Wien. Mit Laura Ludwig gewann Kira Walkenhorst die Beachvolleyball-WM. Nach ihrem Sieg sprach das Duo über Medaillen, Sekt und Titelverteidigungen.

Die Feier mit Familie und Freunden dauerte bis weit nach Mitternacht. Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig stand trotzdem wenige Stunden später wieder auf dem Center Court in Wien. Sie hatte Wettschulden einzulösen: Mit WM-Veranstalter Hannes Jagerhofer hatte die gebürtige Berlinerin in Rio de Janeiro ausgemacht, dass sie vor den Medaillenspielen der Männer auf der Tribüne in Wien tanzt, wenn sie Olympiagold holt. Ludwig tanzte, seit Sonnabend hat sie auch noch einen Grund mehr dazu: Gemeinsam mit Kira Walkenhorst gewann sie die Weltmeisterschaft in Wien. Ludwig/Walkenhorst sind damit das erste deutsche Damenteam, das Gold bei einer WM holt.

Frau Ludwig, Frau Walkenhorst, wofür steht diese WM-Medaille?

Kira Walkenhorst: Die spricht für eine starke Teamleistung. Es war sehr hart die letzten Monaten und gerade in den vergangenen zehn Tagen hat man wieder gemerkt, wie gut wir als Team zusammenarbeiten mit unseren Trainern, Scouts, Physios, Ärzten, Mentalcoach. Das war ein Kopfturnier, bei dem man jeden Tag eine andere Herausforderung hatte, immer darauf reagieren musste, was der Körper sagt und ein ganz anderes Turnier als die Olympischen Spiele. Verstanden habe ich noch nicht, dass wir hier gewonnen haben.

Viele hatten Sie aufgrund der verletzungsbedingten Rückschläge nicht mehr auf der Liste für den WM-Titel, haben Sie selbst noch daran geglaubt?

Walkenhorst: 2016 im Dezember haben wir uns die WM-Medaille vorgenommen. Nach den vergangenen Monaten, hatten wir die Hoffnung aber ehrlich fast aufgegeben.

Laura Ludwig: Im letzten Jahr hatten wir eine grandiose Saison. Da denkt man dann, es kann nichts mehr schief laufen. Wir haben gesagt, wir wollen den Titel, egal, was kommt. Dann wurden wir wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wir haben so wenig zusammen trainieren können wie noch nie. Dass wir es jetzt wirklich geschafft haben, ist unglaublich.

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Hat dieser Rückschlag rückwirkend betrachtet sogar geholfen, weil Sie und die Öffentlichkeit keine großen Erwartungen mehr hatten bei dieser WM?

Ludwig: Absolut. Für mich war das mit der Operation meiner Schulter auch eine neue Herausforderung, ein Motivationsschub. Ich glaube, es hat alles einen Sinn, was passiert. Wenn man es annimmt, an sich glaubt und nicht zweifelt, kann man viel erreichen.

Sie haben inzwischen einige Goldmedaillen angehäuft, wo liegt denn die Olympiamedaille und wo kommt nun diese hin?

Walkenhorst: Darf man das verraten? Die Olympiamedaille liegt in einer schönen Schatulle, aber offen im Wohnzimmer und diese hier wird definitiv dazukommen. Aber erst muss ich sie abwaschen, die stinkt noch nach Sekt.

Ludwig: Ich bin umgezogen in Hamburg und musste die Rio-Medaille immer wieder umräumen. Jetzt habe ich sie in meinem Schmuckschränkchen. Als es der letzten Zeit schwer war, hab ich sie mir immer mal rausgeholt und umgegangen. Dann habe ich mich mit einem Rotwein hingesetzt und daran geglaubt, dass wir das noch einmal können. Das werde ich garantiert mit dieser Medaille auch machen.

Am Abend vor dem Finale waren Sie beide noch mit dem Rad und Freunden in Wien unterwegs – getrennt. Andere wären vielleicht früh ins Hotelzimmer gegangen. Sie nicht, warum?

Walkenhorst: Wir machen das seit fast fünf Jahren so, dass wir uns immer wieder Zeit für uns selbst nehmen. Es tut einfach gut, mal rauszukommen, den Kopf abzuschalten und über etwas anderes zu reden als Beachvolleyball. Damit sind wir bislang sehr gut gefahren.

Das Publikum in Wien stand im Finale hinter Ihnen und nicht hinter den US-Amerikanerinnen. Wie hat sich das auf dem Feld angefühlt?

Ludwig: Das war die Weltmeisterschaft mit dem größten Publikum, das ich je erlebt habe. Und es war auch das einzige Mal, dass die Zuschauer so für uns waren. In Rio hatten wir die Fans gegen uns. Wir haben uns unheimlich gefreut, dass auch so viele deutsche Fans da waren. Das fühlte sich hier schon ein bisschen an, wie ein Heimturnier.

Man hat Sie beide immer wieder mit Tape-Verbänden und Kühlpacks am Körper gesehen. Wie hoch ist er Anteil von Physiotherapeut Jochen Dirksmeyer an dem Titel?

Walkenhorst: Der war Gold wert. Genauso aber wie der von Arzt Michael Tank, beide haben sehr hart zusammengearbeitet in den vergangenen Wochen und Monaten. Genauso spielt herein, was Anett Szigeti mental mit uns gemacht hat, wie Jürgen Wagner und Helke Claasen und gesteuert haben. Vor dem Finale zum Beispiel wollte ich ein paar Schläge machen zum reinkommen, doch wir durften nur baggern, keine Zuspiele, keine Aufschläge, keine Angriffe. Die haben einfach die Erfahrung, so hat jeder seinen Anteil an dieser Goldmedaille.

Sie sind aktuell Deutsche Meister, Europameister, World Tour Sieger, Olympiasieger und Weltmeister – was soll jetzt noch kommen?

Ludwig: Keine Ahnung. Wir sind jetzt Weltmeisterinnen, das ist so unfassbar, am liebsten würde ich die ganze Zeit laut schreien, gleichzeitig bin ich so unglaublich kaputt. Diese zehn Tage werde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen.

Walkenhorst: Gerade ist das sehr schwer zu realisieren. Aber wir spielen in zwei Wochen die Europameisterschaft, da müssen wir schon wieder Gold holen, damit wir alle Titel behalten. Aber für zwei Wochen haben wir sie alle, das ist geil. Ich kann das überhaupt nicht in Worte fassen.

Mit der EM dem World Tour Finale in Hamburg und der Deutschen Meisterschaft Anfang September kommen jetzt noch drei Turniere. Macht die Schulter das mit?

Walkenhorst: Davon gehe ich aus. Klar, wenn die medizinische Abteilung etwas anderes sagt, wird es nicht gehen. Aber wir haben dieses Jahr noch nicht viel gespielt. Jetzt waren die vergangene zehn Tage harte Arbeit und ich muss der Schulter ein paar Tage gönnen, damit sie sich erholen kann. Aber dann möchte ich weitermachen, es macht sehr viel Spaß gerade.