wir weiter Schulter an Schulter für die Olympische Bewegung kämpfen können“, sagte Samira Ashgari, IOC-Mitglied aus Afghanistan. Prinz Albert von Monaco sekundierte: „Es ist jetzt wichtig, Einigkeit zu demonstrieren. Ich bin bereit, Sie zu unterstützen.“ Viele Redner gebrauchten die Metapher von Bach als Kapitän eines „Schiffs in rauer See“. Einige, so der Österreicher Karl Stoss, feierten Bach als „starken Führer“.
Reformprozess und Doping-Skandal
In seiner bisherigen Amtszeit hatte Bach die Agenda 2020 angestoßen, einen Reformprozess seiner immer wieder in der Kritik stehenden Organisation. Die Krisen, mit denen er bislang darüber hinaus konfrontiert war, darunter der russische Doping-Skandal, werden von der Corona-Pandemie überschattet.
Auch interessant
Obgleich der IOC-Präsident also viel zu tun hat, übermittelte er der IOC-Vollversammlung eine Botschaft, die als Zukunftsvision verstanden werden darf. Bach erinnerte zwei Tage vor dem Jahrestag der Eröffnungsfeier an den Boykott von Moskau vor 40 Jahren, an die Enttäuschung der Sportler, nicht an den Spielen teilnehmen zu dürfen. Die sentimentale Erinnerung verband er mit der Warnung vor einem neuem Boykott: „Wir sehen einen wachsenden Missbrauch des Sports für politische Zwecke. Diese Gefahr ist jetzt noch größer.“
Später nahm die Versammlung noch Sebastian Coe, Chef des Weltleichtathletikverbandes, nach fünf Jahren Wartezeit ins IOC auf. (jk)