Seattle. Die Green Bay Packers stehen in der NFL vor dem frühen Aus. Dabei haben sie einen der besten Quarterbacks der Football-Profiliga.

Wieder einmal schaute Aaron Rodgers enttäuscht in das Mikrofon, das vor ihm stand, diesmal in Seattle. Er zog sich eine graue Mütze tief ins Gesicht, schüttelte den Kopf und murmelte: „What kind of question is that?“ Komm schon, was ist das wieder für eine Frage? Dabei sollte er, der legendäre Quarterback der Green Bay Packers, nur darüber reden, was diese Saison in der American-Football-Profiliga NFL noch für sein Team bringen soll. Für Rodgers ist diese Frage nur rhetorisch. Die Saison wird zum achten Mal in Folge nicht im Super Bowl enden.

Am vergangenen Spieltag verloren die Packers bei den Seattle Seahawks mit 24:27 und damit auch das fünfte Auswärtsspiel der Saison. Das Aus vor den Play-offs droht sogar. Dabei ist Rodgers der Zauberer der Liga. Kein anderer Spielmacher, nicht einmal Tom Brady von den New England Patriots, hat die Qualität, auch in engsten Situationen brillante Pässe zu werfen – auch in Seattle gelangen ihm zwei Touchdown-Pässe über fast 50 Meter Entfernung. „Viele Dinge, die er macht, sind eigentlich unmöglich“, sagt Brady über seinen Rivalen.

Super-Bowl-Sieg im Jahr 2011

Doch bei allem Lob: Erst einmal stand Rodgers in einem Super Bowl – den die Packers im Jahr 2011 auch gewannen. Doch warum klappt es seitdem nicht mehr?

Die Gründe sind vielfältig. Viele US-Experten machen Packers-Trainer Mike McCarthy dafür verantwortlich. Rodgers ist seit 2009 Stammspieler – da war McCarthy schon drei Jahre da. „Der einzige Grund, warum Brady erfolgreicher ist als Rodgers, ist der Trainer. Brady hat in Bill Belichick den besten Football-Trainer der Geschichte an seiner Seite – Rodgers eben nur McCarthy“, sagt zum Beispiel Cam Buford von der Zeitung „Los Angeles Observer“. Shannon Sharpe, ein Mitglied der NFL-„Hall of Fame“ und heute TV-Experte, sagt: „McCarthy muss endlich weg.“

Die Vorwürfe an den Trainer und das Management der Packers sind vielfältig – zum Beispiel falsche Personalauswahl und fehlerhafte taktische Ansagen während der Spiele. Björn Werner, Ex-NFL-Profi aus Deutschland, hatte den Misserfolg im Gespräch mit dieser Redaktion vorausgesehen: „Rodgers ist für sein Team so wichtig wie es LeBron James im Basketball jahrelang für Cleveland war. Doch er hat im Gegensatz zu James damals nicht viel Hilfe in seinem Team.“

115 Millionen Euro für vier Jahre

Treu bleibt Rodgers den Packers trotzdem. Das liegt zuerst an einem großartigen Vertrag, den er vor der Saison unterschrieben hat. Für vier Jahre bekommt er 115 Millionen Euro – er ist damit der bestbezahlte Quarterback der NFL. Und das, obwohl er im Dezember seinen 35. Geburtstag feiert.

Zusätzlich sind die Packers nicht irgendein Team in der NFL. Als einzige der 32 Mannschaften gehören sie nicht einem Besitzer, sondern 350.000 Anteilseignern. Ein Wechsel an einen anderen Standort, wie es im US-Profisport häufig passiert, ist nicht möglich. Seit 1957 spielen sie im gleichen Stadion, dem „Lambeau Field“ – und dies ist in der NFL so gefürchtet wie in den 80ern der Betzenberg in Kaiserslautern für die Fußball-Bundesligisten. Das gilt vor allem für den Winter, wenn im Bundesstaat Wisconsin die Temperaturen in den zweistelligen Minusbereich sinken.

Die „Cheeseheads“, so werden die Fans der Packers genannt, sind stolz, reisefreudig und immer gut gelaunt. 10.000 Anhänger waren in Seattle im Stadion und brüllten „Go Pack Go!“ – dabei ist Seattle etwa 3000 Kilometer entfernt. Eine Mannschaft wie die Packers verlässt selbst in einer emotionslosen Liga wie der NFL niemand so einfach. „Es wäre toll, wenn ich meine Karriere in Green Bay beenden dürfte – und dann, wann ich sie beenden will“, sagt Rodgers. Deshalb nimmt er viele Rückschläge in Kauf – auch wenn es am Ende bei einem Super-Bowl-Sieg bleiben sollte.