London. Rafael Nadal trifft in Wimbledon jetzt auf Novak Djokovic. Im anderen Halbfinale wartet auf John Isner ein überraschender Gegner.
Rafael Nadal wusste, was er zu tun hatte. Bäuchlings lag sein Gegner an der Grundlinie; unfähig, sich zu bewegen in den ersten Sekunden, nachdem er das beste Tennismatch der Wimbledon-Wochen 2018 nach 4:48 Stunden Spielzeit mit 5:7, 7:6 (9:7), 6:4, 4:6 und 4:6 verloren hatte. Also sprang der Weltranglistenerste aus Spanien über das Netz, lief zu Juan Martin del Potro und half ihm auf die Beine. Es folgten eine innige Umarmung, warme Worte und Applaus von Nadal und den ungläubigen Fans, bis der geschlagene Argentinier den Centre-Court verlassen hatte. Erst dann gestattete sich der Sieger einen ausgelassenen Jubel, um seinen Halbfinaleinzug zu genießen.
Fünf Stunden Weltklassetennis von Nadal und del Potro
Auch wenn zeitgleich die englischen Fußballer um einen Platz im WM-Finale kämpften, waren drei Viertel der Plätze belegt gewesen. Und keiner, der geblieben war, bereute es. Keiner hätte auch nur eine Minute dieser fast fünf Stunden Weltklassesport missen mögen. Vielmehr hätte man diesen beiden Kämpfern noch viel länger dabei zusehen wollen, wie sie sich mit einer Intensität duellierten, die in manchen Phasen Punkt für Punkt atemberaubend war. Einmal, im dritten Spiel des Entscheidungssatzes, gewann del Potro einen Punkt, weil er sich in bester Boris-Becker-Manier am Netz einem Passierball hinterherwarf. Wieder aufzustehen gelang ihm nur mithilfe seines Schlägers, auf den er sich stützte. Momente waren das, in denen der 29 Jahre alte Weltranglistenvierte wirkte wie durch den Wolf gedreht; nur um im nächsten Ballwechsel eine seiner Vorhände die Linie entlangzuschicken, für die ein Waffenschein nicht ausreichen würde.
Auch interessant
Auch interessant
Federer scheitert überraschend an Anderson
„Ich bin sehr enttäuscht, dass ich nach fast fünf Stunden Rennen und Schlagen nicht der Sieger war, aber Rafa hatte den Sieg am Ende verdient“, sagte del Potro, der zuletzt bei den French Open im Juni im Halbfinale in drei Sätzen an Nadal gescheitert war. „Es war ein großartiges Match, wir haben alles gegeben, und ich bin sehr froh, dass ich im fünften Satz viele wichtige Punkte überlebt habe“, sagte Nadal (32). Ob er nun, da Titelverteidiger Roger Federer (36/Schweiz) überraschend am Südafrikaner Kevin Anderson (32) gescheitert war, der Topfavorit auf den Titel ist, bleibt allerdings abzuwarten.
Im Halfinale spielt Nadal gegen Djokovic
In der Runde der letzten vier wartet an diesem Freitag immerhin der wiedererstarkte Novak Djokovic (31/Nr. 21). Gegen den Serben, der dem Japaner Kei Nishikori (28/Nr. 28) mit 6:3, 3:6, 6:2, 6:2 deutlich die Grenzen aufzeigte, stand Nadal 2011 letztmals im Wimbledon-Endspiel – und verlor es. 51-mal hat es dieses Duell bereits gegeben, kein anderes Match wurde unter den aktiven Profis häufiger ausgetragen, 26-mal siegte der Serbe. Allerdings ist es erst das vierte Aufeinandertreffen auf Gras, hier führt Nadals 2:1. „Novak macht einen sehr starken Eindruck, ich freue mich auf das Match“, sagte der zweimalige Wimbledon-Champion, der 17 Grand-Slam-Titel sammeln konnte. Djokovic holte zwölf.
Isner erreicht in Wimbledon sein erstes Halbfinale
Nicht einen einzigen derartigen Titel können Anderson und sein Halbfinalkontrahent John Isner (33/Nr. 10) vorweisen. Mit seinem verdienten und zur Verwunderung vieler nicht vorrangig dank seines starken Aufschlags herausgearbeiteten Erfolg über Grand-Slam-Rekordsieger Federer (20 Titel) hatte der Weltranglistenachte für Aufsehen gesorgt. 2017 verlor er sein einziges Majorfinale in New York gegen Nadal, nun hofft er in Wimbledon auf die Revanche. Gegen Isner, der sich im Duell der Aufschlaggiganten überraschend deutlich 6:7 (5:7), 7:6 (9:7), 6:4, 6:3 gegen den Kanadier Milos Raonic (27/Nr. 32) durchsetzte und sein erstes Grand-Slam-Halbfinale erreichte, erwartet er nach „dem wohl größten Sieg meiner Karriere“ ein ebenso hartes Match. „John hat den besten Aufschlag auf der Tour. Ich muss mir etwas einfallen lassen, um ihn zu knacken“, sagte er. Von bislang elf direkten Duellen gewann Isner acht, darunter auch das einzige auf Rasen.