Essen. . Ludger Beerbaum gibt auf der Equitana-Messe in Essen eine Lehrstunde. Am Mittwoch tritt der 53-Jährige selbst beim Weltcup-Finale in den USA an.

Es gibt die drei Facetten der Reitsport-Legende Ludger Beerbaum. Die erste, sie ist der Unternehmer Beerbaum, der zum ersten Mal mit „Ludgers P“ auf der Weltmesse Equitana in Essen sein optimiertes Pferdefutter anpreist. Die zweite, die ist der Lehrer, der Talente wie Christian Kukuk fördert und Amateure in seinem Trainingszentrum Riesenbeck-International schult. Die dritte ist der junggebliebene Sportler Beerbaum, der trotz Rückzug aus der Nationalmannschaft nicht genug kriegen kann. „Das ist wie Appetit beim Essen, wie eine Droge. Damit kann man einfach nicht aufhören“, sagt der 53-Jährige vor dem Weltcup-Finale in Omaha (29. März bis 2. April).

Ludger Beerbaum führte 2016 in Rio die Nationalmannschaft der Springreiter zu Bronze – die erste olympische Medaille seit zwölf Jahren, die fünfte in Beerbaums großer Karriere. Danach war Schluss, ein Schock für die Sportwelt der Vierbeiner. Aber Beerbaum war noch lange nicht am Ende angelangt. International macht er weiter, ist in diesem Jahr mit Rang fünf in der Westeuropaliga sogar der beste Deutsche Qualifikant für den Hallen-Höhepunkt in den USA.

Im Grunde ist er der Roger Federer des Reitsports. Der Schweizer erstaunt momentan die Fachwelt mit seiner Leistung. Und auch Beerbaum fühlt sich besser denn je: „Obwohl ich alt bin und graue Haare habe, fahre ich besser vorbereitet zu Turnieren und reite auch besser.“ Seine Fans wissen das. Sie schwiegen andächtig bei Beerbaums Lehrstunde auf der Equitana. 5000 Menschen hörten und schauten gebannt zu, wie Beerbaum seine Bereiter Christian Kukuk („ein außergewöhnlich guter Reiter“) und Philipp Weishaupt als Schüler dirigierte. Ununterbrochen redete Beerbaum, der Professor des Springreitens.

Mit dem Alter kommt die Weisheit, sagt man, und das scheint auch bei Beerbaum so zu sein, wenn er Sätze sagt wie: „Wenn man 30 Jahre im Reitsport rumturnt, kommt da auch mal ein Erfolg bei raus.“ Er hätte Grund, größere Worte zu wählen. Schließlich ist er der einzige Deutsche, der 134 Nationenpreise gewinnen konnte. Der 53-Jährige spricht heute offen über seine Niederlagen, das Aus bei Olympia 2004 in Athen.

Doping-Vorwürfe bei Olympia

„Das war eine schmerzhafte Niederlage“. Damals wurde ihm Doping unterstellt und der Mannschaft die Goldmedaille aberkannt. Beerbaum erinnert sich noch heute an jedes Detail der Vorwürfe, an Menge und Bestandteile der Salbe, die seinem Pferd Goldfever verabreicht wurde. Auch über frühere Jahre spricht er, erinnert sich, wie er als Junge „eher stürmisch“ war und dem Reitsport „skeptisch“ gegenüberstand, wie er das Studium abbrach, um Profi zu werden. „Das würde ich heute wieder so machen.“ Beerbaum nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. Als ihn ein brasilianischer Reporter im Pressezentrum fragte, wie er die Olympischen Spiele fand, sagte er: „Die Wettkampfstätte und die freiwilligen Helfer waren super, aber das Olympische Dorf war eine Katastrophe.“ Er habe Busse gesehen, „die fast verreckt wären“, Busfahrer, die „eingeschlafen sind“.

Casello verletzt

Noch ein paar Jahre werde er reiten, sagt Beerbaum. „Es gibt viele neue Serien und Turniere, es ist spannend, da mitzumachen.“ In ein paar Tagen steht er in Omaha im Fokus. Mit dabei sind Marcus Ehning, Guido Klatte Jun., Markus Brinkmann und Christian Heineking. Seine Siegchancen hält Ludger Beerbaum eher für gering. Der Grund: Beerbaum wollte mit Chiara und Casello starten, doch Casello, das Olympiapferd, fällt verletzt aus. Mit ihm blieb Beerbaum in der Hallensaison fehlerfrei. „Meinen Titel von 1993 werde ich wohl nicht wiederholen. Vor drei Wochen hätte ich das noch anders gesehen.“ Plan B sehe so aus, dass er mit Chiara, Chaman oder Chacon starte. Dann fügt Beerbaum lächelnd hinzu: „Plan C ist Rente.“