Oberhausen. Der Oberhausener Willi Wülbeck wurde 1983 Weltmeister über 800 Meter. Vor 40 Jahren stellte er einen Rekord auf, der noch heute Bestand hat.

Das ehrwürdige Bislett-Stadion in Oslo hat schon viele Leichtathletik-Rekorde gesehen. Zuletzt waren es zwei Norweger, die dort für Bestzeiten sorgten. Karsten Warholm knackte den Weltrekord über 300 Meter Hürden. Jakob Ingebrigtsen stellte einen Europarekord über 2000 Meter auf. Die Leistungen über die selten gelaufenen Strecken waren großartig, die Stimmung war trist: Wegen der Corona-Pandemie fanden die Wettbewerbe ohne Zuschauer statt. Die Pappfiguren auf der Tribüne blieben stumm.

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Willi Wülbeck erinnert sich, dass es anders sein kann. Er hat dort einst einen Rekord aufgestellt, als Zuschauer noch in Scharen in Leichtathletik-Stadien zogen. Nicht nur, weil sie durften, sondern weil der Sport sie begeisterte. Der Oberhausener blickt auf eine große Karriere zurück, die ihren Höhepunkt 1983 fand. In Helsinki wurde Wülbeck über 800 Meter erster deutscher Leichtathletik-Weltmeister. Er lief in den stimmungsvollsten Stadien wie Oslo oder Zürich. Er trat in gegen Weltklasse-Läufer wie Steve Ovett, John Walker oder Sebastian Coe an. So auch am 1. Juli 1980.

„Rekord bedeutet noch immer viel“

An diesem Mittwoch vor genau 40 Jahren stellte der mittlerweile 65 Jahre alte Wülbeck im – wie er sagt – „Hexenkessel von Oslo“ den deutschen Rekord (2:14,53 Minuten) über die ebenfalls selten gelaufenen 1000 Meter auf. Bis heute hat der Rekord Bestand, kein Deutscher war je schneller. Zwar steht dieser Rekord im Schatten von Wülbecks Weltmeisterstück von ‘83 – die 1:43,65 Minuten sind ebenfalls bis heute deutscher Rekord – doch für ihn selbst bedeutet die Marke „noch immer sehr viel“. Denn: „Einen Rekord zu halten ist eine hohe Auszeichnung für einen Sportler – erst recht, wenn er 40 Jahre Bestand hat“, sagt er. „Ich bilde mir nichts darauf ein, bitte nicht falsch verstehen, aber ich bin schon stolz darauf, dass nie einer schneller war. Ich vermerke auch ganz demütig, dass einige nah dran waren.“ Er betone das, weil „Doping bei mir nie eine Rolle gespielt hat“. Der Verdacht, er schwingt bei Rekorden aus der damaligen Zeit, der Hochzeit des Dopings, einfach mit.

Willi Wülbeck ist dem Laufsport weiter verbunden: Zum Beispiel als Organisator von Schulstaffel-Läufen.
Willi Wülbeck ist dem Laufsport weiter verbunden: Zum Beispiel als Organisator von Schulstaffel-Läufen. © FUNKE Foto Services | Herbert Höltgen

Im Internet kann man sich das Rennen von damals anschauen. Es ist ein Farbrauschen mit wenig Schärfe. Gut, dass Wülbeck seinen Lauf „noch sehr gut vor Augen“ hat. „Sebastian Coe war der Star. Es war klar, dass er vorne weglaufen würde. Für mich galt es, mich in einem Spitzenfeld zu behaupten.“ Coe ist heute Präsident des Weltverbandes der Leichtathleten, damals hielt er schon drei Weltrekorde.

Scharmützel mit Coe

Wülbeck erinnert sich an „ein kleines Scharmützel“ mit dem Briten. Ein Jahr zuvor hatte Wülbeck Coe durch einen Rempler aus dem Takt gebracht, Coe verlor. Später raunzte dessen Vater Wülbeck deshalb einmal vor einem Start an. „Coe war also schon einer, den ich beäugte – auch in Oslo“, sagt Wülbeck. Vielleicht hatte der Deutsche diese Gedanken noch nicht abgeschüttelt, sein Start jedenfalls war schlecht. Im Video sieht man, wie der Mann im Trikot des TV Wattenscheid nach hinten durchgereicht wird. „Ich habe dann nach und nach die anderen überholt“, erzählt Wülbeck. Mit jedem Schritt wuchs das Selbstbewusstsein. Im Schlussspurt kam er bis auf rund acht Meter an den enteilten Coe heran und wurde Zweiter. Während sich alle Kameras auf Coe stürzten, der Weltrekord gelaufen war (2:13,40 Minuten), wurde Wülbeck klar: „Das war keine schlechte Zeit von mir.“ Wie wahr!

Warum bis heute kein Deutscher besser war? „Ich war halt ein Guter“, sagt Wülbeck und lacht. Er ist keiner, der sich selbst überhöht. Er weiß, dass die 1000 Meter nur noch selten gelaufen werden. Aber er beobachtet auch: „Den Jungs von heute fehlt oft der Biss, der Mut, bis zum Ende anzugreifen. Ich weiß nicht, vielleicht ist der Respekt zu groß.“

Willi Wülbeck, der lange Vorsitzender des ASV Duisburg war und neben Schulstaffel-Läufen auch Fitness-Kurse anbietet, hat bei einem Notar einen Wunsch festhalten lassen. Sollte er in hoffentlich ferner Zukunft das Zeitliche segnen, soll auf seinem Grabstein stehen: „Hier ruht der 800-Meter-Weltmeister von 1983“. Wülbeck hätte nichts dagegen, wenn der Hinweis „zweifacher deutscher Rekordhalter“ dann noch hinzugefügt werden könnte.