Essen. . Bei den Olympischen Spielen in Rio sorgten die Sportschützen für viele deutsche Medaillen. Nun sind sie im tristen Alltag zurück.

Der Triumph liegt ein Jahr zurück und wirkt doch nach. „Es fühlt sich immer noch total schön an, weil für mich ein Lebenstraum in Erfüllung ging“, sagt Monika Karsch, die bei den Olympischen Spielen 2016 mit der Sportpistole Silber gewann, im tristen Schießstadion auf einem Militärgelände im Norden von Rio de Janeiro, fernab von Zuckerhut und den berühmten Stränden. Christian Reitz profitiert von seinem Olympiasieg am selben Ort vier Tage später vor allem mental: „Es ist schön, wenn man jetzt bei den Wettkämpfen von der Konkurrenz anders wahrgenommen wird.“

6,43 Millionen Fernseh-Zuschauer

Die beiden Pistolenschützen setzen ihre Karrieren erfolgreich fort: Reitz gewann im Frühjahr in Maribor den Europameistertitel mit der für ihn eher ungewohnten Luftpistole, Karsch wurde Anfang August in Baku Europameisterin mit der Sportpistole. Für die 34-jährige Regensburgerin, deren Olympiafinale in Deutschland 6,43 Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten erlebten, mehr als eine Woche später das goldene Finale der Fußballerinnen, ist die Erinnerung an Rio Ansporn für die Zukunft, vor allem für die nächsten Spiele in Tokio 2020: „Ich weiß jetzt, wie es sich anfühlt. Der Hunger danach, das noch einmal zu erleben, ist total groß.“

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Die materiellen Vorteile aus den Olympia-Erfolgen halten sich dagegen in Grenzen, obwohl der Schützenbund mit 1,4 Millionen Mitgliedern der viertgrößte deutsche Sportverband ist – nach Fußball, Turnen und Tennis. Monika Karsch hat einige kleinere Sponsoren gefunden; Christian Reitz (30) dagegen berichtet: „Sponsoren haben mir nicht die Tür eingerannt.“

Nutzen von ihrem Gold mit dem Sportgewehr haben hingegen Barbara Engleder und Henri Junghänel. Die 35 Jahre alte Engleder beendete mit dem Olympiasieg Karriere und Dienst bei der Bundeswehr und macht jetzt eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten. Ihr Bonus der Popularität: Den praktischen Teil darf sie im Rathaus ihres niederbayrischen Heimatortes Triftern erledigen, ein paar hundert Meter von Zuhause.

Andere Kategorien als bei Fußballern

Henri Junghänel, der Weltschütze des Jahres 2013, formulierte schon in Rio mit der Goldmedaille um den Hals: „Mit Sport kann man kein Geld verdienen. Da ist das Ingenieurwesen durchaus lukrativer.“ Und betonte in Interviews, dass er einen Job suche. „Fünf oder sechs Firmen haben mich angeschrieben“, berichtet der 29-Jährige; bei Autobauer Porsche ist er gelandet.

Schützen verdienen in anderen Kategorien als Fußballprofis oder Tennisspieler, sie leben als Sportsoldaten, Polizisten oder Studenten mit Unterstützung der Sporthilfe. Von dort fließt auch die größte Einnahme nach Olympia: die Prämie von 20 000 Euro für Gold bzw. 10 000 für Silber, die übrigens noch nicht voll ausbezahlt ist. Sie wird in Raten überwiesen.

Reitz und Junghänel haben sich davon eine Reise gegönnt. Barbara Engleder hat andere Prioritäten: „Mit der Prämie tilge ich unser Haus.“ Wie Monika Karsch genoss sie die Woche Urlaub im „Club der Champions“, den die Sporthilfe jährlich den Besten spendiert. „Das hätten wir uns sonst nicht leisten können“, sagt Engleder. Ein Jahr nach den Glücksmomenten von Rio ist bei allen längst der unspektakuläre Alltag eingekehrt.