Essen. Deutschlands Volleyballer starten Freitag in die am Donnerstag beginnende EM. Der Star ist dabei - doch wie stehen die Chancen? Ein Überblick.
Der Auftakt wird hart. Bei der Volleyball-EM der Männer, die bereits heute in die Gruppenphase startet, trifft die deutsche Nationalmannschaft gleich zu Beginn auf Serbien (Freitag, 15 Uhr), einen der härtesten Brocken im Turnier. Viel wird also davon abhängen, wie die deutsche Mannschaft bei ihrem ersten Vorrundenspiel in Belgien in den Wettbewerb startet.
Insgesamt scheint die Vorrundengruppe B machbar, aber eben auch nicht ohne. Für die deutsche Mannschaft geht es gegen Gastgeber Belgien, Österreich, Slowakei, Spanien und eben Serbien.
Das ist der Modus der Volleyball-EM
Die Vorrunde wird in vier Sechsergruppen ausgespielt, die jeweils vier Gruppenbesten ziehen ins Achtelfinale ein.
Da allerdings alle vier Co-Gastgeber auch im Achtelfinale Heimrecht haben, werden in dieser Runde unter Umständen Spielpaarungen getauscht, damit es bei Heimspielen bleibt. Das hat auch Einfluss auf die Viertelfinalspiele.
Die Halbfinals finden in Ljubljana und Paris statt, die Medaillenspiele in Paris.
Die deutschen Spiele werden auf Sport1+ zu sehen sein.
Wie bereits bei den Frauen starten die Volleyballer mit einem neuen Modus in die Europameisterschaft. Die Wettbewerbe der 24 Teams sind auf vier Länder aufgeteilt. Frankreich, Belgien, Slowenien und die Niederlande richten die Vorrunden aus. Den gastgebenden Ländern sind so jeweils fünf Heimspiele garantiert. Auch das erste K.o.-Spiel dürften die Gastgeber noch vor eigenem Publikum bestreiten, was Andrea Giani, Trainer der deutschen Auswahl, kritisiert: „Es gefällt mir nicht, dass die eigenen Ergebnisse nicht den Weg durch die EM ebnen.“
Der Modus stellte immerhin bei den Frauen sicher, dass zumindest bei den Spielen der gastgebenden Mannschaften die Hallen gut gefüllt waren. Bei der Frauen-EM verirrten sich beim Top-Spiel der deutschen Frauen gegen Russland in der Slowakei knapp 1000 Zuschauer in die Halle, beim Spiel gegen den Gruppengastgeber waren es über 5000, bei der Viertelfinal-Niederlage in und gegen Polen knapp 10.000.
Als Favoriten gelten die üblichen Verdächtigen. Weltmeister Polen natürlich, Titelverteidiger Russland. Außerdem sind Italien und Serbien wohl wieder stark. Auch die Teams mit Heimvorteil, Frankreich, Slowenien, aber auch die Belgier sind nicht zu unterschätzen.
Erfahrenes Team
Die deutsche Mannschaft reist immerhin als Vize-Europameister zum Turnier an. Mannschaftskapitän Lukas Kampa aus Bochum gibt daher im Fachblatt „Volleyball Magazin“ eine klare Richtung vor: „Ich habe keine anderen Ziele in meinem Alter mehr, als um Medaillen zu spielen“, sagt der 32 Jahre alte Zuspieler, der bereits seine fünfte EM bestreitet und die wechselvolle Bilanz der Deutschen bei internationalen Wettkämpfen zwischen zweitem und vorletzten Platz also aus erster Hand kennt. Dass er das deutsche Team in den Kreis der fünf bis sechs Titelfavoriten zählt, gibt daher nicht zwingend Anlass zum Optimismus.
Deutschland tritt immerhin mit einem erfahrenen Team bei der EM an. Zwölf der 14 Spieler im Kader waren bereits vor zwei Jahren bei der EM in Polen dabei. Auch Georg Grozer, seit Jahren der unumstrittene Star des deutschen Volleyballs, ist zurück im Team. Die Nations League im Sommer hat der 34-Jährige aus Moers noch ausgelassen. Bei der EM will der Diagonalspieler, der mit seinen wuchtigen Angriffen und Aufschlägen jeden Gegner unter Druck setzen kann, es noch einmal wissen. „Georg ist einer der wenigen Spieler auf der Welt, der die Möglichkeit hat, ein Spiel, die Einstellung, das Gesicht einer Mannschaft zu verändern, selbst wenn er so wie jetzt noch nicht bei seinem Maximum ist“, sagt Andrea Giani.
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Offen ist, wie fit der Routinier, den zuletzt Rückenbeschwerden plagten, wirklich ist. Die Frage gilt allerdings auch für andere Spieler des Kaders. Sie seien alle absolut einsatzbereit, sagt Kampa und „werden eine wichtige Waffe sein“. Der Spielplan ist mit fünf Begegnungen in sieben Tagen jedoch eng getaktet, die Belastung hoch.
Schwache Testauftritte
Wie ist der Leistungsstand der Mannschaft? Bei den Spielen der Nations League belegte das Team Platz 14 von 16 teilnehmenden Mannschaften. Auch der letzte Test gegen Frankreich ging am Wochenende im Tie-Break verloren. Da beides nur vorbereitenden Charakter hatte, ist die Aussagekraft gering. Die Vorrunde sollte Deutschland überstehen. Das alleine reicht als Ziel aber nicht aus. Nur eine gute Platzierung in der Gruppe B verhindert ein schweres Achtelfinale gegen Polen oder die Niederlande.
Eine Nachricht, die einen Schub geben dürfte, übermittelte der internationale Volleyballverband. Deutschland bekommt Anfang Januar die Chance, sich bei einem Qualifikationsturnier in Berlin die Olympia-Teilnahme zu sichern. Wie wichtig das Turnier und der Blick auf Tokio 2020 ist, ordnet Kampa ein: Die deutsche Mannschaft wolle bei der EM „den anderen zeigen, mit was sie bei der Olympia-Qualifikation zu rechnen haben.“