Essen. Der Leichtathletik-Verband zeigt Härte: Russland bleibt nach dem Doping-Skandal gesperrt. Die Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag lobt die Entscheidung.

"IAAF“ und „Home of World Athletes“ war an der Wand zu lesen, vor der Sebastian Coe und Rune Andersen Platz genommen hatten. Der Leichtathletik-Weltverband ist das Zuhause der weltweiten Athleten. Aber Präsident Coe fügte diesen leicht zu merkenden Worten am Dienstag ein weiteres Merkmal hinzu: russische Athleten müssen draußen bleiben, wenn ihr Verband mitkommen will. Am Hausverbot wegen des Dopingskandals vor drei Jahren ändert sich nichts.

„Das Council hat heute dem Antrag der Task Force entsprochen, die Suspendierung Russlands aufrechtzuerhalten“, sagte Andersen, der Leiter dieser Task Force. Voraussichtlich wird Russland damit bei der Hallen-EM in Glasgow vom 1. bis 3. März außen vor bleiben. Wie in der jüngsten Vergangenheit können überprüfte Athleten dann unter neutraler Flagge starten.

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Deutliche Worte von Freitag

Die harte Entscheidung wurde auf Seiten der Russland-Skeptiker mit Zufriedenheit aufgenommen. „Das IAAF-Council ist mit dieser Entscheidung konsequent seiner bisherigen Linie treu geblieben und sendet ein klares Signal“, sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag auf Nachfrage. Nach Ansicht der Iserlohner SPD-Politikerin agiere die IAAF weiterhin im Sinne sauberer Athleten. „Der Weltverband unter Präsident Coe unterscheidet sich damit beispielhaft von anderen Organisationen des Sports, die letztlich eingeknickt sind und auf die Erfüllung von Bedingungen für eine Wiederzulassung Russlands verzichtet haben.“

Eine, die sich eine solch klare Positionierung ihres Weltverbandes wünscht, ist Schwimmerin Jessica Steiger. „Ich finde es super wie konsequent sie bei der Leichtathletik damit umgehen“, sagt die 26 Jahre alte Sportlerin aus Gladbeck.

Steiger ist deutsche Rekordhalterin über 200 Meter Brust. In internationalen Wettkämpfen ist eine ihrer größten Konkurrentinnen die Russin Julia Jefimowa. Die Weltrekordhalterin wurde 2013 des Dopings überführt und für 16 Monate gesperrt. Bei ihrer Rückkehr sagte sie: „Wissen Sie, wenn Sie einen Führerschein haben, fahren sie irgendwann auch mal zu schnell, dann bekommen Sie ein Ticket.“ Danach sei alles wieder gut, man fahre eben vorsichtiger. Eine Verharmlosung, die die Schwimm-Fans, die Jefimowa regelmäßig lautstark auspfeifen und auch Jessica Steiger erzürnt: „In Russland scheinen viele so ein Denken zu haben, dass Doping gar nicht schlimm ist, dass es jeder machen kann. Dieses Denken muss sich ändern.“ Und sie sagt: „Ich würde es unterstützen, wenn bei uns genauso mit dem russischen Verband umgegangen würde wie bei den Leichtathleten.“

Auch Jürgen Kessing, Präsident des deutschen Leichtathletik-Verbandes, lobte die Entscheidung der IAAF als „klares Zeichen“, denn Russland habe „keine gravierenden Veränderungen“ gezeigt.

IAAF fordert drei Millionen Dollar

Anders als das Internationale Olympische Komitee und die Welt-Anti-Doping-Agentur sind Andersen und sein Team zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bemühungen Russlands nach dem Staatsdopingskandal längst nicht ausreichen, um die Suspendierung des Verbandes aufzuheben. Die IAAF sieht zwei Forderungen nicht erfüllt: Der unabhängigen Integritätskommission AIU hat Russland noch immer keinen Zugriff auf die Doping-Tests russischer Leichtathleten aus den Jahren 2011 bis 2015 gewährt. „Ich hoffe, dass sie die Daten bis zum Ende des Jahres liefern“, sagte Andersen. Ob er glaube, dass dies auch geschehe? „Das ist schwer zu beantworten.“

Eine zweite Forderung ist eine monetäre. Durch die Untersuchung des Staatsdopingskandals wurden bisher knapp drei Millionen Dollar Kosten verursacht, die Russland erstatten soll. Nicht zur Sprache kam hingegen der McLaren-Report. Der kanadische Sonderermittler Richard McLaren schildert darin, wie etwa im Moskauer Anti-Doping-Labor Dopingproben manipuliert wurden.