London. Der Weltverband will den Daviscup in Turnierform spielen lassen. Spieler protestieren. Außerdem droht eine Konkurrenzveranstaltung
Wimbledon, das ist nicht nur die traditionsreichste sportliche Leistungsschau des Tennisjahres, sondern auch der perfekte Ort für Hintergrundgespräche, weil alle wichtigen Funktionäre in London sind. Kein Wunder also, dass in diesen Tagen hinter den Kulissen kräftig um die Zukunft des wichtigsten Teamwettbewerbs gestritten wird.
Daviscup: Künftig einwöchiges Turnier?
Der Weltverband ITF hatte im April seine Pläne für den Daviscup konkretisiert, den unter seiner Ägide ausgetragenen Daviscup grundlegend zu reformieren. Das Format mit Heim- und Auswärtsspielen an vier über das Jahr verteilten Wochenenden bis zum Titelgewinn soll durch eine einwöchige Veranstaltung im November an einem neutralen Ort ersetzt werden, an der 16 Teams teilnehmen sollen. Nur noch zwei statt maximal vier Einzel, dazu ein Doppel, nur noch zwei statt drei Gewinnsätze – diese komprimierte Form soll, verbunden mit einer deutlichen Erhöhung des Preisgeldes, wieder mehr Topspieler von der Teilnahme an dem Länderwettkampf überzeugen. Finanziert werden soll dies mithilfe der Investmentgruppe Kosmos, die von Fußballstar Gerard Piqué (31/FC Barcelona) geführt wird und über 25 Jahre rund drei Milliarden Dollar investieren möchte.
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Verbände formulieren Protest gegen Reformvorschlag
Der Widerstand gegen diese Pläne, die im August bei der Jahreshauptversammlung der ITF in Orlando (Florida) mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen werden müssten, ist allerdings immens. Vor allem die traditionsreichsten und größten Verbände in Europa, darunter der Deutsche Tennis-Bund (DTB), wollen gegen die Pläne stimmen. Auch, weil sich die Spitzenspieler vehement dagegen auflehnen. So erteilte der Weltranglistendritte Alexander Zverev (21/Hamburg) einer Teilnahme am neuen Daviscup im Anschluss an das Tourfinale in London Ende November eine Absage. Das Hauptargument: Die ohnehin schon knapp bemessene Regenerationsphase würde durch die Neuregelung noch weiter zusammenschmelzen.
Herrenverband plant Konkurrenzveranstaltung
Einen neuen Konfliktherd fachte in Wimbledon nun die Herrentennisorganisation ATP an. Deren Geschäftsführer Chris Kermode erklärte, die ATP werde von 2020 an den zwischen 1978 und 2012 in Düsseldorf ansässigen World Team Cup neu auflegen. Gespielt werden soll das Format im Januar mit 24 Mannschaften in Australien als Aufgalopp zu den Australian Open. Knapp 13 Millionen Euro Preisgeld seien zu gewinnen, zudem werde es – anders als im Daviscup – Ranglistenpunkte für die teilnehmenden Spieler geben. „So ein Event hat großes Potenzial“, sagte Kermode, der im gleichen Zusammenhang die ITF-Pläne mit dem Daviscup für überflüssig erklärte. „Es wäre verrückt, innerhalb von sechs Wochen zwei große Teamevents durchzuführen, gerade im Hinblick auf die Gesundheit der Spieler.“
DTB-Vize gegen radikale Reform
Das stimmt zweifellos, dennoch will ITF-Präsident David Haggerty von seinem Vorhaben nicht abrücken. „Die Entscheidung der ATP beeinflusst nicht unsere Bereitschaft, von 2019 an ein neues Daviscupformat anzubieten, das ein hochklassiges Saisonfinale darstellen wird“, hieß es aus dem Weltverband. Es sei schade, „dass die ATP die Chance verpasst hat, im Sinne des Sports mit uns zusammenzuarbeiten“. Dass die Daviscupreform allerdings wirklich im Sinne des Sports und seiner Protagonisten ist, bezweifeln viele. Dirk Hordorff, Vizepräsident Leistungssport im DTB, sagt: „Wir sind weiterhin der Meinung, dass der Daviscup zwar Änderungen braucht, aber keine radikale Reform.“ Es sei Unsinn, einen funktionierenden Wettbewerb zugunsten einer Showveranstaltung zu opfern. „Ich glaube, dass die ITF es schwer haben wird, eine Zweidrittelmehrheit zu bekommen. Wir als DTB werden auf jeden Fall dagegen stimmen.“