Essen/Berlin. Seit zwei Jahren ist Jürgen Horrwarth Skateboard-Bundestrainer. Er hat die Olympia-Premiere 2020 in Tokio im Blick. Und hofft auf einen Schub.

Als Kind fuhr Jürgen Horrwarth noch auf Rollschuhen durch Metzingen. In der Kleinstadt bei Stuttgart sah er Jugendlichen dann beim Skaten zu. „Das hat mich fasziniert, und deswegen wollte ich auch ein Skateboard haben“, erzählt Horrwarth. Rund drei Jahrzehnte später übt das Brett mit den vier Rollen immer noch eine Faszination auf ihn aus. Jürgen Horrwarth steht zwar nicht mehr so häufig auf dem Skateboard wie in seiner Jugendzeit. Heute sorgt er dafür, dass die deutschen Talente seiner Sportart besser gefördert werden: Jürgen Horrwarth ist der Skateboard-Bundestrainer. „Und dieser Job macht mir unheimlich viel Spaß“, betont der 41-Jährige.

Der Deutschen Rollsport- und Inlineverband (DRIV) hat für den Posten einen Fachmann mit einer großen Titelsammlung gewonnen. Jürgen Horrwarths startete seine Karriere dabei mit einem Skateboard aus Kunststoff. Als Zwölfjähriger sprang er mit dem Kaufhaus-Rollbrett über Hindernisse, glitt an Stangen entlang und zeigte Tricks mit 360-Grad-Drehungen. „Skaten wurde für mich mehr und mehr zur Sucht“, sagt er. Mit den Jungs aus seiner Clique besorgte er sich im Laufe der Zeit besseres Material, gemeinsam bauten sie Rampen und eine Halfpipe mit Stahlgerüst.

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Bald wurde Metzingen für den talentierten Skater zu klein. Horrwarth bekam die ersten Sponsorenverträge und tourte mit seinem Brett durch die Welt. „Ich habe die Goldene Ära der Sportart erlebt“, sagt er. Horrwarth fuhr in Shanghai, in Philadelphia sowie in der Skateboard-Hochburg San Diego und verdiente sich bei Wettbewerben Preisgelder. 2006 war der Schwabe ganz oben angekommen. Bei der EM in Basel holte er zwei Titel in der Halfpipe.

Das Budget im Blick

Die Profikarriere hat er mittlerweile beendet. Dafür arbeitet er in seiner Wahlheimat Berlin nun als Skateboard-Bundestrainer. Diesen Posten gibt es offiziell erst seit Anfang 2017: Hans-Jürgen Kuhn, der beim DRIV die Sparte Skateboard/Longboard verantwortet, suchte eine geeignete Person. Jürgen Horrwarth war mit seiner Vita schnell ein Kandidat. Dass er zudem auch schon freiberuflich als Trainer gearbeitet hatte, war ein weiteres Argument.

Nun arbeitet Horrwarth bereits seit zwei Jahren als Bundestrainer. „Es ist aber nicht so, dass ich unseren Talenten irgendwelche Sprünge beibringe“, sagt er. „Ich sitze die meiste Zeit am Schreibtisch.“ Jürgen Horrwarth organisiert für den Nationalkader Trainingsreisen in andere Länder. Er plant von Deutschland aus die Tagesabläufe – von der Fitnesseinheit über den Praxisteil im Parcours bis hin zur Hotelübernachtung. Dabei muss er immer das Budget im Blick haben.

Skaten live in Düsseldorf erleben

Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist vom 28. August bis zum 1. September erneut Gastgeber der Deutschen Skateboard-Meisterschaft. Im neu eröffneten Skatepark Eller wollen die Teilnehmer die Juroren überzeugen. Die Titelkämpfe sind eingebettet in eine Skateweek mit einem großen Rahmenprogramm. Weitere Information gibt es unter: www.sktwk.de

Was ihm hilft, ist die Förderung durch den Deutschen Olympischen Sportbund. Skateboarden gehört mittlerweile zum Fünf-Ringe-Programm. Bei den Olympischen Sommerspielen im Jahr 2020 geht es für Frauen und Männer in Tokio auch um Medaillen. Es gibt die Disziplin „Park“, bei denen Athleten ein hohes Gefälle mit dem Skateboard bewältigen müssen und ihnen Halfpipes, Pools und Rampen für Tricks zur Verfügung stehen. Bei der „Street“-Variante präsentieren die Skater komplizierte aneinander gereihte Trickkombinationen über und an Hindernissen wie Treppen, Bordsteinkanten, Schrägen und Geländerstangen. Jürgen Horrwarth war während seiner aktiven Zeit auch Europas Nummer eins in dieser Disziplin.

Kritik an Olympia-Aufnahme

Dass in Tokio einer seiner Landsleute um die Medaillen mitfährt, hält der Bundestrainer für utopisch. Die Qualifikation wird schon schwierig genug werden. „Viele Fahrer aus den USA haben sich eine zweite Staatsbürgerschaft besorgt“, erzählt Horrwarth. „Die fahren dann die Qualifikation in Europa für andere Nationen, und so wird der Kampf um die Startplätze härter.“ Trotzdem ist er zuversichtlich, dass Deutschland bei der olympischen Skateboard-Premiere vertreten sein wird.

Als das Internationale Olympische Komitee vor einigen Jahren beschloss, die Sportart mit ins Programm aufzunehmen, hagelte es jedoch zunächst Kritik. „Viele haben das verteufelt, weil sie befürchtet haben, dass die Identität verloren geht“, sagt Jürgen Horrwarth. Für viele Fahrer sei Skateboarden nun mal mehr Lifestyle als eine Sportart. Er sieht die Diskussion um Olympia aber entspannt: „Es ist für einen Sportler doch genial, bei so einem Großereignis um die Medaillen mitzufahren.“ Gleichzeitig erhofft sich Jürgen Horrwarth durch Olympia einen Popularitätsschub. Wenn sich hier wieder mehr Fahrer in den Parks tummeln, würde das einen leidenschaftlichen Skater wie ihn glücklich machen.