London. . Der 20-jährige Hamburger arbeitet gewissenhaft wie sein Schweizer Vorbild. Am Dienstag stehen sich die beiden bei der Tennis-WM gegenüber.
Es war in der heißen Vorbereitungsphase auf die Tennis-Weltmeisterschaft, als Alexander Zverev auch mal wieder nach seinem Verhältnis zu Roger Federer gefragt wurde. Zverev dachte einen Moment nach, dann sagte er etwas zögerlich: „Ich glaube, wir haben uns zuletzt ein wenig angefreundet. Wir mögen uns beide. Aber er ist für mich auch immer noch das große Idol. Der Größte überhaupt.“ Beim Laver Cup, einem vielbeachteten Schaukampf, hatten Zverev und Federer Ende September in Prag in einer Mannschaft gestanden, Federer machte sich damals sogar gelegentlich einen Jux daraus, den Jüngeren zu coachen. „Verrückt“ sei das alles gewesen, sagt Zverev. „Federer als Trainer, der dir die Tipps ins Ohr flüstert.“
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Nun ist der Spaß erst mal vorbei. An diesem Dienstag (frühestens 21 Uhr/Sky) wird es ernst für Zverev und für Federer, dann stehen sich der starke deutsche Debütant und der sechsmalige Champion dieses Saisonfinales in London gegenüber. Es ist das Duell zweier WM-Auftaktsieger, aber auch zweier prägender Spielertypen dieses erstaunlichen Jahres. So wie sie oft in den vergangenen Monaten auftraten, so erschienen sie auch beim WM-Start: Federer als zupackender Souverän beim Zwei-Satz-Sieg über den Amerikaner Jack Sock. Und Zverev gegen den Kroaten Marin Cilic als Mann mit jugendlichem Sturm und Drang, als beeindruckender Fighter, der auch Rückschläge wegstecken kann.
Lehrstunden als Lektionen begriffen
Oft erlebte der 20-jährige Hamburger 2017 ja auch bittere Lehrstunden, die er aber als Lektionen begriff, als Aufforderungen zum Besserwerden. Zverev bringt auf den Punkt, was er sich stets abverlangt als Profi: „Wenn du nicht in jeder Sekunde 100 Prozent zeigst, wenn du nicht pausenlos an dir feilst und arbeitest, hast du in diesem Geschäft nichts zu suchen. Dann bist du verloren.“ Ein Satz, der auch von dem 36-jährigen Federer stammen könnte, dem Maestro, der sich in all den großen Jahren immer wieder neu erfand – und der stets darauf achtete, noch effizienter und zielführender zu trainieren, sein Spiel zu reformieren.
Noch etwas verbindet den jungen Zverev mit dem 16 Jahre älteren Federer, dem Überspieler dieser Epoche, dem vielleicht Besten aller Zeiten: ein Team von Helfern, Assistenten und Beratern, das alles tut, um stets die optimale Leistung des Chefs vorzubereiten und ihm geräuschlos zu assistieren.
Ein starkes Helfer-Team
Woran viele gute bis sehr gute Spieler beharrlich in diesem Wanderzirkus scheitern, nämlich eine erstklassige, passende Betreuungscrew zu finden, hat Zverev bereits in der Startphase seiner vielversprechenden Karriere geschafft. Und zwar auch, weil er genau hinschaute, was die bestimmenden Profis dieser Zeit taten, also Federer und Nadal. "Tennis heute, das funktioniert nur in einem perfekt eingespielten Team“, sagt Zverev. „Nur so kannst du die gewaltigen Herausforderungen meistern.“
Sicher: Vater Alexander Zverev senior und Mutter Irina sind weiter die Leitsterne im Universum des Shootingstars, aber eine reine Familien-Angelegenheit ist das Tennis-Unternehmen nicht mehr. Der englische Fitnesstrainer Jez Greene, eine Autorität in der Branche, macht Zverev schnelle Beine, der renommierte Physiotherapeut Hugo Gravil hilft, die Tourstrapazen besser wegzustecken. Und seit dieser Saison arbeitet der ehemalige Nummer-1-Mann Juan Carlos Ferrero als Trainer und leitender Angestellter der Firma Zverev.
Ausgeglichene Bilanz im Jahr 2017
Dieses Team muss sich vor niemandem in der Szene verstecken, es bietet dem jungen Boss aber auch eine Art Ersatzfamilie auf Reisen. „Mit der Truppe kommt eigentlich nie wirklich Heimweh auf. Ich habe noch Spaß an diesem Nomadenleben“, sagt Zverev.
Zweimal trafen sich Zverev und Federer 2017 auf ihren Reisen. Im westfälischen Halle kassierte Zverev eine herbe Endspiel-Pleite, aber symptomatisch für das Jahr des Immer-Wieder-Aufrappelns war dann der zweite Vergleich im Sommer. Den entschied nämlich im Masters-Finale in Montreal der 20-Jährige für sich, es war auch eine entscheidende Wegmarke zur frühen WM-Qualifikation. Nun will er zum großen Schlag ausholen: „Ein Sieg gegen ihn, auf dieser großen Bühne, das wäre ein Traum.“