Berlin. Die Mannschaft von Trainer Christian Prokop bezwingt Korea beim Heimturnier mit 30:19. Die schweren Gegner kommen aber noch.
In den letzten zwei Minuten dieses Spiels erhob sich der Großteil der 13.500 Zuschauer von den Sitzen. Es wurde geklatscht, gegrölt – und am Ende schließlich gejubelt. Die deutschen Handballer nahmen dies lächelnd zur Kenntnis, sie hatten die koreanische Auswahl mit 30:19 (17:10) besiegt und damit für einen erfolgreichen Auftakt der Handball-Weltmeisterschaft gesorgt. Bei der Heim-WM, die am Donnerstag in Berlin begonnen hat und im Idealfall für Deutschland erst am 27. Januar im dänischen Herning enden soll, dem Ort des Endspiels.
Dass es bis dahin noch weit ist, gab Bundestrainer Christian Prokop zu: „Die Verwertung klarer Chancen hat mir nicht gefallen. Aber wir nehmen die Erkenntnis mit, dass wir in vielen Bereichen gut funktionieren: in der Abwehr, was das Tempo angeht, in der geringen Anzahl technischer Fehler.“
Bundestrainer Prokop sieht starkes Zeichen
Rückblick, zwei Stunden zuvor: Eröffnungszeremonie, das Turnier begann mit einer Lasershow und Tanzeinlagen. Auf der Tribüne saßen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Welthandball-Präsident Hassan Moustafa und Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Für sie war es kein gewöhnliches Eröffnungsspiel, sondern Handball mit besonderer Symbolkraft. „Das war ein starkes Zeichen hinaus in die Welt“, befand auch Bundestrainer Prokop. In der einstigen Mauerstadt Berlin traf das deutsche Team auf eine gemeinsame Mannschaft der verfeindeten Nationen Süd- und Nordkorea. Spielort: die Arena am Ostbahnhof nahe der East Side Gallery, den buntbesprühten Mauerresten.
Viel Pathos, dazu der Druck bei diesem ersten WM-Spiel – das deutsche Team brauchte etwas, um seinen Rhythmus zu finden.
„Wir waren etwas hibbelig“, gestand Rückraumspieler Paul Drux. „Anfangs waren wir noch ganz schön aufgeregt“, pflichtete ihm Kreisläufer Patrick Wiencek bei. Anfangs jubelten auch die Koreaner: Führungstreffer durch Suyoung Jung nach 50 Sekunden. Die deutschen Fans schwiegen, rund 200 koreanische Fans jubelten dafür umso lauter.
Die Koreaner setzten auf schnelle Angriffe und verhielten sich auch in der Abwehr alles andere als zimperlich. Unorthodox, wie Paul Drux es nannte. „Die Asiaten spielen einen anderen Handball, als wir es gewohnt sind.“ Das deutsche Team reagierte mit zahlreichen vermeidbaren Fouls, alleine in der ersten Hälfte kassierte Prokops Mannschaft fünf Zwei-Minuten-Strafen. Zudem vergaben unter anderem Patrick Groetzki, Uwe Gensheimer und Hendrik Pekeler hochkarätige Chancen. Es hätte also mehr als die Sieben-Tore-Führung zur Halbzeit herausspringen können.
Alle 16 Spieler kommen zum Einsatz
Was deutlich wurde: Der Bundestrainer hatte das Ziel, alle Spieler zum Einsatz und sie so möglichst schnell in den WM-Rhythmus zu bringen. Tatsächlich spielten alle 16 Mann, und Prokop erprobte zudem verschiedene Abwehrsysteme. „Jeder hat gespielt, ist gut reingekommen und verletzungsfrei geblieben. Das ist wichtig“, sagte Drux. Der Mann des Abends stand zu diesem Zeitpunkt schon lange fest: Torhüter Andreas Wolff, der mit seinen 13 abgewehrten Großchancen zum besten Spieler der Partie erklärt wurde. „Man hat gespürt, dass die Halle für den Handball brennt. Es herrschte eine besondere Stimmung. Dadurch haben wir immer besser ins Spiel gefunden“, sagte Wolff.
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Überhaupt die Atmosphäre: Viele schwärmten von diesem WM-Auftakt vor heimischem Publikum – wie Matthias Musche („Für uns ist ein Traum wahr geworden“) oder Kapitän Uwe Gensheimer („Wir sind alle mit einem Grinsen eingelaufen und hatten Gänsehaut”). Mit sieben Treffern war Gensheimer bester Werfer des deutschen Teams. Sicher ist allerdings, dass mit Brasilien am Samstag (18.15 Uhr/ZDF) ein Gegner anderen Formats wartet. „Wir müssen uns steigern“, betonte Rückraumspieler Martin Strobel.