Essen. . Vielseitigkeits-Spezialistin Ingrid Klimke vertritt im DOSB die deutschen Athleten. Auch ihr Vater, Dressur-Ikone Reiner Klimke, hat sich ein Leben lang engagiert.
Kämpfen kann Ingrid Klimke. Nicht nur auf dem Pferd, sondern auch für andere. Für Leistungssportler, für benachteiligte Menschen, für das Gute grundsätzlich. Deutschlands erfolgreichste Vielseitigkeitsreiterin gehört neuerdings der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) an. „Ich habe von meinem Vater gelernt, dass es wichtig ist, sich zu engagieren und etwas zurückzugeben“, sagt die 48-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung.
Ihr Vater, das ist der 1999 verstorbene Reiner Klimke, erfolgreichster Dressurreiter der Welt – und Mensch mit großem Herz. Ein Beispiel: „Weihnachten haben wir früher gemeinsam mit unseren Praktikanten aus dem Ausland gefeiert. Sie sollten an solchen Tagen nicht alleine Zeit im Stall verbringen müssen“, sagt die Tochter, die auf dem besten Weg ist, ähnlich berühmt und beliebt zu werden wie ihr Vater. Der promovierte Jurist Reiner Klimke, dessen Name selten ohne den Zusatz „Doktor“ genannt wird, hat zwischen 1964 und 1988 sechs olympische Goldmedaillen und ebenso viele WM-Titel gewonnen. Später engagierte er sich im NRW-Sportausschuss und half, den Sport in der Landesverfassung zu verankern. Der eigene Vater, ein Lehrmeister für Ingrid Klimke. Auf dem Pferd und daneben.
Die Spitzensportreform, die Diskussion um das russische Dopingsystem, die Förderung von Leistungssportlern – mit den wichtigen Themen in der Sportpolitik ist sie vertraut, obwohl sie erst vor wenigen Wochen zur DOSB-Athletenkommission gestoßen ist. Die Gedanken der Münsteranerin gehen grundsätzlich über die nächste Kür, das nächste Hindernis, den nächsten Geländeritt hinaus. „Ich kann mich nicht nur mit Pferden und dem Reitsport beschäftigen, sonst fange ich ja selbst an zu wiehern“, sagt sie. Auch das ist typisch für sie: Zwar mit Ehrgeiz und Weitsicht bei der Sache zu sein, aber den Humor nicht zu verlieren.
Steiniger Weg erwartet
Ingrid Klimke weiß, dass in ihrer neuen Funktion keine unkomplizierte Themen auf sie warten. „Die Spitzensportreform umzusetzen“, sagt sie, „wird eine große Herausforderung.“ Sie rechnet mit einem steinigen Weg. Aber wenn sich jemand mit Holperstrecken auskennt, dann sie. So geschickt, wie sie seit Jahren mit ihren Pferden jedes noch so unwegsame Terrain meistert. Vielleicht, sagt Klimke, könnten andere olympische Sportarten vom Reitsport lernen: „Denn bei uns stimmt schon vieles. Wir haben eine gute Struktur, die Erfolgsbilanz passt, da liegt nichts im Argen.“
Beim DOSB hat Klimke den Platz der zum Internationalen Olympischen Komitee gewechselten Britta Heidemann übernommen. Sie mischt nun im Team des Fechters Max Hartung mit, der zum neuen Vorsitzenden der Athletenkommission gewählt wurde.
Klimke weiß, worauf sie sich einlässt: „Ich habe mich mit Britta bei den Olympischen Spielen in Rio lange ausgetauscht.“ Eine ähnliche Funktionärslaufbahn – also über das Sprungbrett DOSB hin zu einer Tätigkeit auf internationaler Ebene – plant sie nicht. Zunächst nicht. Denn grundsätzlich abgeneigt scheint Ingrid Klimke nicht zu sein. Prominente Fürsprecher wie DOSB-Präsident Alfons Hörmann trauen ihr Großes zu: „Engagierte Athleten wie Ingrid Klimke sind ein Glücksfall für den Sport“, sagt Hörmann gegenüber dieser Zeitung. Er zählt sie zu den „Sportlern mit Köpfchen“.
Olympia 2020 in Tokio fest im Blick
Doch da gibt es noch etwas, das der Hochgelobten weiter sehr am Herzen liegt: ihr Sport. „Ich möchte möglichst lange im Leistungssport weiterreiten. Mein nächstes großes Ziel ist Tokio 2020, ich plane von Olympischen Spielen zu Olympischen Spielen.“ Fünf Mal ist sie schon im Schatten des Olympischen Feuers gestartet, drei Medaillen hat sie mit nach Hause gebracht und obendrein immer wieder die Bestätigung bekommen, durch ihre starke Persönlichkeit und ihre Erfolge das Vielseitigkeitsreiten populärer gemacht zu haben.
Ingrid Klimke? Kennt man. Vater Reiner wäre stolz.