Melbourne. Bei den Australian Open hat Andrea Petkovic ihr erstes Grand-Slam-Spiel seit einem Jahr gewonnen. Dahinter steckt ein Sinneswandel.

Erster Matchball – vergeben. Zweiter Matchball – vergeben. Dritter Matchball – vergeben. Es wäre leicht gewesen, in diesen Momenten die Übersicht zu verlieren. Immer wieder war Andrea Petkovic 2017 in solchen Situationen gescheitert, manchmal war sie hinterher so sauer auf sich, dass sie kaum noch sprechen konnte, und manchmal war sie so enttäuscht, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Doch an diesem Abend auf Court Nummer zwei im Melbourne Park zwang sie sich, die Geister aus dem vergangenen Jahr auf Distanz zu halten.

Und genau das gelang ihr. Die Schatten auf dem Platz wurden immer länger, und Petkovic konnte sehen, wie Petra Kvitova, die Wimbledon-Siegerin von 2011 und 2014, auf der anderen Seite des Netzes immer mehr Risiko spielte, weil sie nicht mehr die Kraft für einen geraden Weg hatte. Ein Doppelfehler der Tschechin besiegelte nach drei Stunden den 6:3, 4:6, 10:8-Erfolg der Darmstädterin, die daraufhin einen spitzen Schrei ausstieß.

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Petkovics Sieg als besonderer Moment

Angelique Kerber gewann am Dienstag ihr Erstrundenspiel, Alexander Zverev auch – aber Petkovics erster Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier seit einem Jahr war ein besonderer Moment dieses zweiten Turniertages. Auch wenn er nicht vom Himmel fiel. In einer langen Auszeit nach dem Ende der Saison 2017, in der sie wieder mal New York und ihre Lieblingsläden im East Village besuchte, Mexiko bereiste und im Auftrag eines Magazins eine Woche lang mit einer Band durch Arizona und New Mexico tourte, um darüber zu schreiben, gewann Petkovic Abstand zu den Enttäuschungen des vergangenen Jahres.

Zum Abschluss der längsten Auszeit ihrer Karriere hat sich die 30-Jährige ausgiebig Gedanken gemacht. Und am Ende stand der Entschluss: Okay, du machst das jetzt noch mal ein Jahr lang richtig. In jedem Spiel hundert Prozent geben, nicht zu viel nachdenken, wenn es nicht läuft. „Vertigo in alte Zeiten“, sagt sie, „das sollte vorbei sein.“

"Ich kann noch mal gefährlich werden"

Das Spiel gegen Kvitova hätte Petkovic ohne diesen Frieden nicht gewonnen. „Es fällt mir schwer, mein Hirn auszuschalten, weil mein Hirn stärker ist als mein Herz. Aber so wie heute will ich mich in jedem Training und in jedem Match verhalten. Und wenn ich das durchhalte, dann kann ich noch mal gefährlich werden.“

Ob dieser Dienstag in Melbourne eine Momentaufnahme oder das erste Bild einer neuen Serie ist, wird man sehen.