Melbourne. Roger Federer lieferte sich bei den Australian Open mit Rafael Nadal ein Match, das wie ein Feuerwerk leuchtete. Es ging über fünf Sätze.
Alle hatten gesehen, was passiert war, aber irgendwie konnte es keiner glauben. Die Rod Laver Arena war bis oben gefüllt mit Emotionen, mit Begeisterung, einen Abend wie diesen mit zwei Tennis-Giganten erlebt zu haben. Dann reckte Roger Federer den Pokal in den dunklen Himmel, und es gab keinen Zweifel mehr, dass er mit einem Sieg gegen Rafael Nadal in fünf Sätzen (6:4, 3:6, 6:1, 3:6, 6:3) den 18. Grand-Slam-Titel seiner Karriere gewonnen hatte.
Die größte Show auf Erden
Mit fetten Lettern und dem Titel „The greatest show on earth“ (die größte Show auf Erden) hatte die Tageszeitung Herald Sun das Finale angekündigt, und je näher der Beginn rückte, desto mehr füllten sich Hügel, Hallen und Plätze. Vor großen Videowänden fieberten die Leute dem Beginn entgegen, und als das Spiel Stunden später vorbei war, hatten sich alle Hoffnungen erfüllt. Von Anfang an schien es keinen einzigen Punkt ohne Bedeutung zu geben, und die Gunst des Augenblicks wechselte die Seiten, wie der Wind in Melbourne die Himmelsrichtung wechselte.
Federer gab von Anfang an Gas und versuchte die Erkenntnisse umzusetzen, die er als Zuschauer der Partie von Nadal und Grigor Dimitrov im Halbfinale am Fernsehschirm gewonnen hatte. Er habe großen Respekt vor Nadal, sagte er am Tag vor dem Finale in einem kleinen Gespräch mit Schweizer Journalisten, aber das werde ihn nicht daran hindern, selber gut zu spielen. „Ich habe keinen Komplex gegen ihn“, versicherte er, „dazu habe ich ihn zu oft in großen Matches geschlagen.“ Sicher nicht falsch, aber noch öfter hatte er gegen Nadal verloren; die Bilanz bei den Grand-Slam-Turnieren stand aus seiner Sicht 2:9.
Sie nahmen und gaben; sie hetzten sich, zauberten und kämpften, und irgendwie schien es logisch zu sein, dass sie wie in den spektakulären Begegnungen in Wimbledon 2007 und 2008 und in Melbourne 2009 auch diesmal in einem fünften Satz landeten.
Und dieser fünfte Satz sprühte, knallte und leuchtete wie ein Feuerwerk. Nach dem Ende des vierten hatte sich Federer wie auch im Halbfinale gegen Stan Wawrinka in der Kabine behandeln lassen. Zum ersten Mal in seiner Karriere musste er zum dritten Mal innerhalb eines Grand-Slam-Turniers in einen fünften Satz – und das bei aller Erfahrung auf ungewissem Terrain. Er hatte vorher immer wieder gesagt, es gehe ihm gut, aber natürlich wisse er nicht, wie sein Körper nach den sechs langen Monaten Pause auf die Belastungen reagieren werde.
Vorhandschuss auf der Linie
Aber Federer schaltete in den sechsten Gang, und die letzten Minuten des Spiels erlebten die Seinen in der Box wie im Fieberwahn. Den ersten Matchball wehrte Nadal ab, und beim zweiten musste sich Federer ausgerechnet auf das von ihm anfangs so überzeugt abgelehnte Hawkeye-System verlassen. So standen sie, die Giganten Roger Federer und Rafael Nadal, blickten auf die Videowand, und in der Animation landete Federers Vorhandschuss auf der Linie. Federer jubelte wie nie zuvor in seiner Karriere, er brüllte die ganze, grenzenlose Freude raus, und auf der anderen Seite stand jener Mann, dessen Anteil an diesem unvergesslichen fünften Satz ebenso schwer wog wie der des Siegers.