London. Serena Williams will in Wimbledon den achten Grand-Slam-Titel auf Rasen gewinnen - und das zehn Monate nach Geburt ihrer Tochter.
Mal ehrlich: Würden Sie eine Einladung ausschlagen, Prinz Harry in Ascot beim Polospielen zuzuschauen? Serena Williams hat am Samstagnachmittag ihre gute Freundin, Herzogin Meghan Markle, dorthin begleitet. Dass sie sich damit den Unmut einiger Medienvertreter zuzog, weil sie für den Ausflug mit der königlichen Familie eine anberaumte Pressekonferenz kurzfristig absagte, hat die US-Amerikanerin in Kauf genommen. Die 23-malige Grand-Slam-Siegerin, die in Runde eins die Niederländerin Arantxa Rus mit 6:3, 7:5 besiegte, kann es sich erlauben. Bei der Spielerinnenvereinigung WTA genießt sie Sonderstatus, und ihr Wort wird weltweit auch dann gehört, wenn es mit Verzögerung ausgesprochen wird.
Serena Williams steht aktuell auf Platz 181 in der Weltrangliste
Die 36-Jährige beherrschte auch vor dem Start des weltbekanntesten Tennisturniers die Schlagzeilen. Wegen der Geburt ihrer mittlerweile zehn Monate alten Tochter Alexis Olympia hatte sich die kürzlich von Roger Federer als größte Spielerin aller Zeiten Geadelte zu einer langen Babypause entschieden und war Anfang des Jahres aus der Weltrangliste herausgefallen. Nach dem Achtelfinaleinzug bei den French Open Anfang Juni steht sie aktuell auf Position 181, genießt aber in Wimbledon das Sonderrecht, an Position 25 gesetzt zu sein und damit zunächst den Topgegnerinnen aus dem Weg gehen zu können. Nicht allen Kontrahentinnen gefällt das, die meisten halten die Regelung aber angesichts ihrer Verdienste für gerecht.
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Als Kämpferin für Gleichberechtigung der Geschlechter und aller Rassen geht es Serena Williams allerdings um die grundsätzliche Behandlung von Müttern auf der Tour. „Ich war sehr positiv überrascht, dass ich gesetzt wurde, und hoffe, dass sich diese Praxis überall durchsetzt“, sagte sie. Auch wenn die lange Pause ihre sportlichen Ambitionen behindert haben mag; das Privileg, Mutter zu werden, sei das definitiv wert. „Es ist großartig, dass ich ein so tolles Kind habe. Der Druck, unbedingt noch mehr Titel gewinnen zu wollen, ist durch diesen Einschnitt weniger geworden, auch wenn ich geschockt bin, wie sehr ich diesen Druck immer noch will“, sagte sie.
Die körperlichen Einschränkungen durch die Schwangerschaft habe sie als nicht allzu gravierend wahrgenommen. „Ich habe mich weiter streng vegan ernährt und gesund gelebt“, sagte sie. Überraschend sei gewesen, dass das Stillen ihrer Tochter sie physisch nicht so ausgelaugt habe, wie es viele prophezeit hatten. Im Gegenteil: „Abgenommen habe ich erst nach dem Abstillen, was ein sehr emotionaler Moment für meine Tochter und mich war.“ Mittlerweile fühle sie sich wieder fit genug, um in Wimbledon in die Titelvergabe eingreifen zu können.
Die Offenheit, mit der die aus prekären Verhältnissen aufgestiegene, auf 400 Millionen Dollar Privatvermögen geschätzte Athletin über diese Themen spricht, überrascht wenig. Eine öffentliche Person zu sein, das hat sie gelernt, es gehört zu ihrem Selbstverständnis, beispielsweise Fotos ihrer Tochter auf dem heiligen Rasen von Wimbledon auf Instagram zu posten. „Die sozialen Medien gehören heutzutage dazu, auch wenn ich ganz bewusst Grenzen ziehe, um unser Privatleben zu schützen“, sagt sie. Sich sportliche Grenzen zu setzen, daran verschwendet die „Super-Mami“ noch keinen Gedanken. „Als ich vor 20 Jahren das erste Mal in Wimbledon spielen durfte, habe ich mir nicht vorstellen können, 2018 noch immer hier zu sein. Nun versuche ich, das zu genießen. Meinen Wettkampfgeist habe ich nicht verloren, ich glaube sogar, er ist noch größer geworden.“ Gelingt ihr in London der Beweis, dürfte zum Finale am 14. Juli royaler Besuch anstehen.