Los Angeles. Zwei der erfolgreichsten NFL-Teams der aktuellen Saison kommen aus Los Angeles. Doch die große Begeisterung bleibt aus.
Als die Sonne hinter dem Los Angeles Memorial Coliseum verschwand, dröhnte ein letztes Mal am Sonntagabend durch die Boxen: „Whose house?“ Und die noch verbliebenen Football-Fans der Los Angeles Rams antworteten: „Rams house!“ Wer spielt zu Hause? Die Rams spielen zu Hause! Die Rams sind der größte Super-Bowl-Anwärter der aktuellen Saison in der Profiliga NFL, haben neun von zehn Spielen gewonnen - und doch spielt American Football in der 13-Millionen-Einwohner-Stadt keine große Rolle.
Und das in Los Angeles, der Stadt der ewigen Sonne, bekannt für Hollywood und Disneyworld, lässiges Strandleben am Pazifik, Dauerstau auf den Highways, Glamour in Beverly Hills, Gang-Kriege im Süden, eine einzige große Kulisse. Ausgerechnet um diese Hauptstadt des 24-Stunden-Entertainments machte das größte Unterhaltungs-Business des Weltsports von 1995 bis 2015 einen großen Bogen.
Als würden die Bayern auf einmal an der Ruhr spielen
Bis die Teambesitzer und die Chefs der NFL-Dachorganisation beschlossen, zwei Teams umzusiedeln - als würde Schalke auf einmal in Flensburg spielen und der FC Bayern nach Mülheim an der Ruhr umziehen. In Amerika geht so etwas, da zählen Tradition und Fan-Liebe im Profisport nichts.
Zunächst kamen 2016 die Rams. „20 Jahre kein Football - und dann sollen sofort die Leute kommen? So schnell geht das nicht“, sagt Cam Buford, Football-Experte vom „Los Angeles Observer“. Die Rams kehrten aus St. Louis im Bundesstaat Missouri zurück. Das ist 2800 Kilometer entfernt, weiter als Essen von Moskau. Meist sind es die Fans der Gegner, die das Coliseum füllen, so wie am Sonntag die der Seattle Seahawks. „Durch den Erfolg wird es etwas besser“, sagt Buford. 72.000 Zuschauer kamen am Sonntag und sahen ein 36:31-Feuerwerk - doch 21.000 Plätze blieben leer. Die Universitäts-Mannschaft der USC Trojans lockt nicht viel weniger Football-Fans an. „Das ist einfach eine Basketball-Stadt“, sagte Rams-Runningback Todd Gurley, momentan der beste Offensivspieler der NFL, einmal.
Bei den Chargers ist die Situation noch dramatischer. Die zweite Mannschaft aus Los Angeles kam ein Jahr nach den Rams aus San Diego. Das ist „nur“ 200 Kilometer entfernt an der mexikanischen Grenze. Die Chargers sind fast so erfolgreich wie die Rams, gewannen von neun Spielen sieben. Doch sie stehen mal wieder mit großem Abstand am Tabellenende der NFL-Zuschauertabelle. „Die Chargers interessieren niemanden. „Da ist American Football in Deutschland populärer als die Chargers in L.A.“, sagt Buford. Als die Rams auf die Chargers trafen, zum Derby ohne Tradition, kamen 68.000 Zuschauer - der zweitschlechteste Rams-Besuch in dieser Saison.
NFL-Boss dementiert Gerüchte
Gerüchte über eine erneute Umsiedlung der Chargers verneinte NFL-Boss Roger Goodell. „Die Rams und die Chargers haben spannende junge Mannschaften. Das wird helfen in den kommenden zwei Jahren“, sagt Goodell.
Denn das Projekt ist bei allen Start-Schwierigkeiten langfristig angelegt. Die große Hoffnung beider Teams ist das Inglewood Stadium, das gerade in der Nähe des Flughafens für 2,6 Milliarden Dollar entsteht und nach der Eröffnung im Jahr 2020 das modernste Stadion der Welt sein wird. Dort sollen dann die Rams und die Chargers spielen - vor bis zu 100.000 Zuschauern.
Momentan spielen die Chargers im StubHubCenter, Fassungsvermögen 27.000. Ausverkauft ist es nur selten.