Essen. Die NFL-Saison beginnt - und wieder ist Patrick Esume Deutschlands Top-TV-Experte. Wir haben mit Esume über Favoriten und Außenseiter gesprochen.

Er ist der Mann, der Deutschland American Football erklärt: Patrick Esume (45), von seinen Fans nur "Coach" genannt, kommentiert jeden Sonntag ab 18 Uhr Spiele der amerikanischen Profiliga NFL bei Pro7 Maxx und tourte gerade mit seinem Buch "Believe the hype" durch Deutschland. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag beginnt die 100. NFL-Saison mit dem Duell zwischen den Chicago Bears und den Green Bay Packers (2 Uhr, live Pro7). Wir haben uns mit Esume über Favoriten, Außenseiter, Vorfreude und Spiele in Deutschland unterhalten.

Die Vorbereitung der NFL ist vorbei, die 100. Saison beginnt. Bei Spielern ist die sogenannte „Preaseson“ berüchtigt, sie haben fünf Jahre lang als Assistenztrainer geholfen. Wie erinnern Sie sich daran zurück?

Patrick Esume: Die Tage sind lang, die Nächte verdammt kurz. Da ist für Trainer eine Menge zu tun. Du musst deinen Kader von 90 Spielern auf 53 reduzieren. Du musst dir die Trainingseinheiten anschauen und analysieren, mit den Spielern Fehlerkorrektur betreiben. Und wenn das am Abend gegen 22 Uhr beendet ist, sprichst du im Trainerteam über jeden einzelnen der 90 Spieler.

Star der NFL: Patrick Mahomes.
Star der NFL: Patrick Mahomes. © Reuters

Doch nicht nur das Training steht im Vordergrund – einige Stars erlauben sich einige Mätzchen. In dieser Vorbereitung war dies Antonio Brown von den Oakland Raiders, der den neuen Helm abgelehnt hat…

Esume: Das wurde hochgepusht. Du brauchst einen Helden, einen Versager, einen Good Guy, einen Bad Guy. Das ist Teil der Geschichte, sonst wäre die NFL doch lahm. Du brauchst eben auch Spieler, die nicht immer nur sagen, der Ball ist rund und 11 Freunde müsst ihr sein.‘ Nur mit Vernünftigen kannst du nicht gewinnen, da brauchst du schon auch Bad Guys. Brown war der Bad Guy, weil er dringend sein altes Team Pittsburgh Steelers verlassen wollte. Dann wollte er auch noch mit seinem alten Helm weiterspielen. Er hat gesagt: ,Der fühlt sich gut an, lass‘ uns probieren, ob wir das durchkriegen.‘ Mehr nicht.

Brown ist einer der Stars der Liga. Der beste Spieler der vergangenen Saison war aber Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs. Kann er noch einmal so überzeugen?

Esume: Ich glaube nicht, dass er noch einmal 50 Touchdowns und insgesamt über 5000 Yards wirft. Aber der wird an die Leistung anknüpfen. Vielleicht wird sie nicht ganz so gut sein, denn natürlich wissen die Gegner jetzt auch, was er kann und was das Konzept der Chiefs ist.

Hier läuft der NFL-Start im Free-TV

Die TV-Rechte liegen auch in der Saison 2019/20 bei ProSieben. Zum Saisonstart am Sonntag, 8. September, beginnt die Übertragung beim Spartensender Pro7 Maxx um 18 Uhr mit dem Magazin "#ranNFLsüchtig".

Das Eröffnungsspiel in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zwischen Chicago und Green Bay zeigt Pro7 ab 2.15 Uhr. Jan Stecker, Patrick Esume und Christoph "Icke" Dommisch kommentieren.

Die ersten Spiele, die am Sonntag gezeigt werden, sind die Duelle zwischen den Carolina Panthers und den Los Angeles Rams (19 Uhr, mit Jan Stecker, Björn Werner, Patrick Esume und Christoph Dommisch) und zwischen den Dallas Cowboys und den New York Giants (22.25 Uhr, mit Roman Motzkus, Carsten Spengemann und Christoph Dommisch). Im Live-Stream auf ran.de läuft ab 19 Uhr die Partie Jacksonville Jaguars gegen Kansas City Chiefs (mit Volker Schenk).

Die interessanteste Verpflichtung ist den Cleveland Browns gelungen, die sich zuletzt vor 17 Jahren für die Play-offs qualifizieren konnten. Star-Passempfänger Odell Beckham Junior, genannt OBJ, kam von den New York Giants. Er soll mithelfen, die schwarze Serie zu beenden. Kann das gelingen?

Esume: Die Kombination mit Quarterback Baker Mayfield wird sehr interessant. Die Erwartungen sind riesengroß. Ich bin sehr gespannt, ob sie das erfüllen können. Als Fan der Browns würde ich mich freuen.

Welcher Spieler könnte überraschen?

Esume: Etwas unterschätzt wird Quarterback Deshaun Watson von den Houston Texans. Von ihm reden nicht mehr viele Leute.

Die vier dominanten Teams in der vergangenen Saison waren Super-Bowl-Sieger New England Patriots mit Quarterback-Legende Tom Brady, dazu die Los Angeles Rams, Kansas City mit Mahomes und die New Orleans Saints. Ist dieses Quartett wieder vorn zu erwarten?

Esume: Der Blick in die Glaskugel ist gefährlich, da niemand Verletzungen vorhersehen kann. Bei den Patriots gilt: Solange Brady spielt, sind sie immer ein Play-off-Kandidat, sogar Super-Bowl-Anwärter. Auch mit den anderen Teams muss man wieder rechnen – aber ein paar andere darf man nicht kategorisch ausschließen. Wenn Quarterbacks wie Ben Roethlisberger aus Pittsburgh oder Aaron Rodgers von den Green Bay Packers gesund sind, sind ihre Teams immer gefährlich. Mein Geheimtipp sind die San Francisco 49ers.

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Worauf freuen Sie sich besonders?

Esume: Ich freue mich auf Kyler Murray. Er ist im NFL Draft als erster Spieler ausgewählt worden. Ich bin gespannt, wie er sich als Quarterback bei den Arizona Cardinals macht mit Trainer Kliff Kingsbury, der auch zum ersten Mal in der NFL arbeitet. Dieses Jahr wird allgemein spannend, weil es eine Verschiebung auf der Position des Quarterbacks geben könnte. Die neue Generation wird noch stärker und der eine oder andere Superstar-Veteran aus der Reihe Tom Brady, Philip Rivers und Drew Brees einbrechen.

Sie selbst sind nicht mehr Cheftrainer der französischen Nationalmannschaft, moderieren aber inzwischen TV-Shows über Football hinaus. Gibt es einen Zusammenhang?

Esume: Nein, das ist Quatsch mit Soße. Trainer sein ist meine Leidenschaft. Die anderen Shows machen Spaß, aber auf NFL- und College-Football freue ich mich am meisten.

Sie haben bei Deutschlands U21-Fußballern vor dem EM-Start eine Motivationsrede gehalten, sind mit ihrem Buch durchs Land getourt. Hat sich das Interesse an Football erhöht?

Esume: Definitiv. American Football ist angekommen in Deutschland. Ich finde es auch ganz schön zu sehen, dass sich sportartenübergreifend so viele Sachen ergeben, dass sich viele Fußballer für Football begeistern. Wenn übrigens viele denken, ich mag Fußball nicht, ist auch das Quatsch mit Soße. Ich bin Fußballkind, habe von der F- bis zur A-Jugend durchgespielt. Zu meiner Einschulung hatte ich eine schwarze Cordhose und einen weißen Sweat-Pullover mit einer HSV-Raute an.

Wann finden NFL-Spiele nicht nur in England, sondern auch in Deutschland statt?

Esume: Das kann keiner sagen. Ich glaube, es ist genug Potenzial da. Ich würde sogar sagen, ein größeres Potenzial als in England. Die Stadien wären sofort ausverkauft.